Politik

US-Sanktionen gegen den Iran treffen die Türkei hart

Die Verschärfung der Iran-Sanktionen trifft die Türkei besonders hart. Der Nachbar im Südosten ist der mit Abstand wichtigste Energielieferant. Die Inflation in der Türkei könnte deutlich steigen.
24.04.2019 17:16
Lesezeit: 2 min

Ab Anfang Mai gelten die Ölsanktionen der USA gegen den Iran ohne jede weitere Ausnahmeregelung für bestimmte Staaten. Die Importe iranischen Öls durch Italien, Griechenland, die Türkei, China, Indien, Japan, Südkorea und Taiwan wurden bisher von der US-Regierung nicht bestraft, das ändert sich nun in einigen Tagen. Die acht Staaten gehören zu den wichtigsten Importeuren iranischen Rohöls.

Die Türkei ist von der Verschärfung besonders stark betroffen:

Den aktuellsten Daten der türkischen Energieagentur EPDK zufolge hatte der Iran im Januar 2019 einen Anteil von über 12,35 Prozent an allen türkischen Ölimporten, berichtet Finans Haberler.com. Die Daten zu den Monaten Februar und März wurden noch nicht veröffentlicht. Der Energieanalyst Necdet Pamir weist darauf hin, dass die Abhängigkeit der Türkei vom Iran bei Rohöl, das noch nicht die Destillationsprozesse durchlaufen hat, noch wesentlich höher ist. Der Iran hat hier einen Anteil von etwa 44,6 Prozent an allen türkischen Rohölimporten und ist damit der mit Abstand wichtigste Lieferant.

Pamir zufolge beläuft sich der Ölanteil am Gesamtenergiekonsum der Türkei auf 31 Prozent. Problematisch sei vor allem, dass 94 Prozent des gesamten in der Türkei verbrauchten Öls importiert werde. Die Abhängigkeit von Energieimporten sei auch einer der Gründe dafür, warum das Handelsbilanzdefizit der Türkei so hoch sei.

Ölpreis, Liraverfall und Arbeitslosigkeit in der Türkei

So sei auch die Entwicklung des Ölpreises ein Problem für die Türkei. Während der Ölpreis für die richtungsweisende Nordseesorte Brent im Jahr 2017 bei durchschnittlich 54 US-Dollar für ein Barrel (159 Liter) lag, stieg er im Jahr 2018 auf durchschnittlich 71 US-Dollar. Derzeit schwankt er bei rund 74 US-Dollar.

Auch aufgrund des Wegfalls der Ausnahmeregelung erlebte die Türkische Lira zum US-Dollar am Mittwoch erneut einen drastischen Wertverfall. Ein US-Dollar kosteten am Mittwochnachmittag 5,8737 Lira, berichtet Haberturk. Denn wenn der Iran durch die Sanktionen erfolgreich von den internationalen Märkten abgeschnitten werden sollte, verringert sich tendenziell das Angebot und der Preis für Rohöl steigt weiter. 

Das wiederum führt zu einer Ausweitung des ohnehin hohen Handelsbilanzdefizits, worunter wiederum der Kurs der Lira zu Dollar und Euro leiden dürfte.

Problematisch ist außerdem, dass die Inflation in der Türkei aufgrund der gestiegenen Ölpreise wieder anziehen dürfte. Die Geldentwertung liegt derzeit bei rund 20 Prozent pro Jahr und konnte zuletzt nur mühsam von einem Niveau von rund 25 Prozent gesenkt werden.

Die Arbeitslosenquote in der Türkei war zuletzt auf 14,7 Prozent gestiegen und damit so hoch wie seit zehn Jahren nicht mehr. Etwa 4,7 Millionen Türken waren im Januar 2019 ohne Arbeit, wie das Statistikamt in Ankara am Montag mitteilte. Das sind im Vergleich zum Vorjahr rund 1,3 Millionen Menschen mehr. Besonders die Jugendarbeitslosigkeit ist demnach mit 26,7 Prozent besonders hoch, teil das Türkische Statistikamt (Turkstat) in einer Mitteilung mit.

Energieanalyst Pamir kritisiert vor allem die Widersprüche, in die sich die Regierungspartei verwickelt. So präsentierte sich die Regierung in Ankara als scharfer Gegner der Sanktionen gegen den Iran. Diverse Regierungssprecher sagten im vergangenen Jahr, dass sie die erweiterten US-Sanktionen gegen den iranischen Energiesektor ignorieren werden. Insgeheim versuchen man aber, die starke Abhängigkeit zu verringern.

“Die Repräsentanten der Regierung haben zwar durchgehend behauptet, die Türkei werde sich nicht an die US-Sanktionen halten. Das waren Botschaften, die sich für innenpolitische Erfolge angeboten haben. Doch Fakt ist: Im vergangenen Jahr sind unserer Ölimporte aus dem Iran drastisch zurückgegangen. Im November 2018 (Inkrafttreten des US-Sanktionsregimes gegen den Iran, Anm. d. Red.) haben wir überhaupt kein Öl aus dem Iran importiert”, zitiert die Zeitung Sözcü Pamir.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Commerzbank-Aktie profitiert von starkem Jahresauftakt - und nun?
09.05.2025

Die Commerzbank-Aktie hat zum Start in den Börsenhandel am Freitag leicht zugelegt. Das deutsche Geldhaus überraschte mit einem...

DWN
Politik
Politik Zweite Kanzlerreise: Erwartungen an Merz in Brüssel steigen
09.05.2025

Nur drei Tage nach seinem Amtsantritt ist Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) zu seiner zweiten Kanzlerreise aufgebrochen – Ziel ist...

DWN
Technologie
Technologie Meta trainiert KI mit Ihren Daten – ohne Ihre Zustimmung. So stoppen Sie das jetzt!
09.05.2025

Ab dem 27. Mai analysiert Meta öffentlich sichtbare Inhalte von Facebook- und Instagram-Nutzern in Europa – zur Schulung seiner...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Silicon Valley wankt: Zölle, Zoff und zerplatzte Tech-Träume
08.05.2025

Während Europa auf seine Rezession zusteuert und China seine Wirtschaft auf staatlicher Kommandobasis stabilisiert, gibt es auch im sonst...

DWN
Panorama
Panorama Verkehrswende: Ariadne-Verkehrswendemonitor zeigt Entwicklung auf
08.05.2025

Wie sich die Verkehrswende in Deutschland aktuell entwickelt, ist nun auf einer neuen Onlineplattform des Potsdam-Instituts für...

DWN
Finanzen
Finanzen Inflation bewältigen: 7 Strategien für finanzielle Stabilität, weniger Belastung und einen nachhaltigeren Lebensstil
08.05.2025

Wer die eigenen Ausgaben kennt, kann gezielt handeln. So behalten Sie die Kontrolle über Ihr Geld. Mit Budgetplanung und klugem Konsum...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Maschinenbau: Bedeuten die Trump-Zölle das Ende einer deutschen Schlüsselindustrie?
08.05.2025

Der Maschinenbau befindet sich seit Jahren im Dauerkrisenmodus. Nun droht die fatale Zollpolitik des neuen US-Präsidenten Donald Trump zum...

DWN
Politik
Politik Anti-Trump-Plan: Halbe Milliarde Euro für Forschungsfreiheit in Europa
08.05.2025

Während US-Präsident Trump den Druck auf Hochschulen erhöht, setzt EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf gezielte Anreize...