Finanzen

EZB denkt über neue Not-Kredite für Banken nach

Die EZB erwägt eigenen Angaben zufolge, Banken mit umfangreichen Hilfskrediten zu versorgen. Das Finanzsystem ist offenbar nicht mehr ohne ständige Interventionen der Zentralbank handlungsfähig.
15.02.2019 16:42
Lesezeit: 1 min

Vor dem Hintergrund der eingetrübten Konjunkturaussichten denkt die Europäische Zentralbank über erneute Geldspritzen nach. Er könne sich eine Neuauflage der Langfristkredite für Geschäftsbanken vorstellen, sagte EZB-Direktor Benoit Coeure am Freitag auf einer Veranstaltung in New York. "Das ist möglich. Wir diskutieren das", sagte er.

"Es könnte Spielraum geben für einen weiteren TLTRO." So werden in der Finanzbranche solche längerfristigen und günstigen EZB-Kredite bezeichnet. Die Währungshüter wollten aber sicherstellen, dass sie zweckdienlich seien. Bislang hat sich noch kein Mitglied des sechsköpfigen Führungsteams der Euro-Notenbank so deutlich zu diesen Krediten geäußert.

Der Europäische Bankenindex weitete nach den Aussagen seine Gewinne aus und lag 3,5 Prozent im Plus. Auch der Dax zog an und gewann zeitweise zwei Prozent auf über 11.300 Punkte.

Die EZB hatte 2016 eine Serie dieser Geldsalven aufgelegt, um die Kreditvergabe anzukurbeln. An den Börsen wird seit geraumer Zeit spekuliert, sie könnte wegen der schwachen Konjunkturentwicklung erneut zu diesem Instrument greifen. Volkswirten zufolge gibt es auch aus einem anderen Grund Bedarf. Denn ab Juni sinkt die Restlaufzeit mancher bestehender TLTRO-Darlehen auf unter ein Jahr. Banken dürfen diese Gelder dann nicht mehr zur Berechnung bestimmter Finanzpolster (NSFR) heranziehen.

Vor allem in südlichen Euro-Ländern, die in größerem Umfang TLTRO-Kredite bezogen hatten, dürften günstige Anschlussfinanzierungen deshalb willkommen sein. Coeure wies auf der Veranstaltung zudem darauf hin, dass die wirtschaftliche Abkühlung im Euro-Raum stärker und breiter ausgedehnt sei als erwartet. Die Inflationsentwicklung werde wohl verhaltener ausfallen. Die Euro-Wächter waren nach einer Serie überwiegend schwacher Konjunkturdaten auf ihrer Zinssitzung im Januar zu der Auffassung gelangt, dass die Gefahren für die wirtschaftlichen Perspektiven inzwischen überwiegen. Eine Rezession hielt EZB-Chef Mario Draghi zuletzt aber für unwahrscheinlich.

Das Wachstum im Währungsraum lag im vierten Quartal lediglich bei 0,2 Prozent und fiel damit so schwach aus wie im Sommer. An den Börsen wird inzwischen damit gerechnet, dass die Notenbank frühestens 2020 zum ersten Mal seit 2011 ihre Zinsen anhebt. Offiziell stellt die EZB in Aussicht, ihre Schlüsselsätze noch bis mindestens über den Sommer 2019 hinaus nicht anzutasten.

Sollte die EZB eine neue Runde TLTROs auflegen, bedeutet dies eine erneute Ausweitung der expansiven Geldpolitik. Es wäre ein erneuter Offenbarungseid dafür, dass das Finanzsystem weiterhin nur aufgrund permanenter Interventionen der EZB weiterbestehen kann.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Wird die Grundsteuer erhöht? Zu viele Ausgaben, zu wenig Einnahmen: Deutsche Kommunen vorm finanziellen Kollaps
13.05.2025

Marode Straßen, Bäder und Schulen: Fast neun von zehn Städten und Gemeinden in Deutschland droht in absehbarer Zeit die Pleite. Bereits...

DWN
Politik
Politik EU im Abseits: Trump bevorzugt London und Peking – Brüssel droht der strategische Bedeutungsverlust
12.05.2025

Während Washington und London Handelsabkommen schließen und die USA gegenüber China überraschend Konzessionen zeigen, steht die EU ohne...

DWN
Panorama
Panorama Nach Corona nie wieder gesund? Die stille Epidemie der Erschöpfung
12.05.2025

Seit der Corona-Pandemie hat sich die Zahl der ME/CFS-Betroffenen in Deutschland nahezu verdoppelt. Rund 600.000 Menschen leiden inzwischen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Machtkampf der Tech-Eliten: Bill Gates attackiert Elon Musk – „Er tötet die ärmsten Kinder der Welt“
12.05.2025

Ein milliardenschwerer Konflikt zwischen zwei Symbolfiguren des globalen Technologiekapitalismus tritt offen zutage. Der frühere...

DWN
Politik
Politik Pflege am Limit? Ministerin fordert Reform für mehr Eigenverantwortung
12.05.2025

Pflegekräfte sollen mehr dürfen und besser arbeiten können – das fordert Gesundheitsministerin Nina Warken zum Tag der Pflegenden....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Milliarden ungenutzt: Irischer Top-Investor fordert Einsatz von Pensionsgeldern zur Stärkung europäischer Technologie
12.05.2025

Die europäische Technologiebranche droht im globalen Wettbewerb ins Hintertreffen zu geraten. Der Grund: Staatlich geförderte...

DWN
Politik
Politik Geheime Waffenlieferungen: Kritik an Intransparenz – Ukrainischer Botschafter lobt Merz’ Kurs
12.05.2025

Die neue Bundesregierung unter Friedrich Merz hat entschieden, Waffenlieferungen an die Ukraine künftig wieder geheim zu halten – ein...

DWN
Politik
Politik SPD-Spitze im Umbruch: Bas spricht von historischer Verantwortung
12.05.2025

Die SPD steht nach dem desaströsen Wahlergebnis von 16,4 Prozent bei der Bundestagswahl vor einem umfassenden Neuanfang. In Berlin haben...