Politik

Erdogan deutet Entsendung der türkischen Armee nach Libyen an

Der Stellvertreterkrieg in Libyen nimmt Fahrt auf. Die türkische Regierung kann sich eine Entsendung von Truppen vorstellen.
10.12.2019 17:00
Aktualisiert: 10.12.2019 17:45
Lesezeit: 2 min
Erdogan deutet Entsendung der türkischen Armee nach Libyen an
Die militärische Situation in Libyens Nordwesten. Rot: Haftars Truppen, blau: Regierung in Tripolis. (Grafik: libya.liveuamap.com)

Die Türkei hat ihre Bereitschaft erklärt, eigene Truppen zur Unterstützung der von der UN anerkannten Regierung in Libyen zu entsenden. "Wenn Libyen an uns solch eine Anfrage stellt, können wir unser Personal dorthin schicken", sagte Präsident Recep Tayyip Erdogan am Dienstag. Insbesondere nach Abschluss eines neues Militärabkommens mit dem libyschen Ministerpräsidenten Fajes al-Sarradsch im November sei dies eine Option.

Die Türkei unterstützt schon länger die Regierung in Tripolis im Kampf gegen den abtrünnigen General Chalifa Haftar. Dieser erhält seinerseits Unterstützung von Ägypten, Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten. In dem Land tobt seit einigen Jahren ein internationaler Stellvertreterkrieg. Medienberichten zufolge entsandte Russland zudem 200 Söldner der privaten Sicherheitsfirma Wagner Gruppe zur Unterstützung von Haftar.

Moskau hatte die Berichte dementiert. Erdogan sagte nun aber, es gebe in Libyen "eine Sicherheitsfirma aus Russland namens Wagner. Diese Firma hat ihre Sicherheitskräfte dort". Die Türkei hat ihrerseits im Verstoß gegen ein internationales Waffenembargo gepanzerte Fahrzeuge und andere Rüstungsgüter an die Regierung in Tripolis geliefert. Erdogan begründete dies damit, dass sie das "Gleichgewicht" der Kräfte wiederherstellen würden.

Wegen der Zusammenarbeit mit Libyen droht der Türkei neuer Ärger mit der EU. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur soll der EU-Gipfel an diesem Donnerstag das klare Signal ausgehen, dass eine zwischen der Türkei und Libyen geschlossene Vereinbarung zur Aufteilung ihrer Einfluss- und Interessenzonen im Mittelmeer aus EU-Sicht ungültig ist. "Das Memorandum of Understanding (...) verletzt die Hoheitsrechte von Drittstaaten, steht nicht mit dem Seerecht im Einklang und kann deswegen keinerlei Rechtsfolgen für Drittstaaten haben", heißt es im jüngsten Entwurf für die Abschlusserklärung, der der dpa vorliegt.

Die Seegrenzen-Vereinbarung zwischen der Türkei und Libyen war Ende November ohne das Einverständnis anderer Mittelmeerstaaten in Ankara unterzeichnet worden. Sie teilt unter anderem ein Meeresgebiet südlich der griechischen Insel Kreta und der Inselgruppe der Dodekanes auf, in dem reiche Erdgasvorkommen vermutet werden. Die Türkei vertritt die Auffassung, dass Griechenland keine Ansprüche auf das Gebiet besitzt, weil die Inseln nur Hoheitsgewässer und keinen Festlandsockel hätten. Griechenland sieht das jedoch anders.

Das Seeabkommen zwischen der Türkei und Libyen stößt in der Bundesregierung auf Kritik. "Wir rufen die Türkei und Libyen auf, die Souveränität und die souveränen Rechte aller EU-Mitgliedstaaten zu respektieren", sagte die Sprecherin des Auswärtigen Amtes, Maria Adebahr, am Mittwoch in Berlin mit Blick auf Griechenland und Zypern. Die beiden EU-Mitglieder sehen durch das Abkommen ihre Rechte verletzt. "Seegebietsabgrenzungen" müssten stets "im Einklang mit geltendem Völkerrecht" vorgenommen werden, betonte Adebahr. Insbesondere müssten sie "unter Beteiligung aller betroffenen Küstenstaaten erfolgen".

Das Thema könnte auch auf dem EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag in Brüssel eine Rolle spielen. Regierungssprecher Steffen Seibert wies darauf hin, dass für Donnerstag ein "Arbeitsabendessen zu den Außenbeziehungen" der EU auf der Tagesordnung stehe. "Denkbar ist, dass auch die Türkei in der sehr facettenreichen Beziehung, die sie zur Europäischen Union hat, ein Thema ist."

Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu hatte am Mittwoch im türkischen Fernsehen eine Karte gezeigt, die die neuen Grenzen des türkischen Festlandsockels auf Grundlage des Ende November geschlossenen Abkommens mit Libyen zeigte. Demnach wurde der Festlandsockel, in dem die Türkei das Recht auf die Erforschung und Ausbeutung der natürlichen Ressourcen beansprucht, erheblich ausgeweitet. Hintergrund ist vor allem ein Streit um die Ausbeutung von Gasvorkommen vor Zypern, an denen die Türkei einen Anteil fordert.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Weil Eltern keine Superhelden sein müssen!

Familien haben ihren ganz speziellen Vorsorgebedarf, der mit den Kindern wächst und sich verändert. Unterstützen Sie Familien bei der...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Streit um den Mindestlohn: Sind 15 Euro zu verkraften für die Wirtschaft?
22.03.2025

Eine Anhebung des Mindestlohns auf 15 Euro ist im Gespräch. Wirtschaftsverbände schlagen Alarm. Was eine Erhöhung auf 15 Euro für...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Mercedes-Benz: Abfindung für Mitarbeiter liegt bei bis zu 500.000 Euro
21.03.2025

Mercedes-Benz plant eine deutliche Kostenersparnis und strebt eine größere Profitabilität an. Diese Strategie geht jedoch mit...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Gerhard Schubert GmbH: Wie ein Mittelständler der Krise trotzt - und die Konkurrenz abhängt
21.03.2025

Trotz globaler Unsicherheiten wächst die Schubert GmbH weiter – mit Hightech-Lösungen, Eigenfertigung und einer digitalen Strategie....

DWN
Politik
Politik Pistorius wehrt Bedenken gegen US-Tarnkappenjets F-35 ab
21.03.2025

Verteidigungsminister Boris Pistorius geht entschieden gegen Zweifel an der fortgesetzten Rüstungskooperation mit den USA unter Präsident...

DWN
Finanzen
Finanzen Fuchs-Aktie unter Druck: Wachstum trotz starker Zahlen zu wenig für Anleger
21.03.2025

Die Fuchs-Aktie ist am Freitagvormittag unter Druck geraten, obwohl der Schmierstoffhersteller Fuchs SE mit starken Zahlen und einer...

DWN
Panorama
Panorama Londoner Flughafen Heathrow: Stromausfall und Feuer sorgen für Chaos - Tausende Reisende betroffen
21.03.2025

Ein massiver Stromausfall am Londoner Flughafen Heathrow sorgt für Chaos im Flugverkehr. Aufgrund eines Brands in einem Umspannwerk bleibt...

DWN
Politik
Politik Abstimmung: Bundesrat stimmt Grundgesetzänderung bei Schuldenbremse zu und ermöglicht Finanzpaket
21.03.2025

Das milliardenschwere Finanzpaket für Verteidigung und Infrastruktur hat nun auch im Bundesrat die erforderliche Zweidrittelmehrheit...

DWN
Immobilien
Immobilien Bauzinsen steigen trotz EZB-Zinssenkung: Warum das so ist und was das für Häuslebauer heißt
21.03.2025

Entgegen der Prognosen vieler Baufachleute sinken die Bauzinsen nicht nach der EZB-Zinssenkung, sondern steigen gerade kräftig an. Warum...