Mario Monti hat es schwer. Mit großer Eloquenz hat der Goldman Sachs-Banker in den vergangenen Monaten versucht, den Märkten Italien als Perle zu verkaufen, deren Wert in nichts einem schillerden CDO nachsteht (CDO: gut verschnürtes Schulden-Bündel, von dem niemand weiß, was drinnen ist; bekanntes Beispiel: die amerikanischen Schrott-Kredite). Monti versuchte sich als europäischer Moderator, diente sich Angela Merkel als Berater, Nicolas Sarkozy als Verbündeten und Francois Hollande als Freund an. Er sprach viel von Europa, Eurobonds, der Weltwirtschaft. Er sprach wenig über Italien. Und er sprach in letzter Zeit überhaupt nicht mehr von Reformen in Italien, weil nämlich sogar die Blindesten die EU-Kommission erkannt hatte, dass es in Italien alles gab, bloss keine Reformen.
Eine Reförmchen sollen jedoch nicht verschwiegen werden: Am Freitag hat das Kabinett in Rom neue Dringlichkeitsmaßnahmen in Höhe von 80 Milliarden Euro gebilligt, um das wirtschaftliche Wachstum anzukurbeln und die Verschulden zu verringern. Zu den Maßnahmen zählen die Privatisierung von Staatseigentum, das Emittieren von speziellen Infrastrukturbonds (die Jens Weidmann für unnötig erachtet – hier) sowie die Reduzierung der Mitarbeiter im Kabinett und im Finanzministerium. Darüber hinaus soll es für Unternehmen einfacher gemacht werden, Konkursanträge zu stellen und ihre Unternehmensschulden umzustrukturieren. Auch Aussetzungen für Baufirmen, die hart von der Krise getroffen worden sind, sind vorgesehen. Aber im Vergleich zu den tatsächlichen Gefahren für Italien sind das alles Peanuts.
Denn seit dem Spanien Bailout zählen wieder die harten Fakten. Und die sind gar nicht gut: Die Rendite für italienische Staatsanleihen zog in den vergangenen Tagen stark an (hier)– die Investoren fürchten eine Ansteckung des Landes, nachdem Spanien bereits um ein Rettungspaket für seine Banken gefragt hat. Es ist also keine Überraschung, dass Mario Monti nun auch in Italien mit immer größerer Skepsis betrachtet wird.
Eine am Freitag veröffentlichte Umfrage zeigt, dass nur mehr 33 Prozent der Italiener mit der Arbeit des Premiers einverstanden sind – zu Beginn seiner Amtszeit erhielt er 71 Prozent Zustimmung. Im Gegenzug erhält ausgerechnet die Protestbewegung „Fünf Sterne“ um den Komiker Beppo Grillo zunehmend mehr Rückhalt (seine Partei konnte bei den Kommunalwahlen punkten – hier). Mit 21 Prozent wäre die Protestbewegung immerhin zweitstärkste Partei im Parlament, wenn am Sonntag neu gewählt werden würde. Mit 24 Prozent würden die Demokraten als stärkste Partei hervorgehen. Das Problem für Monti ist weniger, dass seine persönliche Eitelkeit gekränkt werden könnte. Sein reales Problem besteht darin, dass die Parteien, die ihn ins Amt gehievt haben, nun weniger als 50 Prozent der Stimmen haben. Statt dessen erhalten jene Parteien Zulauf, die den Wählern versprechen, ohne Sparprogramme ginge alles viel besser.
Die Entwicklung zeigt dass es für Mario Monti in Zukunft immer schwieriger werden wird, seine Reformen durchzusetzen. Der wirtschaftspolitische Sprecher der Mitte-Links-Partei PD hatte Anfang Juni sogar vorgezogenen Neuwahlen verlangt (hier).
Für Monti könnten Neuwahlen übrigens der Königsweg sein: In Griechenland wird gerade darüber diskutiert, ob die EU nicht vielleicht wieder Lucas Papademos einwechseln könnte - wegen der zu erwartenden unklaren Mehrheitsverhältnisse (mehr zu den Planspielen - hier).
Vielleicht sollte Monti tatsächlich Neuwahlen ansetzen - um sich dann, während sich die italienischen Parteien zerfleischen, als Retter rufen zu lassen. Europa kann sicher sein: Monti II wäre eine glanzvolle Epoche, in der dank des ESM Italien Milch und Honig für Italien aus deutscher Produktion fließen - unkündbar und unwiderruflich, wie es der Deutsche Bundestag in wenigen Wochen beschließen wird.