Technologie

Neuer Quantencomputer deklassiert herkömmliche Superrechner

Google hat nach eigenen Angaben erstmals einen Quantencomputer entwickelt, der um ein Vielfaches leistungsstärker als alle herkömmlichen Superrechner ist.
30.09.2019 14:19
Aktualisiert: 30.09.2019 14:20
Lesezeit: 2 min
Neuer Quantencomputer deklassiert herkömmliche Superrechner
Der Quantencomputer von Google ist um ein Vielfaches schneller als der schnellste herkömmliche Superrechner "Summit" von IBM. (Foto: dpa) Foto: Google Handout

Google hat offenbar den ersten Quantencomputer der Welt entwickelt, dessen Rechenleistung die der besten herkömmlichen Supercomputer weit übertrifft. In einem Papier behaupten die Google-Forscher, dass ihr Prozessor in der Lage war, eine Berechnung in drei Minuten und 20 Sekunden durchzuführen, für die der beste herkömmliche Computer, bekannt als Summit, etwa 10.000 Jahre benötigen würde.

Das Papier, das der Financial Times vorliegt, war kürzlich auf der Nasa-Website veröffentlicht worden, dann aber nach kurzer Zeit wieder entfernt worden. Die Google-Forscher behaupten darin, die "Quanten-Vormacht" (quantum supremacy) erreicht zu haben. Mit diesem Ausdruck weisen sie darauf hin, dass ihr Quantencomputer herkömmlichen Rechnern überlegen ist.

Diese "experimentelle Herstellung der Quanten-Vormacht" bei einer Rechenaufgabe sei ein weiterer Schritt zum lang erwarteten Paradigmenwechsel in der Rechenwelt. "Nach unserem Wissen ist dieses Experiment die erste Berechnung, die nur auf einem Quantenprozessor durchgeführt werden kann", so die Forscher.

Zwar könne das System nur eine einzige, hochtechnische Berechnung durchführen, und der Einsatz von Quantenmaschinen zur Lösung praktischer Probleme sei noch Jahre entfernt. Doch ihre Ergebnisse seien dennoch "ein Meilenstein auf dem Weg zum Quanten-Computing im großen Stil". Die Google-Forscher erwarten, dass die Leistung der Quantenmaschinen sich Jahr für Jahr verdoppeln wird, verglichen mit dem geringeren exponentiellen Fortschritt nach dem Mooreschen Gesetz bei Siliziumchips.

Wenn die Rechenleistung der Quantencomputer tatsächlich in diesem Tempo zulegt und sie stabil einsetzbar werden, dann könnte zum Beispiel die Kryptowährung Bitcoin, deren Transaktionen durch eine 256-Bit-Verschlüsselung geschützt werden, bereits im Jahr 2022 obsolet werden. Zudem würde Google in der Lage sein, bis zum Jahr 2024 sämtliche heute üblichen militärischen Verschlüsselungen zu knacken.

Es gibt zwar Prototypen so genannter Quantencomputer, die von Unternehmen wie IBM bis hin zu Start-ups wie Rigetti Computing entwickelt worden sind. Doch diese können nur die gleichen Aufgaben erfüllen wie klassische Computer, wenn auch schneller. Doch in Zukunft sollen Quantencomputer Eigenschaften nutzen, die über die Grenzen der klassischen Physik hinausgehen, um exponentielle Gewinne an Rechenleistung zu erzielen.

Laut einem Bericht der Boston Consulting Group vom November 2018 könnten Quantencomputer "die Spielregeln in Bereichen wie Kryptographie und Chemie (und damit Materialwissenschaften, Landwirtschaft und Pharmazie) ändern, ganz zu schweigen von künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen... Logistik, Fertigung, Finanzen und Energie".

Im Gegensatz zu den grundlegenden binären Elementen klassischer Computer oder Bits, die entweder Nullen oder Einsen darstellen, können Quantenbits oder Qubits beide Zustände gleichzeitig darstellen. Durch das Aneinanderreihen von Qubits steigt die Anzahl der Zustände, die sie repräsentieren könnten, exponentiell an, so dass Millionen von Möglichkeiten sofort berechnet werden können.

Einige Forscher haben gewarnt, zu hohe Erwartungen in die "Quanten-Vormacht" zu setzen, die ihrer Ansicht nach nicht darauf hindeutet, dass Quantenmaschinen traditionelle Computer in naher Zukunft überholen und eine Revolution in der Computertechnik bringen werden.

Im Jahr 2014 hatte ein Google-Team unter der Leitung von John Martinis, einem Experimentalphysiker der University of California, Santa Barbara, zunächst prognostiziert, dass es die Quantensouveränität bis Ende 2017 erreichen würde. Aber das System, das es entwickelte und das 72 Qubits miteinander verband, erwies sich als zu schwierig zu kontrollieren. Es wurde überarbeitet, um ein 53-Qubit-Design mit dem Codenamen Sycamore zu erstellen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Globale Wirtschaft: Fed-Zurückhaltung bremst Wachstum und Aktienmärkte weltweit
22.12.2025

Nach der starken Rally an den Aktienmärkten mehren sich die Zweifel, ob das globale Wachstum ohne neue geldpolitische Impulse tragfähig...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bundeskartellamt verhängt zehn Millionen Euro Bußgeld
22.12.2025

Zehn Millionen Euro Bußgeld – das klingt nach wenig für Deutschlands oberste Wettbewerbshüter. Tatsächlich ist es ein deutlicher...

DWN
Finanzen
Finanzen Persönliche Daten bei Banken: Was Sie preisgeben müssen - und was nicht
22.12.2025

Bevor Banken Konten, Kredite oder Depots freigeben, sammeln sie umfangreiche Daten. Doch nicht jede Auskunft ist verpflichtend – viele...

DWN
Finanzen
Finanzen Schaeffler-Aktie vor dem Ausbruch: Zehn Prozent Umsatz aus neuen Geschäften
22.12.2025

Während andere Rüstungsaktien nach ihrer Rally ins Stocken geraten, schiebt sich ein Industriekonzern überraschend nach vorn. Die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Fallender Ölpreis hält Kraftstoffpreise vor den Feiertagen niedrig
22.12.2025

Der Ölpreis ist erstmals seit Beginn des Ukrainekriegs unter 60 US-Dollar gefallen. Für Verbraucher bedeutet das niedrige...

DWN
Technologie
Technologie Smart Cities: Fluch oder Segen?
22.12.2025

Smart Cities sind längst keine Zukunftsmusik mehr. In Städten wie Grevenbroich testen Sensoren, Kameras und KI das urbane Leben der...

DWN
Politik
Politik EU-Ukraine-Finanzierung: Milliardenkredit ohne Zugriff auf russisches Vermögen – die Hintergründe
22.12.2025

Die EU sucht nach Wegen, die Ukraine finanziell zu stützen, ohne neue politische Bruchlinien in der Union zu erzeugen. Doch welche Folgen...

DWN
Finanzen
Finanzen DroneShield-Aktie: Drohnenabwehr boomt durch steigende Bedrohungslage
22.12.2025

Die DroneShield-Aktie legt nach starken Zuwächsen weiter zu. Neue Governance-Regeln stärken das Vertrauen der Anleger, während der Markt...