Die neue italienische Regierung sieht in ihrem letzte Woche verabschiedeten Haushaltsentwurf verschiedene Maßnahmen vor, welche das Bargeld gegenüber dem digitalen Bezahlen diskriminieren. So sollen Bürger, die im kommenden Jahr viel mit digitalen Zahlungsmitteln einkaufen, im Jahr 2021 eine Prämie erhalten. Zudem sollen Einzelhandelsgeschäfte, die nur Bargeld annehmen, bestraft werden.
Schon der einstige EU-Kommissar Mario Monti hatte, kurz nachdem er im Jahr 2011 von der EU als Italiens Premier eingesetzt worden war, eine Bargeldobergrenze von 1.000 Euro eingeführt. Diese Obergrenze für Barzahlungen wurde später auf 3.000 Euro angehoben. Laut dem neuen Haushaltsplan soll sie nun schrittweise wieder auf 1.000 Euro abgesenkt werden, wie Ministerpräsident Giuseppe Conte und Finanzminister Roberto Gualtieri sagten.
Mit diesen Maßnahmen soll offenbar die EU-Kommission besänftigt werden. Denn der italienischen Regierung zufolge sollen die Maßnahmen gegen das Bargeld dem Fiskus Mehreinnahmen in Höhe von 7,2 Milliarden Euro einbringen, da sie Steuerhinterziehung verhindern. Die Kommission hatte Italiens Haushaltspläne in der Vergangenheit wiederholt zurückgewiesen hat, weil diese zu hohe Defizite vorsahen.
Selbst wenn es stimmen würde, dass Kartenzahlungen, Banküberweisungen und Zahlungen per Mobiltelefon Schwarzarbeit und Steuerhinterziehung verhindern können und dem Fiskus nennenswerte Mehreinnahmen bringen, so verstoßen die geplanten Maßnahmen wohl doch gegen EU-Recht. Denn laut Artikel 128 des EU-Vertrags ist das Euro-Bargeld das einzige gesetzliche Zahlungsmittel in der Eurozone. Daher sind die Mitgliedsstaaten eigentlich gar nicht befugt, ihre Bürger zu benachteiligen, nur weil sie Bargeld nutzen.
Inzwischen wurde allerdings bekannt, dass Italiens Haushaltsentwurf für das kommende Jahr aus Sicht der EU-Kommission aufgrund der angestrebten Schuldenpolitik gegen die Regeln der Europäischen Union verstoßen könnte. "Der Plan Italiens entspricht nicht dem Richtwert für den Schuldenabbau im Jahr 2020", heißt es in einem am Dienstag bekanntgewordenen Schreiben der EU-Kommissare Valdis Dombrovskis und Pierre Moscovici an Finanzminister Roberto Gualtieri. Die Pläne blieben hinter den Empfehlungen der EU zurück, die zu einer Senkung der Ausgaben geraten hat. Die Regierung, die mit Mehrausgaben das Wirtschaftswachstum ankurbeln will, soll bis Mittwoch ihr Vorgehen erläutern.
Allerdings dürfte die Kommission diesmal nicht mit einem Defizitverfahren drohen. Im vergangenen Jahr hatten sich Brüssel und Rom eine wochenlangen Auseinandersetzung über den Haushalt geliefert, die an den Finanzmärkten Unsicherheit schürte. Moscovici hatte erst kürzlich in einem Reuters-Interview betont, dass die italienischen Budgetpläne zwar überarbeitet werden müssten, aber kein großes Problem darstellten. Das Land ächzt unter einem Schuldenberg in Höhe von mehr als 130 Prozent der Wirtschaftsleistung. Das ist der zweithöchste Wert in der Euro-Zone nach Griechenland. Erlaubt sind nach den EU-Regeln eigentlich nur 60 Prozent. Italien steht deshalb unter Beobachtung von Finanzmärkten und EU-Kommission obwohl auch andere große EU-Staaten wie beispielsweise Frankreich massive Schuldenquoten aufweisen.