Deutschland

Helikopterkauf: Neue Vorwürfe gegen de Maizière

Lesezeit: 2 min
26.08.2013 11:34
Erneut steht Verteidigungsminister de Maizière wegen Steuerverschwendung in Milliardenhöhe in der Kritik. Er plane heimlich die Anschaffung von Hubschraubern, die zudem ungeeignet seien. Die SPD spricht von einem „abgekarteten Spiel mit der Rüstungsindustrie“.
Helikopterkauf: Neue Vorwürfe gegen de Maizière

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Nach der Affäre um die Spionage-Drohne Euro-Hawk gibt es neue Vorwürfe gegen Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU). Sein Ministerium plant, 18 Hubschrauber vom Typ NH90 zu kaufen – ohne Ausschreibung und am Parlament vorbei.

Nach einem unter Verschluss gehaltenen Bericht der Bundeswehr ist der europäische Helikopter NH90 als „mehrrollenfähiger Hubschrauber“ in der Marine ungeeignet, berichtet die FAZ. Trotzdem plant das Verteidigungsministerium 18 Helikopter des Typs NH90 in der Version „NFH NGEN Sea Lion“ im Wert von 915 Millionen Euro für die deutschen Seestreitkräfte anzuschaffen.

Diese Hubschrauber werden vom deutsch-französisch-spanischen Luftfahrtunternehmen Eurocopter hergestellt. Die Marine hatte hingegen die Beschaffung eines Hubschraubers der amerikanischen Firma Sikorsky empfohlen.

Das Bieterverfahren wurde Ende Oktober 2011 vom Verteidigungsministerium aufgehoben, weil die erforderlichen Haushaltsmittel nicht zur Verfügung stünden. Im März dieses Jahres vergab das Ministerium den Auftrag über die Marinehubschrauber dann an Eurocopter – ohne neue Ausschreibung.

Dabei wurden Forderungen des Verteidigungsausschusses, das Vorhaben zunächst im Parlament zu beraten, von de Maizière übergangen. Mit der Koalitionsmehrheit genehmigte der Haushaltsausschuss Ende Juni die Auftragsvergabe. Marineoffiziere schätzen, dass es mit dem Kauf der „Sea Lion“ zu Folgekosten von 2,75 Milliarden Euro käme.

SPD-Verteidigungsfachmann Hans-Peter Bartels warf Verteidigungsminister de Maizière ein „abgekartetes Spiel mit der Rüstungsindustrie zu Lasten der operationellen Einsatzfähigkeit der Marine“ vor. Der Bundesrechnungshof rügte de Maizières Vorgehen als wettbewerbswidrig. Er verhindere, „dass andere Unternehmen die Möglichkeit zur Teilnahme an einem Vergabeverfahren“ hätten.

Das Verteidigungsministerium weist die Kritik zurück. Es bestehe keine Verpflichtung zur Ausschreibung. Darüber hinaus werde der Hubschrauber so gebaut, dass er „auch die Fähigkeiten für Unter- und Überwassereinsätze erfüllt“. Der NH90 in der Marineversion besitze „erhebliches Aufwuchspotenzial bei Einsätzen in der Seeraumüberwachung“, so das Ministerium.

Seit Jahren steigen Wartungsaufwand und Kosten für die beiden derzeit betriebenen Hubschraubertypen Sea King und Sea Lynx, weil sich ihre Lebensdauer dem Ende nähert. Als Nachfolgemodell favorisierte die Marine bislang eine deutsche Lizenzfertigung des von Sikorsky entwickelten CH-148 Cyclone. Dieser Hubschrauber weise „im Vergleich mit dem NH90 fast doppelt so hohe operative Nutzwerte“ auf, so ein interner Marine-Bericht.

Die Bestellung des NH90 ist Teil einer Vereinbarung, die das Verteidigungsministerium und Eurocopter am 15. März 2013 getroffen haben. Danach soll die Zahl der langfristig für das Heer bestellten Hubschrauber Tiger und NH90 von 202 auf 139 deutlich reduziert werden. Zugleich hat sich das Verteidigungsministerium aber dazu verpflichtet, zusätzlich 18 zum Sea Lion umgebaute NH90 für die Marine zu kaufen.

Während diese neuen Vorwürfe gegen de Maizière erhoben werden, endet heute der Untersuchungsausschuss in der Euro-Hawk-Affäre. Der Rechnungshof hatte kritisiert, dass der Verteidigungsminister sich früher und intensiver mit dem Projekt hätte auseinandersetzen müssen. Schon 2009 waren die Zulassungsprobleme bekannt– das Milliardenprojekt hätte viel früher eingestellt werden müssen (mehr hier).


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft OWZE-Prognose 2024: Minimales Wirtschaftswachstum für Deutschland erwartet
02.05.2024

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OWZE) geht von einem minimalen Wirtschaftswachstum für Deutschland...

DWN
Finanzen
Finanzen Deutschland im Investitionstief: Rückgang setzt Wirtschaft unter Druck
02.05.2024

Deutschlands Attraktivität für ausländische Investitionen schwindet weiter: 2023 markiert den niedrigsten Stand seit 2013. Manche...

DWN
Politik
Politik 1.-Mai-Demonstrationen: Gewerkschaften fordern dringend Gerechtigkeit
02.05.2024

Am Tag der Arbeit kämpfen Gewerkschaften für bessere Arbeitsbedingungen. Ihre Spitzenvertreter betonten die Notwendigkeit von...

DWN
Politik
Politik Militärhistoriker Lothar Schröter im DWN-Interview: Die Folgen des Massenmords von Odessa 2014
02.05.2024

Der Militärhistoriker Lothar Schröter ordnet im DWN-Interview den Massenmord in Odessa vom 2. Mai 2014 ein. Dabei geht er auch auf die...

DWN
Politik
Politik DWN-Interview: Ukraine-Krieg - Zehn Jahre nach dem Massenmord von Odessa
02.05.2024

Am 2. Mai 2014 ist es in der ukrainischen Stadt Odessa zu einem Massenmord gekommen, bei dem fast fünfzig Menschen qualvoll ums Leben...

DWN
Technologie
Technologie Infineon vor herausforderndem Quartal: Augenmerk auf Zukunftsaussichten
02.05.2024

Der Chiphersteller Infineon sieht schwieriges Quartal voraus, mit moderaten Rückgängen und angespanntem Automobilmarkt. Wie geht es...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin als Geldanlage: „Das ist gleichzusetzen mit einem Besuch im Casino“
02.05.2024

Bitcoin entzweit trotz neuer Kursrekorde die Anlegergemeinschaft. Die einen halten große Stücke auf den Coin, die anderen sind kritisch....

DWN
Immobilien
Immobilien Balkonkraftwerk mit Speicher: Solarpaket könnte Boom auslösen - lohnt sich der Einbau?
01.05.2024

Balkonkraftwerke aus Steckersolargeräten werden immer beliebter in Deutschland. Insgesamt gibt es aktuell über 400.000 dieser sogenannten...