Politik

Merkel will als Bundeskanzlerin weitermachen

Bundeskanzlerin Angela Merkel will die Vertrauensfrage nicht stellen.
26.09.2018 16:54
Lesezeit: 2 min

Bundeskanzlerin Angela Merkel sieht nach ihrer Schlappe bei der Wahl zum Unions-Fraktionsvorsitzenden keinen Anlass für eine Vertrauensabstimmung im Bundestag. "Ein ganz klares Nein", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert auf eine entsprechende Frage am Mittwoch in Berlin. Die Kanzlerin ist erneut unter medialen Druck geraten, weil bei der Wahl am Dienstag nicht ihr Vertrauter und Amtsinhaber Volker Kauder, sondern der Finanzexperte und Steuerberater Ralph Brinkhaus zum neuen Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion gewählt wurde. FDP und Linkspartei forderten daraufhin, dass Merkel die Vertrauensfrage stellt. Brinkhaus selbst bezeichnete diese Forderung als "Blödsinn".

Tatsächlich liegt die CDU mit Merkel noch immer weit vor allen anderen Parteien und dürfte es sich zweimal überlegen, Neuwahlen auszulösen.

Merkel äußerte sich nach der Wahl am Dienstag enttäuscht: "Das ist eine Stunde der Demokratie, in der gibt es auch Niederlagen, und da gibt es nichts zu beschönigen." Gesundheitsminister Jens Spahn, der immer wieder als Kandidat für die Nachfolge Merkels genannt wird, äußerte sich am Mittwoch zuversichtlich, dass Merkel und Brinkhaus gut zusammenarbeiten würden. Dies sei am Mittwoch bei einem ersten gemeinsamen Termin der Unionsminister mit der Fraktionsspitze bereits deutlich geworden.

Das CDU-Präsidiumsmitglied forderte zugleich eine Rückkehr zur Sacharbeit. Die meisten Bürger beschäftige nicht zuerst Personalfragen. Sie wollten vielmehr, dass Probleme gelöst würden, die sie im Alltag erlebten. Hierzu gehörten die Wohnungssuche, die Suche nach einem Kitaplatz, die Rente oder auch die Frage, warum ein privatversicherter Nachbar schon nächste Woche einen Arzttermin bekomme, man selbst aber erst in vier Monaten. Seinen Gesetzentwurf für kürzere Wartezeiten, der am Mittwoch das Kabinett passierte, könne "ein Stück Neuanfang" für die Sacharbeit in der Koalition sein. Ähnlich hatte sich am Dienstagabend auch Brinkhaus geäußert.

Brinkhaus selbst sagte am Dienstagabend im ZDF zur Forderung einer Vertrauensabstimmung: "Das ist Blödsinn." Die Wahl des Fraktionsvorsitzenden sei eine "interne Wahl" und sollte nicht überbewertet werden, sagte der CDU-Politiker auf die Frage, ob die Kanzlerin nicht geschwächt sei. Der neue Fraktionschef bekräftigte, dass er und auch die Fraktion Merkel im Gegenteil unterstützen wollten. Man könne nur gemeinsam Erfolg haben. "Mittelfristig ist das eine Stärkung von Regierung und Fraktion", sagte Brinkhaus zu dem Wahlergebnis. Er wolle versuchen, für die Union verloren gegangene Protestwähler zurückzuholen.

Der CSU-Abgeordnete Klaus-Peter Willsch sagte im Deutschlandfunk, dass der Begriff "Meuterei" zu stark für die Wahl von Brinkhaus sei. Merkel habe als Parteivorsitzende kaum anders gekonnt, als sich hinter den bisherigen Fraktionschef Kauder zu stellen "und Loyalität zurückzuzahlen". "Das Gewürge der letzten Wochen hat sicher auch das Stimmungsbild mit erzeugt, auf dem dieser Wechsel möglich war", sagte Willsch in Anspielung auf den Streit um die Abberufung von Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen.

Die Wahl von Brinkhaus sei auch ein "Motivationsschub" für die CDU-Wahlkämpfer in Hessen, wo am 28. Oktober ein neuer Landtag gewählt wird, sagte der aus Hessen stammende Willsch. "Es ist endlich mal ein Aufbruchssignal, es ändert sich noch was, es gibt was Neues." Er hoffe nun, dass die Koalition am Montag den Diesel-Streit beende. "Denn das hängt uns wie ein Mühlstein am Hals, dass hier nach dem Urteil in Frankfurt Hunderttausende nicht wissen, wie sie in einem halben Jahr oder so nach Frankfurt zu ihrer Arbeit kommen können", sagte er zu dem verhängten Fahrverbot für Besitzer älterer Diesel-Autos in Frankfurt.

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