Politik

Erpresst: Fiskus stiftete säumigen Steuerzahler zum Daten-Diebstahl an

Lesezeit: 2 min
30.06.2013 01:03
Ein Deutscher in Diensten einer Schweizer Bank wurde offenbar mit krimineller Energie vom Fiskus für den Diebstahl der Daten von anderen Deutschen geködert: Der Mann hatte Steuerschulden. Ein pensionierter Finanzbeamter signalisierte ihm, dass er seine Schulden durch den Diebstahl abtragen könne. Der Fiskus profitierte davon, dass ein Bürger in seinem Dienst zum Kriminellen wurde.
Erpresst: Fiskus stiftete säumigen Steuerzahler zum Daten-Diebstahl an

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die Schweiz hat Anklage gegen einen deutschen Computer-Experten erhoben, der Daten deutscher Kunden an das Bundesland Nordrhein-Westfalen verkauft haben soll.

Die Schweizer Bundesanwaltschaft hat vor dem eidgenössischen Bundesgericht in Bellinzona Anklage gegen Lutz O. erhoben. Der Vorwurf lautet auf Wirtschaftsspionage, berichtet die WAZ. Der IT-Spezialist soll 2011 als Angestellter der Zürcher Bank Julius Bär die Daten von 2.700 deutschen Kunden aus dem IT-System der Bank entwendet haben. Dann habe er die Kunden-Daten an die Steuerbehörden von NRW verkauft.

Nun stellt sich heraus: Der Deutsche wurde offenbar vom deutschen Fiskus erpresst. Er wurde zu der Tat angestiftet, weil er selbst hohe Steuerschulden hatte.

Der Deutsche O. ist geständig. Für seine Dienste erhielt er 1,1 Millionen Euro vom Land NRW. Auf der Grundlage der von O. gelieferten Informationen konnte die Oberfinanzdirektion Münster zahlreiche Verfahren gegen Steuer-Vermeider einleiten.

Es war ein pensionierter deutscher Steuerfahnder, der O. zum Datendiebstahl angeregt und das Geschäft organisiert habe, so die Schweizer Anklage. Laut Anklage bekam O. für den Datendiebstahl aber nur 200.000 Euro ausgezahlt. Den Rest leitete der Vermittler an deutsche Finanzämter zurück, weil O. bei diesen enorme Steuerschulden gehabt haben soll.

Damit hat der deutsche Fiskus einen doppelten Fang gemacht. Er kam an die Steuergelder des Verräters. Dieser lieferte seine Landsleute ans Messer - und der Fiskus kann sich über weitere Einnahmen freuen.

O. und der Datenvermittler haben auch versucht, die Daten holländischer Kunden an die Niederlande zu verkaufen. Auch dies sei „auf Anregung des deutschen Mittäters“ passiert, heißt es in der Anklage. 400.000 Euro sollten niederländischen Steuerbehörden für die Daten zahlen. Doch dieser Verkauf scheiterte, „weil die holländischen Steuerbehörden keine Steuerdaten aus anonymer Quelle kaufen wollten“, so die Berner Ankläger.

Der „pensionierte deutsche Steuerfahnder“ wird weiterhin per Haftbefehl gesucht. Deutschland hat wie im Fall des Datendiebstahls bei der Bank Credit Suisse im Jahr 2010 jede Zusammenarbeit mit den Schweizer Behörden abgelehnt. Die nordrhein-westfälischen Landesbehörden verweigern die Beantwortung Schweizer Rechtshilfeersuchen. Sie haben schon sieben Daten-CD's gekauft.

Tatsächlich zeigt die Tatsache, dass der Staat hier die Schwäche eines Bürgers (Steuerschulden) ausnützt, um ihn zu einer Straftat anzustiften, totalitäre Züge.

Das ist Erpressung.

Wolfgang Schäuble beweist mit seinem bockigen Beharren auf solchen Methoden, dass er den Boden der Rechtsstaatlichkeit längst verlassen hat.

Es ist bemerkenswert, dass die deutsche Öffentlichkeit offenbar bereits derart abgestumpft ist, dass sie eine kriminelle Handlung, wenn sie von der Staatsgewalt begangenen wird, nicht mehr als solche zu erkennen imstande ist.

Die Schweiz hat völlig recht, die Anstifter und Täter zu verfolgen.

Sie sollte in diesem Zusammenhang auch prüfen, wer im Bundesfinanzministerium von den kriminellen Aktionen gewusst hat.

 


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Konfliktlösung ohne Gericht: Verbraucherschlichtung als Chance für Ihr Business
27.04.2024

Verabschieden Sie sich von langwierigen Gerichtsverfahren! Mit dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) senken Sie Ihre Kosten,...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Krieg in der Ukraine: So ist die Lage
27.04.2024

Wegen Waffenknappheit setzt der ukrainische Präsident, Wolodymyr Selenskyj, auf Ausbau der heimischen Rüstungsindustrie, um sein Land...

DWN
Finanzen
Finanzen Hohes Shiller-KGV: Sind die Aktienmärkte überbewertet?
27.04.2024

Bestimmte Welt-Aktienmärkte sind derzeit sehr teuer. Diese sind auch in Indizes wie dem MSCI World hoch gewichtet. Manche Experten sehen...

DWN
Finanzen
Finanzen EM 2024 Ticketpreise explodieren: Die Hintergründe
27.04.2024

Fußball-Enthusiasten haben Grund zur Freude: Es besteht immer noch die Chance, Tickets für die EM 2024 zu erwerben. Allerdings handelt es...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Deutschland als Unternehmensstandort: Zwischen Herausforderungen und Chancen
27.04.2024

Trotz seines Rufes als europäischer Wirtschaftsmotor kämpft Deutschland mit einer Vielzahl von Standortnachteilen. Der Staat muss...

DWN
Immobilien
Immobilien Deutschlands herrenlose Häuser: Eine Chance für den Markt?
27.04.2024

Herrenlose Immobilien - ein kurioses Phänomen in Deutschland. Es handelt sich hier um Gebäude oder Grundstücke, die keinen...

DWN
Finanzen
Finanzen Reich werden an der Börse: Ist das realistisch?
27.04.2024

Viele Anleger wollen an der Börse vermögend werden. Doch ist das wahrscheinlich - oder wie wird man tatsächlich reich?

DWN
Politik
Politik DWN-Kommentar: Deutsche müssen über Abschiebungen diskutieren - mit aller Vorsicht
26.04.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...