Deutschland

Deutschland bei Steuern und Abgaben Vize-Weltmeister

Lesezeit: 2 min
18.12.2019 20:00
Die Deutschen müssen durchschnittlich die weltweit zweithöchsten Steuern und Abgaben zahlen.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die Steuerquote - also die Steuereinnahmen gemessen an der gesamten Wirtschaftsleistung - war im vergangenen Jahr einer Statistik der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zufolge so hoch wie noch nie seit Beginn der Erhebung im Jahr 1965.

Im Durchschnitt erhob der Staat in 34 OECD-Ländern Steuern und Sozialabgaben in Höhe von 34,2 Prozent der Wirtschaftskraft. Im Jahr 2016 lag die Steuerquote bei 34 Prozent. Unternehmensteuern und Verbrauchsteuern machten einen wachsenden Anteil am gesamten Steuereinkommen der Industrieländer aus. Hinzu kommen unter anderen Einkommen- und Vermögensteuern.

Deutschland rangiert bei der Steuerbelastung weltweit auf dem zweiten Platz, wie die Zeitung Die Welt berichtet. Nur den Belgiern wird demnach noch etwas mehr Geld vom Brutto-Einkommen abgezogen.

Die Steuerquote in Deutschland liegt deutlich über dem OECD-Schnitt. Der deutsche Staat erhielt im Jahr 2017 37,5 Prozent der Wirtschaftskraft (plus 0,1 Prozentpunkt im Vergleich zu 2016) als Steuern. Damit ist die Steuerquote seit dem Jahr 2000 um 1,3 Prozentpunkte gestiegen. Am niedrigsten war sie in diesem Zeitraum in Deutschland in den Jahren 2004 und 2005 mit einer Quote von 33,9 Prozent.

Deutschland gehört bei der Belastung der Arbeitseinkommen durch Steuern und Sozialabgaben weiter zu den Spitzenreitern. Besonders hoch sind hier im Vergleich zu anderen OECD-Ländern die Sozialabgaben. Die Steuern auf Unternehmensgewinne liegen dafür unter dem Durchschnitt.

Die deutsche Wirtschaft pocht ungeachtet einer Absage von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) auf milliardenschwere Steuerentlastungen für die Unternehmen. "Bei den Steuern gibt es dringenden Handlungsbedarf", sagte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags, Eric Schweitzer, der Deutschen Presse-Agentur Ende Dezember. "Wenn sich die Koalition intern nicht auf Entlastungen für unsere Unternehmen einigen kann, nimmt sie billigend in Kauf, dass die deutsche Wirtschaft an Wettbewerbsfähigkeit einbüßt." Industriepräsident Dieter Kempf betonte: "Für Unternehmen wird es zunehmend existenzgefährdend, dass sich die Bundesregierung dem internationalen Steuerwettbewerb nicht stellt."

Kempf sagte der dpa, seit zehn Jahren gebe es keine nennenswerte Steuerstrukturreform mehr mit Entlastungen für Unternehmen, stattdessen aber etliche Mehrbelastungen. "Die Steuerlast ist auf ein Rekordhoch gestiegen. Deshalb ist es im zehnten Jahr des Aufschwungs überfällig, Steuern zu senken." Deutschland sei mittlerweile von einem Hochsteuerland zu einem Höchststeuerland geworden. Die Politik könnte zügig Abhilfe schaffen - mit dem kompletten Ausstieg aus dem Soli, der steuerlichen Forschungsförderung und einer der Modernisierung der Unternehmensteuern. Auch die Gewerbesteuer müsse reformiert werden.

Steuerentlastungen für Unternehmen sind in der Koalition umstritten. Das Haus von Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hatte Maßnahmen vorgeschlagen, die bei einer vollständigen Umsetzung zu einer steuerlichen Entlastung der Firmen von insgesamt 20 Milliarden Euro pro Jahr führen würden. Finanzminister Scholz hatte dem Vorstoß eine Absage erteilt. Beim Solidaritätszuschlag planen Union und SPD für 2021 eine Entlastung von 10 Milliarden Euro, die 90 Prozent der Soli-Zahler befreien soll. Die Wirtschaft kritisiert, vor allem kleine und mittlere Firmen würden nicht entlastet.

Schweitzer verwies auf Steuersenkungen für Firmen in den USA oder Großbritannien. Wenn Frankreich trotz der aktuellen Probleme seine angekündigte Unternehmenssteuerreform umsetze, werde Deutschland im Jahr 2022 das Land sein mit der höchsten Steuerbelastung für Unternehmen in der gesamten Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). "Diese Entwicklung führt nicht dazu, dass hierzulande mehr investiert wird - sondern ganz im Gegenteil. Wir brauchen deshalb eine echte und wirksame effektive Steuerreform in Deutschland, die die Unternehmen entlastet."

Als erstes sollte der Soli komplett abgeschafft werden. "Und dann sollten die Belastung bei der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer auf ein wettbewerbsfähiges Niveau sinken."


Mehr zum Thema:  

DWN
Unternehmen
Unternehmen Neue Verträge: Nach dem KaDeWe sind auch Oberpollinger und Alsterhaus gerettet
26.07.2024

Die berühmten Flaggschiffe der deutschen Warenhäuser scheinen nach der Pleite des Immobilien-Hasardeurs René Benko endlich gerettet zu...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Hilfsgelder von Russland: EU gibt Erträge aus dem eingefrorenen Vermögen frei
26.07.2024

Die Europäische Union hat jetzt die ersten Zinserträge aus dem im Westen eingefrorenem russischen Staatsvermögen freigegeben. Die...

DWN
Politik
Politik Der Chefredakteur kommentiert: Islamisches Zentrum Hamburg - ein längst überfälliges Verbot, Frau Faeser!
26.07.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Bundeskanzler Scholz zu irregulärer Migration: „Die Zahlen müssen runter“
26.07.2024

Erwerbsmigration nach Deutschland sei erwünscht, meint der Kanzler. Problematisch findet er unerlaubte Einreisen. Eine Innenexpertin der...

DWN
Panorama
Panorama ADAC warnt: Es droht schlimmstes Stau-Wochenende der Saison
26.07.2024

Wer nun in den Urlaub fährt, sollte etwas mehr Zeit einplanen und mitunter starke Nerven haben. Der ADAC rechnet mit vielen Staus. Lassen...

DWN
Politik
Politik Außenministerin Baerbock: Seegerichtshof in Hamburg wird an Bedeutung gewinnen
26.07.2024

In Hamburg informiert sich die Außenministerin bei ihrer Sommerreise über die Arbeit des Internationalen Seegerichtshofs. Anschließend...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB nach Stresstest: Banken haben Verbesserungsbedarf bei Cyber-Angriffen
26.07.2024

Seit der Finanzkrise 2008 wird genauer hingeschaut bei den Banken. Im Euroraum müssen sich die Institute nach Einschätzung der...

DWN
Politik
Politik Verfassungsschutz weist auf russische Sabotageversuche hin
26.07.2024

Der deutsche Inlandsgeheimdienst beobachtet schon länger verstärkte russische Geheimdienstaktivitäten. Neue Hinweise veranlassen ihn...