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Der Autozulieferer und Reifenhersteller Continental will sich mit einem weitreichenden Abbauprogramm gegen die aufziehende Krise bei den Autozulieferern stemmen. Bis Ende 2023 seien weltweit 15 000 Stellen von Veränderungen betroffen, davon 5000 in Deutschland, teilte der Dax-Konzern am Mittwoch nach einer Aufsichtsratssitzung in Hannover mit. Bis 2029 dürften weltweit sogar 20 000 Stellen betroffen sein - also bis zu 7.000 Stellen der rund 62.000 Arbeitsplätze in Deutschland. Damit und über mögliche Teilverkäufe will Conti die jährlichen Bruttokosten ab 2023 um rund 500 Millionen Euro senken. Der kriselnde Zulieferer Continental legt ein Sanierungsprogramm auf, von dem etwa ein Zehntel der weltweit rund 244.000 Arbeitsplätze betroffen ist.
Die geplanten Veränderungen reichten von Stellenabbau über Verlagerungen innerhalb des Konzerns bis hin zum möglichen Verkauf von Geschäftsteilen. Ein Werk in den USA mit 650 Mitarbeitern und ein Standort in Malaysia mit 270 Beschäftigten sollen dichtgemacht werden. Über weitere Projekte werde noch verhandelt. Die Höhe des Stellenabbaus bezifferte der Konzern nicht. Dies hänge von den nun beginnenden Verhandlungen mit den Arbeitnehmervertretungen an den einzelnen Standorten ab, sagte ein Sprecher. Die Kosten sollen durch den Umbau ab 2023 jährlich um eine halbe Milliarde Euro sinken. Gleichzeitig will Conti in Wachstumsfeldern wie der Elektromobilität weiter wachsen und Personal einstellen.
Die Arbeitnehmervertretung lehnt den geplanten Personalabbau strikt ab. "Ich verurteile die Planungen des Vorstands auf das Schärfste!", erklärte Konzernbetriebsratschef Hasan Allak. Er warf Conti Managementfehler aus der Vergangenheit vor, für die die Mitarbeiter nun die Zeche zahlen sollten. Die IG Metall teilte mit, die Arbeitnehmer im Aufsichtsrat hätten einer Schließung von Standorten in Deutschland nicht zugestimmt, sondern lediglich einer ergebnisoffenen Prüfung. "Den vom Vorstand geplanten gravierenden Stellenabbau werden sie nicht akzeptieren", erklärte Christiane Benner, IG-Metall-Vize und stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende von Conti. Die Mitarbeiter müssten für den Wandel qualifiziert werden und berufliche Chancen erhalten. Statt reflexhaft auf Entlassungen zu setzen, solle Continental lieber die Möglichkeiten des internen Arbeitsmarktes nutzen, forderte auch Francesco Grioli vom Hauptvorstand der IG BCE, ebenfalls Mitglied im Aufsichtsrat. Ganz sperren wollen sich die Gewerkschaften dem Schwenk allerdings nicht. Der Betriebsrat fordert, dass an den Standorten unverzüglich Verhandlungen mit den Arbeitnehmervertretungen beginnen sollen.
Der Umbau dürfte insgesamt rund 1,1 Milliarden Euro kosten, der Großteil davon in den Jahren 2019 bis 2022. Im Gegenzug würden in Bereichen wie der Softwareentwicklung neue Arbeitsplätze "in hoher Zahl" entstehen. Dazu will der Konzern die Weiterbildung anschieben.
Mit dem größten Umbau in der Unternehmensgeschichte reagiert Continental auf den Rückgang in der weltweiten Autoproduktion und die Hinwendung der großen Autobauer zur Elektromobilität - eine bislang nicht wettbewerbsfähige Technologie, welche als zukunftsweisend angesehen wird. Den Niedersachsen macht - wie anderen Zulieferern und Autobauern auch - die anhaltende Konjunkturschwäche zu schaffen. Der Konzern hatte deshalb in den vergangenen gut zwölf Monaten mehrfach ihre Geschäftsziele heruntergeschraubt. Ende Juli hatte das Management ein Programm angekündigt, um angesichts der Flaute die Finanzkraft dauerhaft zu sichern und die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen. Schon damals hieß es, auch Standorte würden überprüft. Seitdem verhandelte das Management mit der Arbeitnehmervertretung über das Sparprogramm.
Der Konzern hatte vor gut einem Jahr den Umbau zu einer Holding mit drei Säulen bekannt gegeben: der Rubber-Gruppe, der Sparte Automotive mit dem Zuliefergeschäft und das Antriebsgeschäft. Die Antriebssparte mit weltweit gut 40.000 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von zuletzt 7,7 Milliarden Euro wurde zu Jahresanfang herausgelöst und soll künftig "Vitesco Technologies" heißen. In ihr ist die Technik für Verbrennungsmotoren und die für elektrische Antriebe vereint. Damit wollen die Niedersachsen den Umschwung vom Diesel- und Benzinmotor hin zu Elektroautos ohne Blessuren überstehen, denn dieser Wandel geht mit einem Rückgang von Beschäftigung für Verbrenner und unsicheren Gewinnaussichten für Stromautos einher. Wegen der unsicheren Konjunktur erwägt das Management neben einem Teilbörsengang inzwischen auch einen Spin-Off der Sparte. Für die Sparte Antrieb hatte Continental bereits umfangreiche Stellenstreichungen bekanntgegeben.