Der italienische Präsident Giorgio Napolitano hat Forderungen von Abgeordneten zurückgewiesen, den früheren Premier Silvio Berlusconi zu begnadigen. Dieser ist kürzlich in letzter Instanz wegen Steuerbetrug verurteilt worden.
Das oberste italienische Gericht hatte Berlusconis Einsprüche endgültig zurückgewiesen und ihn zu einer Haftstrafe von einem Jahr verurteilt. Abgeordnete von Berlusconis PDL hatten den Staatspräsidenten darum gebeten, einzuschreiten. Sie drohten sogar, aus Protest gegen das Urteil zurückzutreten.
Die PDL-Abgeordneten riefen Napolitano dazu auf, Berlusconi zu begnadigen. Doch der Präsident sagte in einer Mitteilung, eine endgültige Entscheidung müsse man akzeptieren. Auch im Fall Berlusconi.
Die PDL ist die zweitstärkste Kraft in der aktuellen Koalitionsregierung. Die stärkste Kraft ist die sozialistische PD von Premier Enrico Letta. Guglielmo Epifani, seit Mai Chef der PD, unterstütze den Staatspräsidenten. Napolitano habe „vor dem Hintergrund des unberechtigten Drucks eine notwendige Erklärung abgegeben“.
Napolitano forderte Berlusconis Verbündete auf, die Regierung von Premier Lettas weiter zu unterstützen. „Ich bin mir der Risiken bewusst, die aus den politischen Spannungen hervorgehen können.“ Doch eine Regierungskrise nach nur 100 Tagen im Amt wäre fatal, so der 88-Jährige. Berlusconi droht auch der Ausschluss aus dem Senat, dem er seit März angehört.
Es ist unwahrscheinlich, dass der Medien-Mogul auch nur einen Tag ins Gefängnis muss. Denn Italien bemüht sich, die Zahl seiner Gefängnis-Insassen zu verringern. Zudem sind die Gerichte traditionell gnädig gestimmt, wenn die Verurteilten das Alter von 70 Jahren überschritten haben. Berlusconi ist 76 Jahre alt. Wenn überhaupt, wird er Hausarrest erhalten.
Und für den Fall der Fälle hat der 88-jährige Präsident eine Hintertür für Berlusconi offengehalten. Es gebe bisher kein offizielles Gnadengesuch, so Napolitano. Berlusconis Begnadigung scheint also noch nicht ganz vom Tisch zu sein.