Politik
Interesse ist da, aber Kapital fehlt

Chinesische Investoren ziehen sich auf breiter Front aus Deutschland zurück

China hat seine Investitionen und Übernahmen in Europa deutlich zurückgefahren. Besonders stark ist Deutschland betroffen, wo man beinahe von einer Flucht der Investoren aus Fernost sprechen könnte.
16.08.2019 11:58
Lesezeit: 1 min

Anzahl und vor allem Wert der chinesischen Übernahmen sind laut einer Studie der Unternehmensberatung "Ernst & Young" (EY) in Europa im ersten Halbjahr 2019 erheblich zurückgegangen. Gab es im Vergleichszeitraum 2018 noch 112 Übernahmen, waren es im ersten Halbjahr 2019 noch 81, ein Rückgang von 28 Prozent. Noch weitaus drastischer stellen sich die Zahlen in punkto Wert-Volumen dar: Betrug dieses im ersten Halbjahr 2018 noch 15,3 Milliarden Euro, waren es im ersten Halbjahr 2019 nur noch 2,4 Milliarden Euro - ein Rückgang von 84 Prozent.

Besonders massiv gingen die chinesischen Aktivitäten in Deutschland zurück: Im ersten Halbjahr 2018 tätigten die Investoren aus der Volksrepublik noch 25 Übernahmen - im ersten Halbjahr dieses Jahres waren es nur noch elf (ein Rückgang von 56 Prozent). Noch viel extremer ist allerdings der Rückgang des Volumens: Im ersten Halbjahr 2018 betrug dieses 10,1 Milliarden Dollar - im ersten Halbjahr 2019 gerade einmal 0,5 Milliarden Dollar (ein Rückgang von 95 Prozent).

Aufschlussreich ist auch, sich den Durchschnittswert einer Übernahme zu vergegenwärtigen: Im ersten Halbjahr 2018 waren es circa 400 Millionen Dollar pro Übernahme, im ersten Halbjahr 2019 waren es rund 45 Millionen Dollar. Es ist bemerkenswert: Eine einzige Übernahme im ersten Halbjahr 2018 hatte fast das gleiche Volumen, wie fast alle elf Übernahmen im ersten Halbjahr 2019 zusammen (400 versus 500 Millionen Dollar). Welch geringes Volumen einige der elf Transaktionen im ersten Halbjahr dieses Jahres aufwiesen, wird nicht zuletzt daran deutlich, dass auf den Kauf mit dem größten Volumen - die 136-Milionen-Euro-Übernahme einzelner Geschäftsbereiche des Osnabrücker Kupfer-Produzenten „KME Germany“ - mehr als ein Viertel des Gesamtvolumens entfiel.

Die Zurückhaltung der chinesischen Investoren erklärt die Leiterin des China- Bereichs bei EY Deutschland, Yi Sun, folgendermaßen: „Der Hauptgrund … ist die Situation auf dem chinesischen Heimatmarkt: Die konjunkturelle Lage in China ist schwierig, die Unsicherheit groß, nicht zuletzt aufgrund des US-chinesischen Handelskonflikts.“

Auf mangelnde Angebote lässt sich die Kaufzurückhaltung der Chinesen also eher nicht zurückführen. Das Interesse chinesischer Unternehmen an europäischen Firmen sei „grundsätzlich immer noch groß“, heißt es bei EY dann auch. Sun prognostiziert: „Wenn sich die Konjunktur erholt und der Handelskonflikt zwischen den USA und China beigelegt wird, werden wir auch wieder eine deutliche Zunahme bei den Transaktions-Aktivitäten sehen.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Immer mehr Arbeitsplätze wandern ins Ausland ab: Wirtschaftsstandort Deutschland wackelt
27.11.2025

Hohe Preise für Energie, belastende Lohnnebenkosten, eine ausufernde Bürokratie und politische Vorgaben des Staates: Immer mehr Firmen...

DWN
Finanzen
Finanzen Microsoft-Aktie im Fokus: Rekordinvestitionen in Cloud und KI stärken das Wachstum
27.11.2025

Microsoft setzt mit massiven Investitionen in Cloud-Infrastruktur und künstliche Intelligenz auf Wachstum und Innovation. Können diese...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bundespräsident Steinmeier: Europa muss Potenzial als Wirtschaftsmacht ausschöpfen
27.11.2025

Krieg, Machtverschiebungen und zähe Entscheidungen in der EU belasten die Wirtschaftsmacht Europa. Auf dem Wirtschaftsforum in Madrid...

DWN
Finanzen
Finanzen Novo Nordisk-Aktie: Kursrückgang nach enttäuschenden Studien – trotz positivem Analystenkommentar
27.11.2025

Die Novo Nordisk-Aktie steht seit vielen Monaten unter Druck. Auch im Donnerstaghandel an der Frankfurter Börse verbucht die Novo...

DWN
Panorama
Panorama Rabattschlacht: Warum Fake-Shops am Black Friday besonders riskant sind – und wie Sie sie erkennen
27.11.2025

Der Black Friday lockt mit Rekordrabatten – doch zwischen echten Deals verstecken sich zunehmend Fake-Shops. Professionell gestaltet und...

DWN
Immobilien
Immobilien EH-55-Förderung kehrt zurück: Was Bauherren ab Dezember beachten müssen
27.11.2025

Ab Mitte Dezember fließt wieder Geld für Neubauten im EH-55-Standard. Die KfW öffnet ein bekanntes Förderfenster – doch nur unter...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neue EU-Regeln: Mehr Bargeld im Supermarkt und besserer Schutz vor Online-Betrug
27.11.2025

Die Europäische Union stellt Zahlungsdienste auf den Prüfstand: Neue EU-Regeln sollen Kunden besser schützen und den Alltag erleichtern....

DWN
Finanzen
Finanzen Wacker Chemie-Aktie steigt: Anleger honorieren Stellenabbau und Sparanstrengungen
27.11.2025

Wacker Chemie zieht angesichts der anhaltenden Branchenflaute die Reißleine und legt ein Sparpaket auf. Mehr als 1.500 Jobs stehen...