Politik

Analyst: Merkel wird Eurobonds nach der Wahl zustimmen

Nach dem Vorschlag von George Soros, Eurobonds auch ohne Deutschland einzuführen, erwarten Beobachter, dass Angela Merkel nur auf Zeit spielt: Die Kanzlerin fürchtet einen Euro-Austritt und könnte nach der Wahl zähneknirschend der Vergemeinschaftung der Schulden in Europa zustimmen.
10.04.2013 11:20
Lesezeit: 1 min

George Soros hat das Thema Eurobonds wieder in die Diskussion geworfen. Seine Haltung: Deutschland müsse Eurobonds akzeptieren oder aus dem Euro austreten (hier). Vor allem beklagt Soros, dass Angela Merkel nicht bereit sei, über das Thema nachzudenken.

Es sei allerdings nur „eine Frage der Zeit, bis Merkel ihre Taktik ändert und Eurobonds einführt“, sagte Jeremy Warner, Analyst beim Londoner Daily Telegraph. Warner gilt als einer der angesehendsten Finanz-Kommentatoren der City.

Durch ihre Einführung würden die Schulden in Europa gleichmäßig auf alle Mitgliedstaaten verteilt. Der Euro könne als Währung nicht überleben, solange es keine voll ausgeprägte Bankenunion mit gemeinsamen Rücklagen, Absicherungen und einem Mindestmaß an gemeinsamen Schulden gebe, sagte Warner.

Zu Beginn einer neuen Legislaturperiode wagen Regierungen mehr und machen nicht selten das genaue Gegenteil von dem, was sie vor ihrer Wahl versprochen haben. Mit Wahlgeschenken, wie außerplanmäßigen Finanzspritzen für die Krankenhäuser (mehr hier) oder Versprechen einer Reform der Ausbildungsförderung (hier) wird die Wählerschaft gefügig gemacht. Die CSU hat sogar in Erwägung gezogen, die Eigenheimzulage wieder einführen zu wollen (hier).

Sollte es nach den Bundestagswahlen im September zu einer großen Koalition aus CDU und SPD kommen, könnte ein Großprojekt, wie die Vergemeinschaftung der europäischen Schulden durch Eurobonds, angegangen werden. Eine Zwei-Drittel-Mehrheit für die notwendigen Änderungen der Verfassung ist dann ebenfalls kein Problem mehr. Und die Grünen haben ohnehin schon längst gesagt, dass es mit der Vergemeinschaftung der Schulden gar nicht schnell genug gehen kann.

Ohne eine grundlegende Reform werde der Euro nicht überleben, sagte Warner. Das politische Erbe Merkels stehe auf dem Spiel: Die Bewältigung der Schuldenkrise. Wenn diese Herkulesaufgabe eine ähnliche Bedeutung für Merkel hat wie die deutsche Wiedervereinigung für ihren Ziehvater, Helmut Kohl, dann wird es in Deutschland nach den Wahlen einen Richtungswechsel geben.

 

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bundesbank: Deutsche Exportwirtschaft verliert deutlich an globaler Stärke
14.07.2025

Die deutsche Exportwirtschaft steht laut einer aktuellen Analyse der Bundesbank zunehmend unter Druck. Branchen wie Maschinenbau, Chemie...

DWN
Immobilien
Immobilien Gebäudeenergiegesetz: Milliardenprojekt für 1,4 Billionen Euro – hohe Belastung, unklare Wirkung, politisches Chaos
14.07.2025

Die kommende Gebäudesanierung in Deutschland kostet laut Studie rund 1,4 Billionen Euro. Ziel ist eine Reduktion der CO₂-Emissionen im...

DWN
Politik
Politik EU plant 18. Sanktionspaket gegen Russland: Ölpreisobergrenze im Visier
14.07.2025

Die EU verschärft den Druck auf Moskau – mit einer neuen Preisgrenze für russisches Öl. Doch wirkt die Maßnahme überhaupt? Und was...

DWN
Technologie
Technologie Datenschutzstreit um DeepSeek: Deutschland will China-KI aus App-Stores verbannen
14.07.2025

Die chinesische KI-App DeepSeek steht in Deutschland unter Druck. Wegen schwerwiegender Datenschutzbedenken fordert die...

DWN
Finanzen
Finanzen S&P 500 unter Druck – Sommerkrise nicht ausgeschlossen
14.07.2025

Donald Trump droht mit neuen Zöllen, Analysten warnen vor einer Sommerkrise – und die Prognosen für den S&P 500 könnten nicht...

DWN
Politik
Politik Wenn der Staat lahmt: Warum die Demokratie leidet
14.07.2025

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier warnt eindringlich vor den Folgen staatlicher Handlungsunfähigkeit. Ob kaputte Brücken,...

DWN
Politik
Politik Fluchtgrund Gewalt: Neue Angriffe in Syrien verstärken Ruf nach Schutz
14.07.2025

Trotz Versprechen auf nationale Einheit eskaliert in Syrien erneut die Gewalt. Im Süden des Landes kommt es zu schweren Zusammenstößen...

DWN
Finanzen
Finanzen Altersarmut nach 45 Beitragsjahren: Jeder Vierte bekommt weniger als 1300 Euro Rente
14.07.2025

Auch wer sein Leben lang gearbeitet hat, kann oft nicht von seiner Rente leben. Dabei gibt es enorme regionale Unterschiede und ein starkes...