Der Kurs der türkischen Lira ist gegenüber Euro und Dollar am Montag massiv eingebrochen. Inzwischen müssen für einen Euro rund 6,07 Lira und für einen Dollar rund 5,27 Lira bezahlt werden. Vor 12 Monaten betrugen die Kurse noch etwa 3 beziehungsweise 3,50 Lira.
Auch die türkischen Anleihen standen unter Druck. Die Rendite für Staatsanleihen mit einer Laufzeit von 10 Jahren stieg auf fast 20 Prozent, wie Bloomberg berichtet. Laut einem in Istanbul ansässigen Händler seien die fehlende Liquidität auf dem Lira-Markt und die hohe Dollar-Stärke einander verstärkende Bewegungen, die zu der Situation geführt hätten.
Die türkische Zentralbank hat am Montag die Mindest-Einlagereserve für die im Land operierenden Banken von 45 Prozent auf 40 Prozent gesenkt. Rund 2,2 Milliarden Dollar an Liquidität sollen auf diese Weise freigeworden sein.
„Die Zins- und Währungsmärkte sind praktisch zerbrochen und werden von Irrationalität, Illiquidität und Einseitigkeit dominiert“, wird ein Analyst der französischen Großbank Société Générale zitiert. „Die Situation wird noch schlimmer aufgrund des diplomatischen Gefechts mit den USA, bei dem keine Signale der Entspannung zu sehen sind.“
Der Hauptgrund für die seit Monaten anhaltenden Kursverluste der Lira stellt die geldpolitische Normalisierung der US-Zentralbank Federal Reserve dar. Deren Zinsanhebungen führen tendenziell zu einer Aufwertung des Dollar gegenüber Währungen, deren Zentralbanken keine Leitzins-Erhöhungen durchführen.
Ein stärkerer Dollar jedoch führt einerseits zu einem verstärkten Abzug globaler Liquidität in den Dollar-Währungsraum und verteuert andererseits Schulden, welche andere Länder in der US-Währung aufgenommen haben.
Die Türkei ist besonders vom erstarkenden Dollar betroffen, weil ihre Unternehmen in den vergangenen Jahren vergleichsweise viel neue Dollar-Schulden aufgenommen hatten. Zudem verzeichnet das Land nicht nur ein Haushaltsdefizit, sondern auch eines der größten Handelsdefizite der entwickelten Industriestaaten. Zudem versäumte es die Zentralbank in den vergangenen Monaten mehrfach, die Leitzinsen anzuheben, obwohl die offizielle Inflationsrate inzwischen die Marke von 15 Prozent überschritten hat, was die Inflation bei importierten Gütern wiederum antreibt.