Politik

Blamage: EU knickt im Solar-Streit mit China ein

Lesezeit: 2 min
28.07.2013 03:01
Peking hat sich gegen Brüssel durchgesetzt. Strafzölle gegen chinesische Solarprodukte wird es nur in Ausnahmefällen geben. Die Forderungen der europäischen Solarfirmen sind nicht erfüllt worden. Die Unternehmen laufen nun Sturm gegen Brüssel.
Blamage: EU knickt im Solar-Streit mit China ein

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die EU hat in allen wesentlichen Punkten nachgegeben und ihren Handelsstreit mit Peking über den Import chinesischer Solarimporte in die EU beigelegt. Dieser drohte, auf andere Industrien überzugreifen. Die Stimmung bleibt jedoch angespannt.

Der gefundene Kompromiss wird chinesischen Unternehmen erlauben, Solarprodukte im Umfang von 7 Gigawatt zu exportieren, ohne einen Einfuhrzoll zahlen zu müssen. Allerdings darf der Preis nicht unterhalb von 56 Cent pro Watt liegen, berichtet die FT. Produkte, die oberhalb dieser Quote oder unterhalb des Mindestpreises liegen, werden ab dem 6. August mit einem Einfuhrzoll von 47 Prozent belegt.

Der Mindestpreis war der größte Streitpunkt in den Verhandlungen. Mit 56 Cent pro Watt liegt er nun auf der aktuellen Höhe der chinesischen Produzenten und ist deutlich unterhalb der 80 Cent oder mehr, den die europäischen Solarunternehmen gefordert hatten.

Als diese Woche Detail der Einigung bekannt wurden, drohte ein Sprecher der europäischen Hersteller damit, die Einigung vor Gericht anzufechten. „Das ist quasi eine Absatzgarantie für China und ein Freibrief, weiter zu Dumpingpreisen zu verkaufen“, zitiert n-tv den Pro-Sun-Präsident Milan Nitzschke. Dies sei ein klarer Verstoß gegen das europäische Handelsrecht.

Handelskommissar Karel De Gucht sagte nach den zweimonatigen Verhandlungen mit den Chinesen: „Wir sind zuversichtlich, dass der Mindestpreis den europäischen Markt für Solarpanel stabilisieren und den Schaden, den das Preisdumping der europäischen zugefügt hat, aufheben wird.“ Man habe eine einvernehmliche Lösung gefunden, die zu einem neuen Gleichgewicht auf dem europäischen Markt für Solarpanel zu erträglichen Preisen führen werde.

Der sehr geringe Mindestpreis erklärt sich auch daraus, dass De Guchts Verhandlungsposition vor zwei Monaten stark geschwächt wurde. Unter der Führung Deutschlands hatte die Mehrheit der EU-Staaten Widerstand gegen Strafzölle auf chinesische Solar-Panels angekündigt (hier).

Die Einigung wird bis Ende 2015 gelten. Circa 90 chinesische Solarhersteller haben sie unterzeichnet. Diejenigen Unternehmen, die nicht unterzeichnen, werden die vollen Strafzölle zahlen müssen. Die Unternehmen zeigten sich empört über die weiche Haltung Brüssels und haben angekündigt, mit allen rechtlichen Mitteln gegen den Deal vorgehen zu wollen.

Der Handelsstreit war auf Bestreben einer Gruppe europäischer Solarunternehmen unter der Führung der deutschen Firma SolarWorld begonnen worden. Die chinesische Konkurrenz war innerhalb weniger Jahre so stark gewachsen, dass sie circa 80 Prozent des EU-Marktes bedienen konnte. Die EU ist der weltweit größte Markt für Solarpanel. Chinesische Solarfirmen lieferten 2011 Solarprodukte im Wert von 20 Milliarden Euro in die EU.

Der Streit war ein Machtkampf zwischen dem aufstrebenden China und der kriselnden EU. Ein Handelskrieg wurde befürchtet, nachdem China im Gegenzug ebenfalls Untersuchungen europäischer Wein- und Chemikalien-Importe startete (hier und hier). Zudem wurde eine Untersuchung der Importe europäischer Luxusautos nach China angedroht (hier).

Brüssel hatte gehofft, dass China seine Untersuchungen im Rahmen einer Einigung ebenfalls einstellt. Dies wurde jedoch am Samstag zunächst noch nicht bestätigt.

Die EU will ihre Untersuchungen illegaler Subventionen an chinesische Solarhersteller weiterführen. Peking hatte gehofft, dass diese im Rahmen der Einigung über die Strafzölle eingestellt werden. Zudem hat Kommissar De Gucht gedroht, eine Untersuchung chinesischer Ausrüstung für Telekommunikationsnetzwerke einzuleiten.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Konfliktlösung ohne Gericht: Verbraucherschlichtung als Chance für Ihr Business
27.04.2024

Verabschieden Sie sich von langwierigen Gerichtsverfahren! Mit dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) senken Sie Ihre Kosten,...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Krieg in der Ukraine: So ist die Lage
27.04.2024

Wegen Waffenknappheit setzt der ukrainische Präsident, Wolodymyr Selenskyj, auf Ausbau der heimischen Rüstungsindustrie, um sein Land...

DWN
Finanzen
Finanzen Hohes Shiller-KGV: Sind die Aktienmärkte überbewertet?
27.04.2024

Bestimmte Welt-Aktienmärkte sind derzeit sehr teuer. Diese sind auch in Indizes wie dem MSCI World hoch gewichtet. Manche Experten sehen...

DWN
Finanzen
Finanzen EM 2024 Ticketpreise explodieren: Die Hintergründe
27.04.2024

Fußball-Enthusiasten haben Grund zur Freude: Es besteht immer noch die Chance, Tickets für die EM 2024 zu erwerben. Allerdings handelt es...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Deutschland als Unternehmensstandort: Zwischen Herausforderungen und Chancen
27.04.2024

Trotz seines Rufes als europäischer Wirtschaftsmotor kämpft Deutschland mit einer Vielzahl von Standortnachteilen. Der Staat muss...

DWN
Immobilien
Immobilien Deutschlands herrenlose Häuser: Eine Chance für den Markt?
27.04.2024

Herrenlose Immobilien - ein kurioses Phänomen in Deutschland. Es handelt sich hier um Gebäude oder Grundstücke, die keinen...

DWN
Finanzen
Finanzen Reich werden an der Börse: Ist das realistisch?
27.04.2024

Viele Anleger wollen an der Börse vermögend werden. Doch ist das wahrscheinlich - oder wie wird man tatsächlich reich?

DWN
Politik
Politik DWN-Kommentar: Deutsche müssen über Abschiebungen diskutieren - mit aller Vorsicht
26.04.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...