Wer zehn Minuten lang über die Cloud ein Video in HD anschaut, verbraucht dabei so viel Strom wie ein elektrischer Backofen, der fünf Minuten mit 2000 Watt auf voller Stufe im Heizbetrieb läuft. Eine Google-Suchanfrage löst einen Strombedarf von 0,3 Wattstunden aus. Bei 40 000 Suchanfragen weltweit pro Sekunde kommen da riesige Summen zusammen. Das sind nur zwei Beispiele von vielen aus einer aktuellen Studie der französischen Denkfabrik «The Shift Project» mit der These, dass die umweltpolitischen Folgen der digitalen Wirtschaft konstant unterschätzt werden.
In der deutschen Politik sind die Zahlen zum ökologischen Fußabdruck der Digitalbranche angekommen. Zumindest bei den Grünen. Sie fordern neue Vorgaben und Konzepte gegen die Umweltprobleme der Digitalisierung. Dabei verweisen sie auf den hohen Stromverbrauch beim Streamen von Videos und den Rohstoffbedarf von Handys und Computern. Digitalisierung könne beim Klima- und Umweltschutz helfen, heißt es in einem Antrag der Grünen im Bundestag. Ohne ökologische Leitplanken könne sie aber Ressourcenverbrauch und Treibhausgas-Emissionen fortsetzen oder beschleunigen und zu immer mehr Elektroschrott führen, warnen sie.
Die Grünen beziehen sich bei Ihren Forderungen auf Zahlen des Stromversorgers EON. Danach werden alleine durch die Streaming-Plattformen wie Youtube und Netflix, aber auch durch Videokonferenzen mit Skype und anderen Diensten weltweit inzwischen rund 200 Milliarden Kilowattstunden Strom pro Jahr verbraucht. In den kommenden Jahren dürfte diese Menge spürbar steigen, auch weil immer mehr Smartphones verkauft und fürs Streaming genutzt werden. Schon im vergangenen Jahr hätten die Streaming-Plattformen ungefähr so viel Strom verbraucht wie alle Privathaushalte in Deutschland, Italien und Polen zusammen.
Zusätzlich massiv gesteigert werden dürfte der Stromverbrauch zudem durch den neuen Mobilfunkstandard 5G – zu diesem Schluß kommt eine vom Energieunternehmen Eon vorgestellte Studie.
Auch die Vizepräsidentin der EU-Kommission, Margrethe Vestager, hat auf den enormen Energieverbrauch des Internets und die Folgen für den Klimawandel hingewiesen. Und mit der weiteren Digitalisierung werde der Verbrauch noch zunehmen, sagte die 51-jährige dänische Politikerin der Funke Mediengruppe. "Wenn man sich zum Beispiel Filme im Internet-Streaming ansieht, ist das sehr energieintensiv. Oder nehmen Sie die Server-Hubs, die Klimaanlagen benötigen."
Für das nun ausgegebene Ziel der EU, den Kontinent bis 2050 klimaneutral zu machen, sei dies eine große Herausforderung. "Wir müssen also mit dem Green Deal Technologien entwickeln, um den Energieverbrauch zu minimieren und die Energieeffizienz zu verbessern." Andererseits werde man den Kampf gegen den Klimawandel nicht ohne digitale Lösungen gewinnen.