Die zugrundeliegende Technik soll, vereinfacht gesagt, folgendermaßen funktionieren: Ein Teil des Kohlenstaubs, der im Hochofen als Reduktionsmittel eingesetzt wird, wird durch das Einblasen von Wasserstoff ersetzt. Erprobt werden soll das Prinzip zuerst an einem der vier Hochöfen des Thyssenkrupp-Stahlwerks in Duisburg. Den notwendigen Wasserstoff liefern soll der französische Gas-Produzent „Air Liquide“ mittels einer sechs Kilometer langen Pipeline, deren Bau in Kürze in Angriff genommen werden soll. In der Zwischenzeit soll der Wasserstoff mit Tanklastwagen angeliefert werden.
Bereits in zwei Jahren soll der Wasserstoff-Einsatz eine C02-Reduktion von 20 Prozent erzielen. Langfristig, das heißt bis zum Jahr 2050, peilt der Stahl-Konzern eine Reduktion von 80 Prozent an. Der Produktions-Chef von Thyssenkrupp Steel Europe, Arnd Köfler, spricht in diesem Zusammenhang von einem „langen und kostenintensiven Prozess“. Er könne in den nächsten 30 Jahren Investitionen in Höhe von zehn Milliarden Euro erfordern. Für das neue Produktionsverfahren fand Finanz-Vorstand Premal Desai folgende Worte: „Das ist eine Operation am offenen Herzen.“ Köfler wies darauf hin, dass es sich bei dem Verfahren um ein „Novum“ handle, das „so in der Industrie noch nicht umgesetzt worden“ sei.
Immer mehr Stahl-Konzerne sind in Zeiten zunehmend härterer Umweltauflagen bestrebt, ihre Produktion umweltfreundlicher zu machen. So hat beispielsweise die Salzgitter AG angekündigt, den CO2-Ausstoß bei der Stahl-Herstellung um 95 Prozent zu senken.
Die Stahlproduktion hat für die deutsche Wirtschaft zwar nicht mehr die Bedeutung früherer Zeiten, ist aber immer noch ein wichtiger Faktor. Nach Angaben der „Wirtschaftsvereinigung Stahl“ - dem Zusammenschluss der Unternehmer der Stahlindustrie - betrug der Umsatz der deutschen Stahlindustrie im Jahr 2017 über 42 Milliarden Euro. Deutschland ist mit einer Menge von 42,1 Millionen Tonnen Rohstahl das siebtgrößte Erzeuger-Land der Welt (den ersten Rang nimmt China ein, aus dessen Hochöfen circa die Hälfte der weltweit rund 1,6 Milliarden Tonnen Rohstahl kommt). Viele Marktbeobachter sehen die Stahlproduktion als systemrelevant für die Bundesrepublik an.
In diesem Zusammenhang nannte der Wirtschafts-Minister von Nordrhein-Westfalen, Andreas Pinkwart, Thyssenkrupps CO2-Reduktions-Projekt einen „wichtigen Schritt in Richtung einer klimaneutralen Industrie“. Und weiter: „Um ambitionierten Klimaschutz mit einer auch in Zukunft global wettbewerbsfähigen Industrie zu erreichen, muss es Innovationen bei industriellen und energie-intensiven Prozessen wie der Stahlherstellung geben.“