Die Bundesregierung will das neue 5G-Mobilfunknetz vor Angriffen von außen schützen. Im Mittelpunkt der Diskussion steht dabei der chinesische Ausrüster Huawei. Die chinesische Regierung könnte Huawei zwingen, Hintertüren in seine Produkte einzubauen, so die Befürchtung. Peking könnte so fremde Netzwerke aushorchen oder sogar komplett abschalten, warnen Geheimdienstler.
Huawei bestreitet das vehement, und tatsächlich gibt es bislang keinen Beweis, dass der chinesische Staat seine Technikfirmen zur Spionage zwingt. Zudem ist die gesamte Debatte fadenscheinig, weil die massive Überwachungs- und Spionagetätigkeit der Geheimdienste Großbritanniens und der USA (beispielsweise der NSA) in Deutschland mit keinem Wort erwähnt werden.
Die Sorgen vor China kommen recht spät, denn Huawei-Produkte sind bereits tief in Deutschlands Netzen verankert. Huawei hat sich in den vergangenen Jahren zum wichtigsten Ausrüster der Mobilfunkanbieter weltweit entwickelt. Nach Angaben der Marktanalysten von IHS Markit kam der Konzern im Jahr 2017 auf einen Marktanteil von 28 Prozent. Der chinesische Wettbewerber ZTE kam auf 13 Prozent, sodass China mehr als 40 Prozent des weltweiten Markts für Mobilfunkausrüstung kontrollierte.
In Deutschland setzen alle drei Netzbetreiber Telekom, Vodafone und Telefónica (O2) bei ihren bestehenden Netzen auf chinesische Technik. Allerdings sind sie im Zuge der aktuellen Sicherheitsdebatte spürbar von den Ausrüstern abgerückt. So hat die Telekom erklärt, ihre Einkaufsstrategie in Bezug auf Huawei zu überdenken. Vodafone kündigte an, alle Huawei-Bauteile in den besonders sensiblen Bereichen seines Netzwerks zu entfernen. Und Telefónica hat seinen Wartungsvertrag mit ZTE beendet.
Mit der Ankündigung von United Internet, bei der Versteigerung der 5G-Frequenzen mitzubieten, könnte ein vierter Netzbetreiber entstehen - der ebenfalls auf chinesische Technik setzt. Das Unternehmen erklärte, es verhandle "mit verschiedenen Anbietern, darunter auch eine Firma aus China". United Internet ist über seine Tochter 1&1 bereits einer der größten Betreiber von Glasfasernetzen. Dabei verwendet das Unternehmen "wie alle Netzbetreiber in Deutschland unter anderem auch Komponenten von Huawei".
Doch Huawei ist nicht nur als Netzwerkausrüster nahezu unverzichtbar geworden. Auch im Smartphone-Geschäft ist die Firma mittlerweile die weltweite Nummer zwei hinter Samsung und noch vor Apple. Dabei bedient Huawei sowohl Premiumkunden als auch Schnäppchenjäger mit seiner Tochter Honor. So haben Millionen Deutsche bereits heute eine potenzielle Wanze in der Tasche. Und bald könnte Huawei auch in nahezu jedem Kühlschrank stecken: Denn laut IHS Markit ist Huawei führend im Internet der Dinge.
Nun plötzlich auf chinesische Technik zu verzichten, wäre nach Ansicht des IT-Sicherheitsexperten Jan-Peter Kleinhans von der Stiftung Neue Verantwortung "naiv". Da Huawei etwa bei der Entwicklung der 5G-Technik und des Internets der Dinge führend sei, würde ein Verzicht auf die Firma die digitale Entwicklung Deutschlands um Jahre verzögern. Dadurch könnte das Land bei der Digitalisierung noch weiter hinter der ausländischen Konkurrenz zurückfallen.
Kleinhans spricht sich stattdessen für generell höhere Sicherheitsanforderungen an die Technik aus. Dazu gehörten eine sichere Einstellung der verschiedenen Komponenten sowie regelmäßige Sicherheitschecks und Updates. Und künftig müsse sich Deutschland in allen Belangen überlegen, wo es seine Technik kauft - nicht nur bei 5G.