Finanzen

Italiens Regierung will den Gebrauch von Bargeld weiter einschränken

In ihrem aktuellen Haushaltsentwurf sieht die neue italienische Regierung verschiedene Einschränkungen gegen die Nutzung von Bargeld vor.
22.10.2019 11:00
Aktualisiert: 22.10.2019 12:00
Lesezeit: 2 min
Italiens Regierung will den Gebrauch von Bargeld weiter einschränken
Giuseppe Conte, Ministerpräsident von Italien. (Foto: dpa) Foto: Vincenzo Livieri

Die neue italienische Regierung sieht in ihrem letzte Woche verabschiedeten Haushaltsentwurf verschiedene Maßnahmen vor, welche das Bargeld gegenüber dem digitalen Bezahlen diskriminieren. So sollen Bürger, die im kommenden Jahr viel mit digitalen Zahlungsmitteln einkaufen, im Jahr 2021 eine Prämie erhalten. Zudem sollen Einzelhandelsgeschäfte, die nur Bargeld annehmen, bestraft werden.

Schon der einstige EU-Kommissar Mario Monti hatte, kurz nachdem er im Jahr 2011 von der EU als Italiens Premier eingesetzt worden war, eine Bargeldobergrenze von 1.000 Euro eingeführt. Diese Obergrenze für Barzahlungen wurde später auf 3.000 Euro angehoben. Laut dem neuen Haushaltsplan soll sie nun schrittweise wieder auf 1.000 Euro abgesenkt werden, wie Ministerpräsident Giuseppe Conte und Finanzminister Roberto Gualtieri sagten.

Mit diesen Maßnahmen soll offenbar die EU-Kommission besänftigt werden. Denn der italienischen Regierung zufolge sollen die Maßnahmen gegen das Bargeld dem Fiskus Mehreinnahmen in Höhe von 7,2 Milliarden Euro einbringen, da sie Steuerhinterziehung verhindern. Die Kommission hatte Italiens Haushaltspläne in der Vergangenheit wiederholt zurückgewiesen hat, weil diese zu hohe Defizite vorsahen.

Selbst wenn es stimmen würde, dass Kartenzahlungen, Banküberweisungen und Zahlungen per Mobiltelefon Schwarzarbeit und Steuerhinterziehung verhindern können und dem Fiskus nennenswerte Mehreinnahmen bringen, so verstoßen die geplanten Maßnahmen wohl doch gegen EU-Recht. Denn laut Artikel 128 des EU-Vertrags ist das Euro-Bargeld das einzige gesetzliche Zahlungsmittel in der Eurozone. Daher sind die Mitgliedsstaaten eigentlich gar nicht befugt, ihre Bürger zu benachteiligen, nur weil sie Bargeld nutzen.

Inzwischen wurde allerdings bekannt, dass Italiens Haushaltsentwurf für das kommende Jahr aus Sicht der EU-Kommission aufgrund der angestrebten Schuldenpolitik gegen die Regeln der Europäischen Union verstoßen könnte. "Der Plan Italiens entspricht nicht dem Richtwert für den Schuldenabbau im Jahr 2020", heißt es in einem am Dienstag bekanntgewordenen Schreiben der EU-Kommissare Valdis Dombrovskis und Pierre Moscovici an Finanzminister Roberto Gualtieri. Die Pläne blieben hinter den Empfehlungen der EU zurück, die zu einer Senkung der Ausgaben geraten hat. Die Regierung, die mit Mehrausgaben das Wirtschaftswachstum ankurbeln will, soll bis Mittwoch ihr Vorgehen erläutern.

Allerdings dürfte die Kommission diesmal nicht mit einem Defizitverfahren drohen. Im vergangenen Jahr hatten sich Brüssel und Rom eine wochenlangen Auseinandersetzung über den Haushalt geliefert, die an den Finanzmärkten Unsicherheit schürte. Moscovici hatte erst kürzlich in einem Reuters-Interview betont, dass die italienischen Budgetpläne zwar überarbeitet werden müssten, aber kein großes Problem darstellten. Das Land ächzt unter einem Schuldenberg in Höhe von mehr als 130 Prozent der Wirtschaftsleistung. Das ist der zweithöchste Wert in der Euro-Zone nach Griechenland. Erlaubt sind nach den EU-Regeln eigentlich nur 60 Prozent. Italien steht deshalb unter Beobachtung von Finanzmärkten und EU-Kommission obwohl auch andere große EU-Staaten wie beispielsweise Frankreich massive Schuldenquoten aufweisen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen MTS Money Transfer System – Sicherheit beginnt mit Eigentum.

In Zeiten wachsender Unsicherheit und wirtschaftlicher Instabilität werden glaubwürdige Werte wieder zum entscheidenden Erfolgsfaktor....

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Entlastungskabinett: Regierung berät über Bürokratieabbau
05.11.2025

Bundeskanzler Merz und seine Ministerinnen und Minister beraten in einem sogenannten Entlastungskabinett über Maßnahmen zum...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Geschäftsklimaindex: Deutsche Autoindustrie schöpft Hoffnung
05.11.2025

Zuletzt hatte es aus der Branche vor allem schlechte Nachrichten gegeben, doch die Erwartungen machen Hoffnung auf eine Wende.

DWN
Politik
Politik Trotz Sanktionen: EU steigert Importe von russischem LNG
05.11.2025

Ein neuer Energiebericht zeigt: Die EU hat im ersten Halbjahr 2025 ihre Importe von russischem Flüssigerdgas (LNG) trotz Sanktionen und...

DWN
Finanzen
Finanzen USA wollen Dollarkurs stärken: Neue Strategie für die globale Wirtschaftsmacht
05.11.2025

Die internationale Rolle des US-Dollars bleibt zentral. Während China die Abhängigkeit verringern will, prüfen die USA Strategien, um...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Recruiting Trends: Zeugnisse verlieren bei der Jobsuche an Bedeutung
05.11.2025

Immer mehr Firmen rücken bei der Personalsuche von klassischen Lebensläufen und Abschlüssen ab: Laut einer Stepstone-Befragung wollen 77...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Kurs rutscht auf tiefsten Stand seit Juni: Anleger leiden unter Risikoaversion
04.11.2025

Der Bitcoin-Kurs steht unter massivem Druck. Milliardenverluste, Panikverkäufe und makroökonomische Unsicherheiten erschüttern den...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ifo-Studie: Betriebsrat wirkt sich positiv auf die Produktivität aus
04.11.2025

Wie stark kann ein Betriebsrat die Produktivität von Unternehmen wirklich beeinflussen? Eine aktuelle Ifo-Studie liefert überraschende...

DWN
Panorama
Panorama Triage-Regel gekippt: Was die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bedeutet
04.11.2025

Das Bundesverfassungsgericht hat die umstrittene Triage-Regel gekippt – ein Urteil mit weitreichenden Folgen für Medizin und Politik....