Nach den US-Sanktionen gegen zwei türkische Minister wegen eines in der Türkei festgehaltenen amerikanischen Pastors verschärft Ankara den Ton gegen Washington. Der von den Sanktionen betroffene Innenminister Süleyman Soylu forderte Washington am Donnerstag mit der Erklärung heraus, die Türkei werde den als Putschverschwörer gesuchten islamischen Prediger Fethullah Gülen aus den USA „holen”, so die dpa. Habertürk zitiert Soylu: „Wir haben in Amerika nur einen Besitz: FETÖ (der islamische Prediger Fethullah Gülen, Anm. d. Red.). Den werden wir nicht dort lassen. Wir werden ihn uns schnappen!”
Der türkische Justizminister Abdülhamit Gül, der ebenfalls sanktioniert wurde, sagte: „Ich habe niemals einen anderen Traum gehabt, als in meiner Heimat zu leben und zu sterben. Ich habe weder in den USA noch in einem anderen Land irgendwelche Vermögenswerte, nicht einen Cent.”
Die USA hatten am Mittwochabend Sanktionen gegen den türkischen Justizminister Abdülhamit Gül und Innenminister Soylu verhängt, weil sie „führende Rollen” im Fall des US-Pastors Andrew Brunson gespielt hätten. Durch die Sanktionen werden mögliche Vermögen der Minister in den USA eingefroren, außerdem dürfen US-Bürger keine Geschäfte mit ihnen machen.
Kurz nach der Entscheidung hatte der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu mit Vergeltung gedroht, ließ aber zunächst offen, wie diese aussehen könnte. Die Sanktionen ließen das türkische Regierungslager und Teile der Opposition zusammenrücken. Alle Parteien des türkischen Parlaments, außer der türkisch-kurdischen HDP, veröffentlichten am Donnerstag eine gemeinsame Erklärung, in der sie bekundeten, dass sie sich dem Druck der USA nicht beugen werden.
Brunson war im Oktober 2016, wenige Monate nach dem Putschversuch in der Türkei, in Izmir festgenommen und im darauffolgenden Dezember wegen Terrorvorwürfen verhaftet worden. Vergangene Woche wandelte ein Gericht die Untersuchungshaft des 50-Jährigen wegen angeblicher gesundheitlicher Probleme in Hausarrest um. Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan wies anschließend Medienberichte über etwaige Absprachen zwischen den USA und der Türkei zum Fall Brunson zurück.
Die Staatsanwaltschaft im westtürkischen Izmir wirft Brunson unter anderem Verbindungen zu Fethullah Gülen vor. Der in den USA lebende Kopf der Gülen-Bewegung (FETÖ) ist nach Ansicht der Türkei Drahtzieher des Putschversuchs vom Juli 2016.
Der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu wird sich am Freitag auf dem 51. ASEAN-Gipfel in Singapur mit seinem US-amerikanischen Amtskollegen Mike Pompeo treffen. Bei dem Vieraugen-Gespräch soll es um die Syrien-Krise, die Lieferung von F35-Kampfjets an die Türkei, die Inhaftierung des US-Pastors Brunson und die Auslieferung von Fethullah Gülen an die Türkei gehen. Nach Angaben der Zeitung Takvim hatten die beiden Minister am 1. August, 18. Juli, 26. Juli und 28. Juli Telefongespräche zu den aktuellen Fragen geführt.
Am Donnerstag fand in Ankara eine Sitzung des Hohen Militärrats (YAŞ) statt. Der türkische Präsident Erdoğan besuchte vor der Sitzung das Atatürk-Mausoleum in Ankara. Anschließend trug er nach Angaben der Zeitung Aydınlık folgende Sätze in das Gästebuch ein: „Ich bin der festen Überzeugung, dass unser Kampf gegen FETÖ und die PKK in einem Umfeld globaler und regionaler Spannungen unser Land erstarken lassen wird. In diesem Sinne danke ich dem Gründer der Türkischen Republik, Mustafa Kemal Atatürk, allen gefallenen heimattreuen Soldaten und den Veteranen. Gott hab sie selig!”