Finanzen

Nord Stream 2: Mit Verlegung der Rohre beauftragte Firma stellt Arbeiten ein

In Erwartung von Sanktionen durch die US-Regierung hat die mit der Verlegung der Pipelinerohre beauftragte Firma die Arbeiten vorerst eingestellt.
23.12.2019 10:53
Aktualisiert: 23.12.2019 10:53
Lesezeit: 2 min

Die US-Sanktionen gegen an Nord Stream 2 beteiligte Firmen dürften das Gaspipeline-Projekt verzögern. Die Bundesregierung erwartet nun erst im zweiten Halbjahr 2020 die Fertigstellung. Russland, das über die Ostsee-Route deutlich mehr Gas nach Deutschland liefern will, prüft Gegenmaßnahmen gegen die USA.

Das Vorhaben werde zeitlich zurückgeworfen, sagte der Transatlantik-Koordinator der Bundesregierung, Peter Beyer, am Montag im Deutschlandfunk. Die russische Regierung war zuletzt davon ausgegangen, dass der Betrieb bis Mitte 2020 aufgenommen werden kann. Ein Kreml-Sprecher wollte sich nun nicht auf einen neuen Zeitplan festlegen.

Das Nord-Stream-2-Konsortium hatte am Wochenende mitgeteilt, die Pipeline so bald wie möglich weiterbauen zu wollen. Zunächst setzte das schweizerisch-niederländische Unternehmen Allseas, das für die Verlegung der Rohre zuständig ist, die Arbeit aber aus. Die USA planen Strafmaßnahmen gegen die beteiligten Firmen. Ein entsprechendes Gesetz hat US-Präsident Donald Trump unterschrieben. Die Sanktionen wurden allerdings noch nicht verhängt.

DEUTSCHLAND WILL NICHT ANTWORTEN - RUSSLAND SCHON

"Wir gucken uns das jetzt genau an", sagte eine Sprecherin der Bundesregierung am Montag. Eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums ergänzte, es gebe in der Sache einen Austausch mit den USA. Klar sei, dass das Gesetz in Kraft getreten sei. "Das bedauern wir." Es müsse nun geprüft werden, welche Spielräume es zulasse.

Früheren Angaben zufolge will die deutsche Regierung aber nicht mit Gegenmaßnahmen reagieren. Eine Eskalationsspirale sei nicht sinnvoll, sagte CDU-Politiker Beyer. Das könnte Russland anders sehen. Ministerpräsident Dmitri Medwedew hat laut Nachrichtenagentur Interfax seine Regierung bereits angeordnet, Vergeltungsmaßnahmen auszuarbeiten. Der Kreml-Sprecher hatte zuvor gesagt, es sei zu früh, um über Gegenmaßnahmen zu sprechen. Die US-Sanktionen würden aber nicht unbeantwortet bleiben.

Die FDP kritisierte, die Bundesregierung stehe vor einem Scherbenhaufen. "Es rächt sich, dass die Bundesregierung das Projekt nicht in eine europäische Strategie eingebettet und mit den europäischen Partnern vorab rückgekoppelt hat", sagte FDP-Fraktionsvize Michael Theurer dem "Handelsblatt".

Deutschland ist wegen des Ausstiegs aus der Atomkraft und der Kohleverstromung stark von Gaslieferungen aus dem Ausland abhängig. Der vom Kreml kontrollierte Gazprom-Konzern deckt mehr als 36 Prozent des europäischen Gasbedarfs ab. Bei der Route durch die Ukraine waren die künftigen Details lange umstritten. Doch die Regierungen in Moskau und Kiew haben sich jetzt auf ein Durchleitungsabkommen für die nächsten fünf Jahre verständigt, das danach um zehn Jahre verlängert werden kann. Russland zahlt in diesem Zusammenhang 2,9 Milliarden Dollar an seinen Nachbarn, um einen Rechtsstreit zu den Gastransfers zu beenden.

Transatlantik-Koordinator Beyer vermutet, dass die USA mit den Sanktionen ihr eigenes Flüssiggas zunehmend in Europa absetzen wollen. Dieses sei aber erheblich teurer. "Europa sollte erwägen, Klima-Zölle gegen die USA zu verhängen, damit kein umweltschädliches Fracking-Gas aus den USA nach Deutschland und Europa exportiert werden kann", forderte die Ökonomin Claudia Kempfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) laut "Handelsblatt".

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Mindestlohn: Viele Deutsche halten 13,90 Euro für zu niedrig
23.12.2025

13,90 Euro mehr Wertschätzung für Arbeit? Für viele Beschäftigte klingt das eher nach einem politischen Kompromiss als nach einem...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kakao-Krise eskaliert: Warum Schokolade neu erfunden werden muss
23.12.2025

Schokolade wird teurer, kleiner und zunehmend anders zusammengesetzt. Hinter den Kulissen zwingt die Kakao-Krise Hersteller, Forscher und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen ZF verkauft Fahrerassistenzgeschäft: 3.750 Mitarbeiter wechseln
23.12.2025

ZF zieht die Reißleine. Mit dem Verkauf seines Fahrerassistenzgeschäfts an die Samsung-Tochter Harman trennt sich der angeschlagene...

DWN
Politik
Politik Autoindustrie im Umbruch: EU passt Emmissionsziele an und schafft neuen Spielraum für Hersteller
23.12.2025

Die EU lockert ihre Emissionsziele für neue Autos ab 2035 und eröffnet damit neue Spielräume für alternative Antriebskonzepte. Welche...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Hilfsarbeitskraft: Deutschlands unterschätzte Welle zur Rettung bei Fachkräftemangel
23.12.2025

Die Krise im deutschen Mittelstand ist real: Der Fachkräftemangel lähmt das Wachstum. Die strategische Antwort darauf ist die...

DWN
Finanzen
Finanzen Dividenden 2025: Finanzsektor glänzt, Autobauer kürzen massiv
23.12.2025

Während die Autobranche unter Druck steht, feiern Banken und Versicherer Rekordzahlen. Für deutsche Aktionäre bedeutet das ein...

DWN
Finanzen
Finanzen Gold und Silber auf Rekordkurs: Edelmetalle profitieren von Zinserwartungen und Geopolitik
23.12.2025

Edelmetalle rücken erneut in den Fokus der Finanzmärkte und markieren ungewöhnliche Preisbewegungen in einem zunehmend unsicheren...

DWN
Politik
Politik Mike Pompeo über China und Russland: Die wahre Bedrohung für den Westen
23.12.2025

Der frühere US-Außenminister Mike Pompeo entwirft ein Bild globaler Machtverschiebungen, in dem Abschreckung und strategische Klarheit...