Deutschland

Demografischer Wandel: Einen Abbau der Staatsschulden wird es nicht mehr geben

Die zunehmende Alterung der Bevölkerung in den Industriestaaten wird jegliche Versuche zum Abbau der Staatsschulden blockieren.
29.03.2019 15:53
Lesezeit: 2 min

Eine Untersuchung von J.P. Morgan Asset Management (JPM) beschäftigt sich mit den Fragen, ob der demografische Druck einen erfolgreichen Schuldenabbau schwierig macht und ob durch die hohe Schuldenlast der politischen Druck auf die Zentralbanken erhöht wird.

Das Team um Karen Ward, Chief Market Strategist EMEA bei J.P. Morgan Asset Management hat analysiert, welche Maßnahmen in der Vergangenheit zu einem erfolgreichen Schuldenabbau geführt haben, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass diese Problematik in den Industrienationen in den nächsten zehn bis 15 Jahren in den Fokus rücken und wie sich diese Entwicklung auf den Ausblick für das Wachstum und die Finanzmärkte auswirken wird.

Laut statista.com hat sich beispielsweise die Staatsverschuldung in Deutschland zwischen 2007 und 2017 von rund 1,60 Billionen Euro auf etwa 2,09 Billionen Euro erhöht. Hauptursache dafür: die Finanzkrise 2008/09 und ihre Auswirkungen. Befeuert wurde der Anstieg der Staatsverschuldung durch das Anleiherückkaufprogramm der Europäischen Zentralbank.

Durch die Absenkung des Leitzinssatzes auf nahe Null ist die Belastung für die deutsche wie für andere europäische Regierungen bislang relativ moderat geblieben. Aufgrund verschiedener national- oder weltwirtschaftlicher Rahmenbedingungen könnte es jedoch erforderlich sein, die Zinsen anzuheben. Was wiederum zur Folge hätte, dass der Bund wesentlich mehr Kapital für den dann fälligen Schuldendienst aufbringen müsste.

Nach der Studie von JPM würden die Zentralbanken demnach nicht umhinkommen, weiterhin eine lockere Geldpolitik zu betreiben, um den Regierungen die Last der Schuldendienste zu erleichtern. Was dazu führen könnte, dass die Unabhängigkeit der Zentralbanken eingeschränkt werde. Karen Ward meint dazu: „Es liegt die Schlussfolgerung nahe, dass Staatsschulden zukünftiges Wachstum ausbremsen und dass niedrigere Steuern heute höhere Steuern in der Zukunft bedeuten.“

Nach Ansicht der JPM-Marktstrategin werde es in den Industrieländern zunehmend schwierig, den erforderlichen Überschuss für einen Schuldenabbau zu erzielen. Dabei sei das derzeit größte Problem der demografische Wandel: Die Wachstumsrate der Erwerbsbevölkerung gehe zurück, während die Bevölkerung im Rentenalter rapide zunehme. Dies werde erhebliche Folgen für die öffentlichen Finanzen haben.

Karen Ward erklärt: „Die Steuerabgaben erreichen ihren Höchststand um das 50. Lebensjahr und gehen dann erheblich zurück. Die Staatsausgaben pro Person für Gesundheit und Sozialleistungen steigen spätestens ab dem 70. Lebensjahr massiv in die Höhe. In den Industrieländern ist rund die Hälfte der Wähler über 50 Jahre alt – eine alternde Wählerschaft, die üblicherweise ihre Ansprüche an der Wahlurne verteidigt.“

Außerdem ist die Expertin der Meinung, dass das Einkommenswachstum der Haushalte von Personen im erwerbsfähigen Alter mit mittleren und geringen Einkommen in dem Aufschwung, der durch die niedrigen Zinsen bedingt gewesen sei, mager ausgefallen sei. Dies habe zu einem enormen gesellschaftlichem Druck und den Gegenreaktionen auf die Migration beigetragen. Die Regierungen stünden also vor der Herausforderung, die Haushalte mit geringeren Einkommen eher stärker zu unterstützen.

Die Analystin von JPM kommt zu dem Schluss: „Wenn die hohe Schuldenlast die Staatshaushalte weiter belastet, werden die fiskalpolitischen Entscheidungsträger im nächsten Abschwung weniger Spielraum haben. So wird es für Regierungen ohne finanzielle Reserven schwieriger, die Wirtschaft bei einer Abkühlung zu unterstützen, beispielsweise die Produktionskapazität der Wirtschaft durch Investitionen oder zusätzliche Ausbildungsmaßnahmen zu stärken.“

DWN
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