Politik

Tresore und Safes haben bei den Superreichen Konjunktur

Vor dem Hintergrund einer drohenden Rezession und negativer Zinssätze suchen die Reichen weltweit Schutz, indem sie vermehrt erhebliche Teile ihres Vermögens in Tresoren halten.
24.12.2019 12:24
Aktualisiert: 24.12.2019 12:24
Lesezeit: 3 min
Tresore und Safes haben bei den Superreichen Konjunktur
Ein Kunde in einem Tresorraum. (Foto: dpa) Foto: Daniel Reinhardt

Im Dezember eröffnet die Firma IBV International Vaults in London ein hochsicheres Tresorgebäude, wo die Superreichen ihre wertvollsten Besitztümer verstauen können sollen. Denn die Reichen der Welt sind verunsichert und suchen derzeit verstärkt nach altmodischer Sicherheit. Das neue Tresorgebäude in Londoner Park Lane 46 ist bereits der sechste Standort von IBV neben drei Standorten in Südafrika und je einem Standort in Dubai und Zürich.

"Wir bekommen jede Woche Anrufe für ein Zimmer, das für 2,5 Millionen Pfund pro Jahr verfügbar ist", zitiert Bloomberg Sean Hoey, den Geschäftsführer von IBV London. Neben diesen großzügigen Tresorräumen bietet das Unternehmen ab Dezember 550 Schließfächer und kann später bei Bedarf weitere rund 450 Schließfächer unterbringen. Es setzt - unabhängig vom Brexit - auf den Ruf Londons als "sicherer Hafen".

IBV ist nicht die einzige Firma, die sich um die Sorgen der Reichen kümmert. Von London über die Schweiz bis hin zu Teilen der USA setzen die Reichen auf Edelmetalle, Bargeld und Kryptowährungen. Für einige ist es die Gefahr einer globalen Rezession. Andere vermeiden Bankeinlagen, da negative Zinssätze die Banken dazu veranlasst haben, auf die dort gehaltenen Guthaben Strafzinsen zu erheben. Viele fürchten auch Naturkatastrophen.

Der Hedgefonds-Titan Ray Dalio warnte im vergangenen Monat davor, dass die Weltwirtschaft durch eine Mischung aus ineffektiver Geldpolitik, einer wachsenden Vermögensungleichheit und einem Klimawandel bedroht ist. Eine Mehrheit der wohlhabenden Anleger erwartet einen starken Marktrückgang bis Ende nächsten Jahres, wie kürzlich eine Umfrage unter Kunden von UBS Global Wealth Management ergeben hat.

"Seitdem wir im Jahr 2015 mit dem Angebot begonnen haben, sehen wir eine außerordentliche Nachfrage nach Schließfächern, die seit dem Spätsommer wirklich gestiegen ist", zitiert Bloomberg Ludwig Karl, Sprecher der Schweizer Gold Safe AG, die in den Alpen hochsichere Tresore betreibt. Das Unternehmen bietet sechs Größen von Schließfächern an. Für das größte fällt eine jährliche Miete von 4.039 Franken an. Für viele ist das günstiger als negative Zinssätze.

Ähnlich verhält es sich mit der Sincona Trading AG, einem Edelmetallhändler mit mehr als 1.000 gemieteten Wertschutzschränken im Zentrum von Zürich. Vor drei Jahren gab es dort noch eine Menge leerer Schließfächer, aber jetzt vermietet die Firma etwa fünf Fächer pro Tag, sagt Benoit Schoeni, ein leitender Manager bei Sincona. "Es gab eine extreme Nachfrage. Es wird nicht allzu lange dauern, bis wir voll sind."

Viele Banken bieten keine Schließfächer mehr an, unter anderem wegen der Kosten für die dafür benötigten Räume. Das ist vor allem in London der Fall, wo weltweit die die meisten wohlhabenden Personen dicht beieinander leben, sagt der Immobilienmakler Knight Frank. Im Stadtzentrum gibt es nur wenige Orte mit sicheren Lagermöglichkeiten, die so groß sind wie das neue Gebäude von IBV in der Park Lane, wo Kunden auch Goldmünzen aus aller Welt kaufen können.

Die 10 Städte mit den meisten Personen, die mindestens 30 Millionen Dollar besitzen (Quelle: Knight Frank):

  1. London - 4.494
  2. Tokio - 3.732
  3. Singapur - 3.598
  4. New York - 3.378
  5. Peking - 1.673
  6. Paris - 1.667
  7. Seoul - 1.594
  8. Taipei - 1.519
  9. Zürich - 1.507
  10. Sao Paolo - 1.352

Einige Schweizer Unternehmen führen die Nachfrage nach Schließfächern vor allem auf die Zentralbankpolitik zurück. Negative Zinssätze haben die Schweizer Banken vor die Wahl gestellt, entweder Geld zu verlieren, wenn sie Kundeneinlagen halten, oder Gebühren auf die Guthaben zu erheben, mit denen sie aber möglicherweise Kunden vertreiben.

Der weltweit größte Vermögensverwalter UBS und sein Konkurrent Credit Suisse haben für dieses Jahr Pläne angekündigt, wonach sie ihren reichen Kunden mit überschüssigen Bargeldbeständen zusätzliche Gebühren abverlangen. Für einige Kunden macht das ein Bankschließfach zu einer echten Alternative. Eine Sprecherin von UBS, die in der Schweiz fast 250.000 Schließfächer betreibt, sagte jedoch, die Nachfrage der Kunden sei in den letzten Jahren zurückgegangen.

Einige Banker sagten, dass Schließfächer wenig Sinn machen. Um Gebühren auf ihren Konten zu vermeiden, könnten die Reichen ihr Geld auch einfach auf mehrere Banken verteilen. Die Kunden müssten auch eine Versicherung abschließen, zum Beispiel gegen Feuer. Tresorfirmen machen diese Mehrkosten oft erschwinglicher. IBV London etwa bietet 100.000 Pfund Zusatzversicherung für jedes gemietete Schließfach.

"Das noch größere Problem besteht darin, das Geld wieder zurück auf Ihr Konto zu bringen", zitiert Bloomberg Felix Brill, Chief Investment Officer der Liechtensteiner VP Bank, die Vermögen im Wert von rund 50 Milliarden Dollar verwaltet und auch einige Schließfächer anbietet. Dennoch: "Niemand zahlt gerne negative Zinssätze. Jeder sucht nach Alternativen."

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Berge, Natur und ganz viel ROBINSON Flair – die perfekte Auszeit in den Alpen.

Manchmal ist das Gute so nah. Keine lange Anreise, kein Jetlag – und trotzdem diese einzigartige Mischung aus Freiheit, Erholung und...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Russland verstärkt Angriffe auf Ukraine vor Treffen zu Waffenruhe
21.03.2025

In der kommenden Woche sind in Saudi-Arabien Gespräche über eine mögliche Waffenruhe zwischen Russland und der Ukraine geplant. Doch in...

DWN
Politik
Politik Bundesrat-Abstimmung: Heute entscheiden die Länder über das Schuldenpaket – was passiert als Nächstes?
21.03.2025

Kommt jetzt eine gigantische Schuldenaufnahme? So einfach ist es nicht, auch wenn die Zustimmung im Bundesrat als wahrscheinlich gilt.

DWN
Finanzen
Finanzen Fuchs-Aktie unter Druck: Wachstum trotz starker Zahlen zu wenig für Anleger
21.03.2025

Die Fuchs-Aktie ist am Freitagvormittag unter Druck geraten, obwohl der Schmierstoffhersteller Fuchs SE mit starken Zahlen und einer...

DWN
Politik
Politik Zu teuer oder längst überfällig? Debatte um Ausweitung der Mütterrente hält an
21.03.2025

Die geplante Ausweitung der Mütterrente sorgt weiterhin für Diskussionen. Während Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbandes VdK,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Autoexporte 2024: USA wichtigster Absatzmarkt - jeder dritte Porsche ging nach Übersee
21.03.2025

Trotz der aktuellen Krise hat die deutsche Autoindustrie im Jahr 2024 mehr Neuwagen exportiert. Besonders bemerkenswert: Die USA sind der...

DWN
Finanzen
Finanzen Spar- und Investitionsunion (SIU): Enteignung durch die EU oder Chance für europäische Sparer?
21.03.2025

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat ein neues Projekt angekündigt: die Spar- und Investitionsunion (SIU). Ziel sei es,...

DWN
Immobilien
Immobilien Comeback des Büros: Vom Homeoffice zurück in die Firma?
20.03.2025

Seit der Corona-Pandemie hat sich das Homeoffice in vielen deutschen Unternehmen etabliert. Seit 2023 setzen viele Firmen auf ein hybrides...

DWN
Politik
Politik Whiskey, Harley & Co gerettet? EU verschiebt Zölle auf US-Waren
20.03.2025

Die USA haben neue Zölle eingeführt, die auch Deutschland und die EU belasten. Die Europäische Kommission plante zunächst eine schnelle...