Politik

Istanbul: Proteste gegen Erdoğan erneut aufgeflammt

Lesezeit: 2 min
03.06.2013 02:12
Die Unruhen in der Türkei sind nach einer kurzen Pause am Sonntag erneut aufgeflammt. Der Protest richtet sich gegen die Regierung, für kommende Woche sind weitere Groß-Demonstrationen angekündigt.
Istanbul: Proteste gegen Erdoğan erneut aufgeflammt

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Türkei  

Trotz der Zusage der Regierung, das umstrittene Einkaufszentrum im Gezi Park von Istanbul nicht bauen zu wollen, kamen am Sonntag erneut tausende Demonstranten ins Stadt-Zentrum, um ihrem Unmut über die Regierung Erdoğan Ausdruck zu verleihen. Mit provisorischen Barrikaden am Eingang des Platzes, der eine große symbolische Bedeutung für die linken politischen Parteien der Türkei und Arbeiterbewegung hat, demonstrierten sie ihre Entschlossenheit.

Erdoğan: Demonstranten unterwandern Demokratie

Obschon die Lage in Istanbul überwiegend friedlich und insgesamt ruhiger als an den Vortagen gewesen sein soll, wurden stellenweise erneut Ausschreitungen verzeichnet. Am Taksim-Platz seien sogar kleine Musik-Konzerte gegeben worden, wie BBC berichtet. Mehrmals wurden die Demonstranten aufgerufen, friedlich zu bleiben. Auch eine offensichtliche Polizeipräsenz habe es nicht gegeben.

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Insgesamt sieht es derzeit nicht danach aus, dass sich die Proteste schnell auflösen werden. „Wir werden bis zum Ende bleiben“, so einer der Demonstranten. „Wir haben genug von dieser repressiven Regierung“, sagt er der BBC.

Tränengaseinsatz: Aggressive Stimmung in Ankara

Auch in Ankara versammelten sich erneut mehr als 1.000 Demonstranten am Kizilay-Platz. Hier gingen die Sicherheitskräfte aggressiver vor und nutzten Tränengas sowie Wasserwerfer, als die Menge versucht habe, in Richtung des Ministerpräsidiums zu laufen. Am Abend der Riesenschreck: Ein Auto rast in die Menschenmenge. Der Fahrer gab an, in Panik geraten zu sein, als Demonstranten versucht hätten sein Fahrzeug anzugreifen.

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Trotz des gestrigen Zugeständnisses von Recep Tayyip Erdoğan, wohl doch zu hart gegen die Bürger vorgegangen zu sein, schlug er in einem Interview nun wieder eine härtere Tonart an. Die Demonstranten, so seine Sicht, würden versuchen, die Demokratie zu unterwandern. Auch die Opposition trage seiner Ansicht nach Mitschuld an der jetzigen Situation. Sie würde, so Erdoğan, den aktuellen Ärger ausnutzen, um weitere Spannungen zu erzeugen. „Sie nehmen sich Pflastersteine und zerschlagen die Fenster von Geschäften. Ist das Demokratie?“, so der Premier. Die sozialen Netzwerke seien seiner Meinung nach ein „Fluch“, da auf diese Weise Lügen verbreitet würden, die die Proteste anheizen.

Bürgermeister von Istanbul hat Lektion gelernt

Indes musste der Istanbuler Oberbürgermeister Kadir Topbas einlenken. Er habe versäumt die Anwohner ausreichend über die Gezi-Park-Pläne zu informieren. „Wir haben unsere Lektion gelernt“ so Topbas (mehr hier). Die Wut der Bürger ist derzeit allerdings nicht auf die Pläne des Gezi-Parks, sondern vor allem auf das aggressive Vorgehen der Sicherheitskräfte zurückzuführen.

War am Vormittag noch von rund 1000 Verhafteten die Rede, spricht man nun von mehr als 1700 Festgenommenen, auf 235 Demonstrationen in 67 türkischen Städten. Viele von ihnen sollen sich schon wieder auf freiem Fuß befinden. Wie vielen allerdings der Prozess gemacht werden soll, ist derzeit nicht bekannt. Amnesty International zufolge wurden bisher zwei Personen getötet und 1.000 Menschen verletzt. Die Zahlen konnten derzeit nicht bestätigt werden.

In den Abendstunden haben sich vor dem Istanbuler-Gebäude des Fernsehsenders Habertürk eine Gruppe von Menschen zusammengefunden, um gegen das zuvor ausgestrahlte Erdoğan-Interview zu protestieren. „Tayyip komm raus!“ und „Wieviel hat er euch gezahlt?“ sollen sie den Angaben der Zeitung Radikal zufolge geschrien haben.

Zusammenstöße zwischen Polizei und Demonstranten soll es auch in den Städten İzmir, Antep, İzmit, Adana, Mersin, Konya, Kütahya, Eskişehir, Afyon und Tunceli gegeben haben, berichtet Evrensel.


Mehr zum Thema:  

DWN
Finanzen
Finanzen Ripple-XRP-Prognose 2025: Die aktuelle XRP-Kursentwicklung und was Anleger jetzt wissen sollten
15.01.2025

Der Ripple-Kurs, der lange Zeit von Unsicherheiten geprägt war, zeigt sich auch zu Beginn des Jahres 2025 relativ stabil - und legt...

DWN
Finanzen
Finanzen Steuern auf Rente: Steuervorteile und Grundfreibetrag - so hoch ist die Besteuerung 2025
15.01.2025

In Deutschland wird die Rente besteuert. Doch seit wann sind Rentner steuerpflichtig? Welcher Rentenfreibetrag gilt aktuell, welche...

DWN
Immobilien
Immobilien Zwangsversteigerungen 2024: Zahl stark gestiegen
15.01.2025

Deutlich mehr Immobilien zwangsversteigert: Die Wirtschaftskrise und steigende Zinsen hinterlassen Spuren, besonders bei Eigentümern. 2024...

DWN
Politik
Politik Wider den Hedonismus: Warum Wehrpflicht (und Zivildienst) Deutschland wieder auf Spur bringen
15.01.2025

Als Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), vom russischen Überfall auf die Ukraine richtig geschockt, die Zeitenwende für Deutschland ausrief,...

DWN
Technologie
Technologie Wie ehemalige IT-Nerds der russischen Suchmaschine Yandex den KI-Markt Europas aufmischen
14.01.2025

Russische IT-Nerds bauen in Amsterdam das KI-Unternehmen Nebius auf. Informatiker um den Yandex-Suchmaschinen-Gründer Arkadi Wolosch...

DWN
Finanzen
Finanzen Bafin-Girokonto-Vergleich: Alle Girokonten in Deutschland im Überblick
14.01.2025

Die Finanzaufsicht Bafin bringt Transparenz in den Kontomarkt: Mit dem neuen Bafin Kontenvergleich können Verbraucher alle Girokonten in...

DWN
Politik
Politik Russischer Außenminister Lawrow: "USA wollen nach Nord-Stream Gaspipeline TurkStream zerstören"
14.01.2025

Russlands Außenminister Lawrow beschuldigt die USA, mit ukrainischen Drohnenangriffen die Gasleitung TurkStream lahmlegen zu wollen....

DWN
Politik
Politik CDU-Heizungsgesetz: Wie die Union das Heizungsgesetz abschaffen will - und warum das schlecht wäre
14.01.2025

Das Habecksche Heizungsgesetz, offiziell Gebäudeenergiegesetz (GEG), gilt seit Januar 2024. Die CDU plant, das GEG bei einer möglichen...