Finanzen

EU fordert von Italien neuen Budget-Entwurf

Die Renditen für italienische Staatsanleihen steigen, nachdem die Regierung in Rom ein neues Defizit beschlossen hat.
01.10.2018 16:56
Lesezeit: 3 min

Die umstrittenen Schuldenpläne Italiens stoßen bei den Euro-Partnern auf Ablehnung. Die von der neuen Regierung in Rom vergangene Woche vorgelegten Haushaltsziele hätten Fragen und Sorgen ausgelöst, sagte Eurogruppen-Chef Mario Centeno am Montag nach einem Treffen der Finanzminister des Währungsraums in Luxemburg. Nun sei eine rasche Klärung erforderlich. Italien müsse einen nachhaltigen und glaubhaften Budgetentwurf vorstellen. Dafür sei bis Mitte Oktober Zeit, sagte der Portugiese.

EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici sagte, die Brüsseler Behörde werde versuchen, die italienische Regierung davon zu überzeugen, ihre Fiskalziele zu ändern. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker äußerte sich besorgt. Italien entferne sich offenbar "von dem haushaltspolitischen Tugendpfad", den man gemeinsam auf EU-Ebene verankert habe, sagte er bei einer Veranstaltung in Freiburg. Die Griechenland-Krise habe gereicht. "Wir müssen mit Italien strikt und fair umgehen, um eine weitere Krise zu vermeiden." An den Finanzmärkten herrschte weiter Nervosität: Sowohl die Kurse italienischer Staatsanleihen als auch die Mailänder Börse gaben nach.

Diese Äußerungen stiegen bei Italiens Vize-Regierungschef Luigi Di Maio auf scharfe Kritik. Einige europäische Institutionen legten es darauf an, "Terrorismus an den Märkten zu schaffen", sagte der Chef der Fünf-Sterne-Bewegung.

Italien provoziert mit seinen vorige Woche vorgelegten Haushaltsplänen für 2019 einen handfesten Streit mit der EU. Denn die Regierung in Rom will stärker investieren und kostspielige Wahlversprechen umsetzen - gegen den Willen des eigenen Finanzministers Giovanni Tria und Bedenken in Brüssel. Zu den Kernpunkten des Pakets gehören ein Grundeinkommen für Arme und ein niedrigeres Rentenalter. Die Neuverschuldung soll in der Folge nächstes Jahr bei 2,4 Prozent der Wirtschaftsleistung liegen. Der parteilose Tria wollte das Haushaltsdefizit auf 1,6 Prozent begrenzen, um die Finanzmärkte zu beruhigen.

Nun muss er den Kurswechsel auf europäischer Bühne rechtfertigen. Italien befinde sich bei dem Verstoß gegen EU-Vorgaben in guter Gesellschaft, sagte Tria nach dem Treffen. "Die Zahl der Länder, die sich an die Regeln hält, ist sehr klein." EU-Kreisen zufolge bezeichnete Tria den umstrittenen Haushaltsentwurf seines Landes bei dem Eurogruppen-Treffen als noch nicht endgültig. Der Wirtschaftsprofessor reiste vorzeitig am Montagabend ab und verpasst das am Dienstag anstehende Treffen der EU-Finanzminister.

Luxemburgs Finanzminister Pierre Gramegna forderte seinerseits, die italienische Defizitfrage zu "dedramatisieren". Die von Rom angekündigten Zahlen seien zwar "höher als vorgesehen", blieben aber "unter drei Prozent" und damit unter der EU-Vorgabe für die Neuverschuldung, sagte er. Zudem müsse betrachtet werden, wofür die zusätzlichen Ausgaben gedacht seien. Mehr Investitionen könnten sich in der Wirtschaft "auch positiv auswirken".

Ein Zeitungsbericht über eine Ablehnung der Haushaltspläne Italiens durch die EU-Kommission hat am Montag für Verunsicherung an den Anleihemärkten gesorgt. Anleger warfen italienische Staatsanleihen aus ihren Depots, im Gegenzug stiegen die Renditen an. Die Rendite der zweijährigen Staatstitel legte um bis zu 18 Basispunkte zu auf 1,23 Prozent, die der zehnjährigen Anleihen kletterte um neun Basispunkte auf 3,24 Prozent.

Die Börse in Mailand holte allerdings etwa ein Prozent auf, nachdem sie am Freitag um 3,7 Prozent eingebrochen war. Allerdings gaben die Kurse im nachbörslichen Handel wieder nach.

Die italienischen Regierungsparteien hatten vorige Woche ein Haushaltsdefizit von 2,4 Prozent für 2019 angekündigt, das ist deutlich mehr als von der Vorgängerregierung anvisiert.

Allerdings erlauben die Verträge von Maastricht ein Defizit von drei Prozent, weshalb sich Italien eigentlich im Korridor befindet. Das Verschuldungsziel von 60 Prozent, wie Maastricht es vorsieht, wird von fast allen Staaten nicht mehr erreicht.

Die Haushaltspläne des hoch verschuldeten Italien stoßen einem Zeitungsbericht zufolge bei der EU-Kommission auf Widerstand. Die Brüsseler Behörde werde gezwungen sein, die Pläne im November abzulehnen, berichtete La Repubblica am Montag unter Berufung auf EU-Kreise. Die italienischen Regierungsparteien hatten vergangene Woche ein Haushaltsdefizit von 2,4 Prozent für 2019 angekündigt - das ist dreimal so viel wie die Vorgängerregierung anvisiert hatte. Die Koalition aus Fünf-Sterne-Bewegung und Lega will kostspielige Wahlversprechen und stärker investieren. An den Finanzmärkten sorgten die Pläne für Verunsicherung, es wird eine neue Schuldenkrise befürchtet.

Italiens Innenminister Matteo Salvini will den Haushaltsentwurf seiner Regierung notfalls auch gegen den Widerstand der EU durchsetzen. Es sei ihm "egal", ob Brüssel die Pläne ablehne, sagte Salvini am Wochenende in Rom. Präsident Sergio Mattarella warnte die rechts-populistische Regierung indirekt vor einem Verfassungsbruch. Die Haushalts- und Verschuldungspläne der Regierung in Rom hatten bei der EU und an den Finanzmärkten Sorge ausgelöst.

"Niemand in Brüssel kann mir sagen, dass es nicht der richtige Moment ist", sagte Salvini. "Wenn Brüssel sagt, ich kann das nicht tun, dann ist mir das egal, ich werde es trotzdem tun", betonte er am Samstag mit Blick auf den Budgetplan seiner Regierung.

Italiens Finanzminister Giovanni Tria hielt den Sorgen aus der EU am Sonntag entgegen, die EU-Kommission und die Finanzmärkte sollten beruhigt sein, sobald sie ein umfassendes Bild vom Haushalt für kommendes Jahr hätten, der am 20. Oktober vorgelegt werde. "Meine Hoffnung ist, dass die Ängste zurückgehen, wenn wir erklären, wie wir unser wichtigstes Ziel erreichen wollen, nämlich Wachstum", sagte Tria. Das Haushaltsdefizit sei "absolut keine Gefahr für Europa". Italien sitzt nach Griechenland auf dem höchsten Schuldenberg der Euro-Zone.

Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire mahnt von Italien nach der Vorstellung des umstrittenen Haushalts für 2019 Disziplin an. "Es gibt Regeln. Die sind gleich für alle Staaten", sagte er am Montag vor Beginn der Eurogruppe in Luxemburg. Die Zukunft der Länder Europas sei eng verwoben. Und wenn alle ihr bestes geben würden, um die Haushaltsziele zu erreichen, würde die Eurozone dadurch gestärkt werden.

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