Politik

Lega-Ökonom: Italien wird nicht aus dem Euro austreten

Der Top-Ökonom der Lega, Claudio Borghi, sieht den Euro als Problem für die europäischen Volkswirtschaften. Einen harten Austritt Italiens will die Regierung allerdings nicht wagen.
15.09.2018 23:11
Lesezeit: 2 min

Die italienische Regierung hadert weiter mit dem Euro. Allerdings sind die Vertreter der Lega und der Fünf-Sterne-Bewegung bemüht, einen harten Euro-Austritt Italiens aus den Schlagzeilen zu bekommen.

Stattdessen arbeitet die Regierung an Alternativen. Der Ökonomen Claudio Borghi, der für die Partei Lega im italienischen Parlament sitzt, hat das Konzept der sogenannten Mini-Bots entwickelt: Diese wären eine Art staatlich garantierte Wechsel, die vom italienischen Staat emittiert und garantiert würden. Dennoch solle ihre Wirkung begrenzt sein, sagte Borghi den Deutschen Wirtschaftsnachrichten: "Sie hätten nur in Italien Gültigkeit und könnten unter anderem zur Begleichung von Steuerschulden verwendet werden. Sie stellten keine Parallelwährung zum Euro dar."

In letzter Zeit werde zwar weniger über die Mini-Bots gesprochen, diese stünden aber weiter auf der Agenda der Regierung. Ihre Einführung werde man mit der für 2019 geplanten Steuerreform verknüpfen, sagte Borghi. Ziel der Mini-Bots sei es, die lokalen Wirtschaftskreisläufe anzukurbeln. Eine Privatperson solle Mini-Bot-Kredite im Wert von bis zu 20.000 Euro aufnehmen können. Auf Euro laufende Kredite könnten teilweise auf Mini-Bots umgestellt werden.

Die Mini-Bots wären vom Staat garantiert, ihr Wert bliebe gegenüber dem Euro unverändert. Das hieße, sie würden dem Euro gegenüber weder auf- noch abwerten, erläuterte Borghi. Zudem wären sie auch kein offizielles gesetzliches Zahlungsmittel, auch wenn er davon ausgehe, dass sie fast alle Marktteilnehmer als Zahlungsmittel anerkennen würden, so Borghi.

„Dies bedeutet, dass es sich bei den Mini-Bots um keine Parallelwährung zum Euro handelt“, sagte Borghi. „Sie stellen auch nicht den Versuch dar, Italiens Einstieg in den Ausstieg aus dem Euro einzuläuten. Die Regierung hat sich festgelegt, dass Italien im Euro bleiben soll.“

Dennoch sieht Borghi den Euro kritisch. Zwar habe Italien im letzten Jahr einen hohen Handelsbilanzüberschuss erwirtschaftet. Dies sei aber eher darauf zurückzuführen, dass das Land weniger importiert habe. Insgesamt sei der Euro für die Entwicklung der meisten europäischen Volkswirtschaften nicht hilfreich gewesen. „Was Italien anbelangt, so wäre eine Region wie die Lombardei sicherlich in der Lage, innerhalb des Euroverbundes wettbewerbsfähig zu bleiben. Italiens Problem aber ist der Süden des Landes, der vom Norden mit beträchtlichen Summen finanziell gestützt werden muss“, sagte Borghi. „Wenn wir das auf die europäische Ebene übertragen, dann müsste Deutschland jährlich vielleicht 200 Milliarden Euro an Transferleistungen aufbringen. Unter dieser Voraussetzung könnte der Euro noch sehr lange Bestand haben.“

Das Problem liege darin begründet, dass s behr ungleiche Volkswirtschaften Teil des Euroverbundes geworden seien. Seit es die Deutsche Mark nicht mehr gebe und eine deutsche Währung nicht mehr aufwerten könne, seien deutsche Produkte im Vergleich zu billig. „Anders ausgedrückt: Die deutschen Löhne sind zu niedrig. Und das führt zu realen Wohlstandsverlusten der deutschen Arbeitnehmer“, erläuterte Borghi.

Die Debatte über die Target-2-Salden sei hingegen akademischer Natur. Sollte der Euro tatsächlich auseinanderbrechen, könne die Bundesbank offene Positionen intern ausgleichen. Borghi: „Ich möchte auch dem Missverständnis vorbeugen, dass es sich bei den Target-2-Salden um offene Forderungen Deutschlands an Italien handelt. In Wirklichkeit sind es Forderungen der Bundesbank gegenüber der EZB.“

Borghi ist einer breiteren Öffentlichkeit wurde er durch seine Streitschrift „Basta Euro“ aus dem Jahr 2014 und zahlreiche Fernsehinterviews bekannt geworden.

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