Finanzen

In Dänemark braut sich ein neues Problem für Europa zusammen

Die dänische Banken-Krise könnte weitreichende Folgen für das europäischen Banken-System haben.
23.09.2018 02:44
Lesezeit: 4 min

Die gegen die dänische Danske Bank erhobenen Vorwürfe und die daraufhin eingeleiteten Ermittlungen in den USA, Dänemark und Estland könnten zu einer hohen Strafe für die Bank führen und das europäische Bankensystem beeinträchtigen.

Am Mittwoch kündigte der Vorstandsvorsitzende der Danske Bank, Thomas Borgen, seinen Rücktritt an. „Es ist klar, dass die Danske Bank ihrer Verantwortung im Falle der möglichen Geldwäsche in Estland nicht gerecht wurde. Ich bedauere dies zutiefst“, wird Borgen von Bloomberg zitiert. Borgen bleibt noch solange im Amt, bis ein Nachfolger für ihn gefunden wurde.

Die Bank gab während ihrer Stellungnahme zu, nicht genau zu wissen, wieviel Geld in den vergangenen Jahren insgesamt durch ihre Niederlassung in Estland geflossen ist. Die Schätzung der Danske Bank beläuft sich auf einen Wert von 234 Milliarden Dollar zwischen 2007 und 2015 – ein bislang nicht genauer zu spezifizierender Teil davon könnte der Geldwäsche gedient haben.

„Insgesamt rechnen wir damit, dass ein wesentlicher Teil der Zahlungen verdächtig ist“, teilte die Bank mit. Kunden der estnischen Niederlassung stammten demnach sowohl aus Russland, Aserbaidschan, der Ukraine sowie mehreren Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion. Die estnischen Aufseher hätten bereits 2007 Kritik geübt und auch aus Dänemark seien Hinweise zu „kriminellen Aktivitäten in Reinform, einschließlich Geldwäsche“ in einer geschätzten Größenordnung von „monatlich Milliarden von Rubeln“ gekommen. Die Bank habe aber versäumt, darauf angemessen zu reagieren.

Bislang gehen Schätzungen davon aus, dass zwischen 2007 und 2015 etwa 9,1 Milliarden Dollar – welche hauptsächlich aus Russland und zentralasiatischen Staaten stammen sollen – von der estnischen Filiale gewaschen wurden. Die Gesamtmittelflüsse von 234 Milliarden Dollar zwischen 2007 und 2015 sollen über insgesamt etwa 15.000 Konten geflossen sein, von denen rund 6.200 nach Angaben der Danske Bank die „höchsten Risikoindikatoren“ aufweisen. „Fast alle der Besitzer dieser Konten wurden den Behörden gemeldet“, wird Borgen zitiert.

Den Bruttogewinn aus den Geschäften mit nicht-estnischen Kunden - geschätzte 1,5 Milliarden Kronen (201 Millionen Euro) – will die Bank an eine noch zu gründende Stiftung überweisen. Diese solle zum Ziel haben, grenzüberschreitende Finanzkriminalität zu bekämpfen.

Sollten sich die Vorwürfe gegen die Bank als richtig erweisen, drohen der Bank hohe Strafen. Hier muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass bis heute nicht klar ist, wer eigentlich welche genauen Vorwürfe auf welcher Grundlage gegen die Bank erhebt.

Die Tatsache, dass auch das US-amerikanische Finanzministerium und die Finanzaufsicht Securities and Exchange Commission (SEC) in dem Fall ermitteln, ist für Danske aber zumindest riskant, da die Geldströme aus Russland auch zur Umgehung der von der US-Regierung ab 2014 verhängten Sanktionen gedient haben könnten.

Die Ermittlungen in den USA wurden von dem bekannten Kritiker der russischen Regierung und ehemals in Russland tätigen Geschäftsmann Bill Browder angestoßen, welcher seit dem Rückzug seines Fonds Hermitage Capital Management aus Russland im Jahr 2005 alle möglichen Hebel gegen Russland in Bewegung setzt. Browder wurde wegen Steuerhinterziehung verurteilt, Russland sucht den Banker per internationalem Haftbefehl. Auf Zypern wird derzeit gegen Browder ermittelt.

Vorwürfe wie gegen Danske könnten nach Ansicht von Beobachtern auch ein Mittel sein, um den Druck auf Russland auf dem Finanzmarkt zu erhöhen. Bemerkenswert ist, dass sich bislang weder die russische noch andere betroffene Regierungen zu dem Sachverhalt geäußert haben.

Von Bloomberg befragte Analysten rechnen derzeit mit einem Strafmaß von etwa 800 Millionen Dollar für die Bank. Fällt dieses jedoch höher aus, könnte das Finanzinstitut in finanzielle Schwierigkeiten geraten und im schlimmsten Fall durch einen Bail-in nach den seit Anfang 2016 gültigen europäischen Bankenregeln abgewickelt werden müssen. Hiervon wären insbesondere die Gläubiger der Bank betroffen, was zu Kaskadeneffekten im Bankensystem führen könnte.

Wie aus Daten von Meteor hervorgeht, ist sie in insgesamt 16 Ländern aktiv und zählt etwa 2.000 Großkonzerne und institutionelle Anleger zu ihren Kunden. Dazu kommen etwa 211.000 kleine und mittelständische Betriebe. Zudem ist sie neben dem Bankgeschäft auch in den Bereichen Lebensversicherung, Pensionen, Vermögensverwaltung, Hypothekenfinanzierung, Immobilien und im Leasing-Geschäft tätig, was die Auswirkung möglicher Schwierigkeiten in andere Branchen bringen würde.

Die Danske Bank verfügte zu Beginn des zweiten Halbjahres nach Angaben von risk.net über eine Kernkapitalquote (Common Equity Tier 1) von vergleichsweise hohen 15,9 Prozent. Dies ist der niedrigste Wert seit dem ersten Quartal 2017. Im März lag die Quote noch bei 16,4 Prozent. Insgesamt verwaltet die Danske Bank Vermögenswerte von etwa 1,648 Billionen dänischen Kronen (rund 220 Milliarden Euro), wie aus der Homepage der Bank hervorgeht.

Eine Erschütterung des europäischen Bankensystems durch die Danske Bank – auch im Falle einer hohen Strafe – stuft der unabhängige Finanzexperte Achim Dübel aus Berlin jedoch als unrealistisch ein. „Die Danske Bank hat ein starkes Pfandbrief-Geschäft, welches aber nicht von möglichen Strafen betroffen sein dürfte. Ich glaube zudem nicht, dass es einen Run auf eine dänische Bank geben wird. Es kann natürlich ein gewisser Refinanzierungsbedarf entstehen aber ich sehe kein Risiko für das europäische Bankensystem, zumal die Amerikaner ja nicht direkt betroffen sind. Möglich ist aber, dass die EZB bestimmte Geschäftsbereiche zeitweise schließen lässt“, sagt Dübel den Deutschen Wirtschaftsnachrichten.

Die Europäische Zentralbank wollte sich auf Anfrage der Deutschen Wirtschaftsnachrichten nicht zu dem Sachverhalt äußern. „Wir äußern uns nicht zu einzelnen Banken“, sagte ein Sprecher der Notenbank.

Welche Macht insbesondere die US-Behörden auf die Bank auszuüben im Stande sind, geht aus einem Bericht des englischsprachigen Dienstes von Reuters hervor. „Zwar hat die Danske Bank keine Banklizenz in den Vereinigten Staaten, aber wenn den Korrespondenzbanken verboten wird, weiterhin mit ihr Geschäfte zu machen, dann wird sie faktisch aus dem globalen Finanznetzwerk ausgeschlossen.“

Bereits in den vergangenen Jahren hatten US-Behörden hohe Strafen gegen europäische Banken im Zusammenhang mit dem Vorwurf der Geldwäsche erhoben. Im vergangenen Jahr musste die Deutsche Bank rund 700 Millionen Dollar an Strafen in den USA zahlen, weil sie russischen Kunden dabei geholfen haben soll, Gelder außer Landes zu schaffen. Die niederländische ING Groep zahlte im vergangenen Monat rund 900 Millionen Dollar, um eine Anklage wegen Geldwäsche in den USA zu verhindern. Die lettische Bank ABLV war geschlossen worden, nachdem die USA dem Institut vorwarfen, in Geldwäsche von Kunden aus dem Nachbarland Russland und der Ukraine verwickelt zu sein.

Mit Vorlage des Untersuchungsberichts schraubte die Danske Bank zugleich ihren Jahresausblick auf 16 Milliarden dänische Kronen (2,14 Milliarden Euro) bis 17 Milliarden Kronen von zuvor 18 bis 20 Milliarden Kronen Gewinn zurück. Die Aktie der Danske Bank geriet daraufhin am Mittwoch unter starken Verkaufsdruck von bis zu 7 Prozent. Seit Jahresbeginn haben die Titel etwa ein Drittel ihres Werts verloren. Etwa 14 Milliarden Dollar an Marktkapitalisierung sollen sich auf diese Weise aufgelöst haben.

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