Wirtschaft

EU-Länder setzen bei Waffen auf „Made in USA”

Die meisten EU-Länder decken sich hauptsächlich mit Rüstungsgütern aus den USA ein.
25.01.2020 11:00
Lesezeit: 2 min
EU-Länder setzen bei Waffen auf „Made in USA”
Kampfflugzeuge vom Typ F/A-18 Hornet bei einer Flugschau über San Diego. (Foto: dpa) Foto: David Maung

Einer Studie der Beratungsgesellschaft AlixPartners zufolge decken sich die EU-Länder zunehmend mit US-amerkanischen Rüstungsgütern ein, anstatt auf europäische Rüstungsgüter zu setzen. Über die Studie hatte zuerst die Welt berichtet. “Die Europäer kauften in der Tendenz mehr im außereuropäischen Ausland ein als bei ihren eigenen Partnerländern. Entweder sind die europäischen Produkte zu teuer – oder aber dies ist ein Zeichen für ein mangelndes Vertrauen in die eigene Rüstungsindustrie”, sagte Stefan Ohl von AlixPartners dem Blatt. Der Anteil der außereuropäischen Produkte soll zwischen 2014 bis 2018 auf 58 Prozent gestiegen sein.

Der weltweite US-amerikanische Anteil an der Rüstungsbranche liegt bei 36 Prozent, was einen Rekord darstellt. Beispielsweise hat Litauen in der vergangenen Woche verkündet, 200 gepanzerte US-Fahrzeuge im Wert von 145 Millionen Euro erwerben zu wollen. Dies teilte das Verteidigungsministerium in Vilnius mit. Geliefert werden die geländegängigen leichten Einsatzfahrzeuge des Typs JLTV (Joint Light Tactical Vehicle) vom US-Hersteller Oshkosh.

In Deutschland besteht hingegen Diskussionsbedarf darüber, ob die Luftwaffe mit dem US-amerkanischen F-18-Kampfjet oder mit dem europäischen Eurofighter Typhoon-Kampfjet eingedeckt werden soll. Das Rennen zwischen dem Boeing-Kampfjet F-18 und dem Airbus-Kampfjet Eurofighter Typhoon als Ersatz für die deutschen Tornado-Jagdbomber verläuft nach einem Bericht der SZ zugunsten der F-18.

Deutschland hat einen Teil seiner rund 90 Tornados für die Umsetzung der Nato-Nuklear-Sharing-Doktrin ausgerüstet. Das heißt, im Falle eines hypothetischen Atomkrieges würden deutsche Piloten ihre Flugzeuge mit US-Atombomben beladen und sie auf Geheiß des Bündnisses auf ihre vorgesehenen Ziele abwerfen. Die Zertifizierung des Eurofighters für diese Aufgabe würde nach Angaben von Defence News fünf Jahre länger als die Zertifizierung des F-18-Kampfjets dauern.

Die Regierung wird voraussichtlich Anfang nächsten Jahres einen “Sieger” zwischen der F-18 und dem Eurofighter Typhoon bekannt geben. Im Januar 2019 wurde die F-35 von der Bundesregierung als Kandidat gestrichen, vor allem, weil die Auswahl eines US-amerikanischen Flugzeugs die künftige Herstellung solcher Waffen durch europäische Unternehmen beeinträchtigen würde.

Über das Thema wird öffentlich wenig gesprochen, auch weil mit Atombomben in Deutschland kein politisches Kapital zu gewinnen ist. Offiziell nie bestätigt, aber doch eine Art offenes Geheimnis: In Büchel in der Eifel sollen 20 thermonukleare B61-Gravitationsbomben der US-Streitkräfte lagern. Die Luftwaffe setzt den in die Jahre gekommenen Tornado allerdings auch in einer Version für die elektronische Kampfführung gegen feindliche Radaranlagen ein.

Knapp 90 Tornados sollen von 2025 ausgemustert werden, davon sind etwa 40 in der "Sonderrolle" der nuklearen Teilhabe. Aus der Führung der Luftwaffe war mehrfach deutlich geworden, dass man dort dem F/A-18 - so die genauere Bezeichnung des F-18 - als Tornado-Nachfolger deutlich zugeneigt ist: wegen der Fähigkeiten des Flugzeugs. Auf der anderen Seite stehen erhebliche industriepolitische Interessen Deutschlands und die Frage, wohin - abhängig vom Gesamtpaket - ein zweistelliger Milliardenbetrag fließen soll.

Hersteller des Eurofighters ist der Rüstungs- und Luftfahrtkonzern Airbus. “Die Situation ist unverändert”, sagt Airbus-Sprecher Florian Taitsch zu dem Berichten. “Der Eurofighter besitzt alle technischen Voraussetzungen, um auch die Nukleare-Teilhabe-Rolle des Tornados bis 2030 zu übernehmen.” Wenn die Entscheidung des Ministeriums bereits im Jahr 2020 falle, sei das Zeitfenster für die Zertifizierung ohnehin großzügig. Die nötigen Vorarbeiten auf Industrieseite seien jedenfalls erfüllt. Er sagt: "Wichtig, um den Prozess gegenüber den US-Zertifizierungsbehörden aktiv zu starten, wäre eine konkrete Willensbekundung pro Eurofighter der Bundesregierung.”

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN-Wochenrückblick

Weniger E-Mails, mehr Substanz: Der DWN-Wochenrückblick liefert 1x/Woche die wichtigsten Themen kompakt und Podcast. Für alle, deren Postfach überläuft.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Vierter Gewinntag in Folge: S&P 500 erreicht neues Rekordhoch
23.12.2025

Die Wall Street verzeichnete den vierten Gewinntag in Folge, in dessen Verlauf der S&P 500 ein neues Allzeithoch markierte.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Mindestlohn: Viele Deutsche halten 13,90 Euro für zu niedrig
23.12.2025

13,90 Euro mehr Wertschätzung für Arbeit? Für viele Beschäftigte klingt das eher nach einem politischen Kompromiss als nach einem...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kakao-Krise eskaliert: Warum Schokolade neu erfunden werden muss
23.12.2025

Schokolade wird teurer, kleiner und zunehmend anders zusammengesetzt. Hinter den Kulissen zwingt die Kakao-Krise Hersteller, Forscher und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen ZF verkauft Fahrerassistenzgeschäft: 3.750 Mitarbeiter wechseln
23.12.2025

ZF zieht die Reißleine. Mit dem Verkauf seines Fahrerassistenzgeschäfts an die Samsung-Tochter Harman trennt sich der angeschlagene...

DWN
Politik
Politik Autoindustrie im Umbruch: EU passt Emmissionsziele an und schafft neuen Spielraum für Hersteller
23.12.2025

Die EU lockert ihre Emissionsziele für neue Autos ab 2035 und eröffnet damit neue Spielräume für alternative Antriebskonzepte. Welche...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Hilfsarbeitskraft: Deutschlands unterschätzte Welle zur Rettung bei Fachkräftemangel
23.12.2025

Die Krise im deutschen Mittelstand ist real: Der Fachkräftemangel lähmt das Wachstum. Die strategische Antwort darauf ist die...

DWN
Finanzen
Finanzen Dividenden 2025: Finanzsektor glänzt, Autobauer kürzen massiv
23.12.2025

Während die Autobranche unter Druck steht, feiern Banken und Versicherer Rekordzahlen. Für deutsche Aktionäre bedeutet das ein...

DWN
Finanzen
Finanzen Gold und Silber auf Rekordkurs: Edelmetalle profitieren von Zinserwartungen und Geopolitik
23.12.2025

Edelmetalle rücken erneut in den Fokus der Finanzmärkte und markieren ungewöhnliche Preisbewegungen in einem zunehmend unsicheren...