Finanzen

Bankenverband fordert Abkehr von Politik der Negativzinsen, Institute verlieren Geld im Firmenkundengeschäft

Der Bankenverband fordert die EZB-Spitze auf, die Abkehr von der ultralockeren Geldpolitik in die Wege zu leiten. Insbesondere die Negativzinsen setzen der Branche massiv zu. Im Firmenkundengeschäft hagelt es für viele Institute erstmals seit 2009 Verluste.
09.01.2020 15:04
Aktualisiert: 09.01.2020 15:04
Lesezeit: 2 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..
Bankenverband fordert Abkehr von Politik der Negativzinsen, Institute verlieren Geld im Firmenkundengeschäft
Die Frankfurter Skyline im Nebel. (Foto: dpa) Foto: Frank Rumpenhorst

Die deutschen Privatbanken dringen auf ein rasches Ende der Negativzinsen in der Euro-Zone. Die Europäische Zentralbank (EZB) müsse einen solchen Ausstieg vorbereiten, er sei "absolut möglich", sagte Ko-Hauptgeschäftsführer Christian Ossig vom Branchenverband BdB am Donnerstag in Berlin. Die schwedische Notenbank mache gerade vor, wie es gehen könne. Dennoch erwarte der BdB für 2020 noch keinen Ausstieg aus den Negativzinsen im Euro-Raum. Hier "müssen wir leider in langen Zeiträumen denken", sagte Ossig. "Negativzinsen sind ein schleichendes Gift, ganz besonders für die Bilanzen der Banken."

Einer vor Kurzem veröffentlichten Studie zufolge steuert die deutsche Bankenbranche insbesondere wegen der negativen Einlagezinsen der EZB auf Verluste auf breiter Front zu. Dem Finanzmagazin Finance zufolge erwirtschaften die Banken zudem erstmals seit der großen Finanzkrise vor zehn Jahren kein Geld im Firmenkundengeschäft mehr und sind in die roten Zahlen gerutscht.

Die EZB hält ihre Leitzinsen bereits seit März 2016 auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent. Schon seit 2014 müssen Banken Strafzinsen zahlen, wenn sie überschüssige Gelder bei der Notenbank horten. Aktuell liegt der sogenannte Einlagensatz bei minus 0,5 Prozent. Inzwischen ist allerdings ein Teil der Bankeinlagen von den Strafzinsen ausgenommen, da die EZB ein Staffelsystem eingeführt hat. Dies reiche aber nicht aus, betonte Lobbyist Ossig. "Da muss die EZB mehr tun."

Der Bundesverband deutschen Banken (BdB) würdigte jedoch, dass bereits in den ersten beiden Monaten der Amtszeit der neuen EZB-Präsidentin Christine Lagarde einiges in Bewegung geraten sei und die Französin die geldpolitische Strategie der EZB erstmals seit 2003 grundsätzlich überprüfen wolle. Zudem sei es erfreulich, dass die Zentralbanker nun auch schädliche Nebenwirkungen der ultralockeren Geldpolitik stärker ins Visier nähmen. "Die EZB muss besser erklären, wie wir alle mit den negativen Zinsen umgehen sollen", kritisierte Ossig.

Die Privatbanken setzen derweil große Hoffnungen in die EU-Ratspräsidentschaft Deutschlands im zweiten Halbjahr 2020. "Deutschland muss hier seiner Verantwortung gerecht werden", sagte Ossig mit Blick auf die Finanzindustrie. "Was Europa braucht, ist Führung." Viele Themen rund um die Kapitalmarkt- und Bankenunion würden seit Jahren diskutiert. "Wir müssen in 2020 umsetzen." Der zweite BdB-Hauptgeschäftsführer Andreas Krautscheid ergänzte, Deutschland müsse mehr als nur moderieren. "Wir glauben, dass die Bundesregierung eine Superchance hat, ganz wichtige Binnenmarktthemen voranzubringen."

Der Verband bezeichnete die Situation bei der Bankenunion als ernüchternd. "Da sind die Ampeln aus unserer Sicht erstmals wieder auf rot geschaltet worden", sagte Ossig. Die Euro-Gruppe habe sich hier zuletzt leider nicht auf ein gemeinsames Ziel zur Weiterentwicklung der Bankenunion einigen können.

In Zeiten notwendiger Digitalisierung bekommen die Geldhäuser auch das Thema Fachkräftemangel zu spüren. Die Branche sucht laut Krautscheid dringend IT-Kräfte, etwa in den Bereichen Blockchain und künstlicher Intelligenz. "Da streiten wir uns mit allen anderen um den gleichen wichtigen Nachwuchs."

BDB-Präsident Hans-Walter Peters hatte bereits betont, die Institute erwarteten auch 2020 Gegenwind. "Die Herausforderungen für die Banken bleiben extrem hoch", sagte Peters am Mittwoch der Nachrichtenagentur Reuters. "Die Niedrigzinsen werden bleiben - das ist keine Frage."

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Siton Mining: Mining mit BTC, XRP und DOGE.Verdienen Sie 8.600 $ pro Tag an passivem Einkommen

Auf dem volatilen Kryptowährungsmarkt ist die Frage, wie sich die täglichen Renditen digitaler Währungen maximieren lassen, anstatt sie...

DWN
Politik
Politik Fed senkt Leitzins: Trump drängt auf geldpolitischen Kurswechsel
18.09.2025

Die US-Notenbank senkt erstmals seit Ende 2024 den Leitzins – ein Schritt, der tief in die innenpolitische Auseinandersetzung hineinragt....

DWN
Finanzen
Finanzen Inflation in Deutschland: Wieso sich so viele Deutsche Geld für Lebensmittel leihen
18.09.2025

Brot, Milch, Schulden: Mehr als die Hälfte der unter 50-Jährigen greift für Alltagsausgaben zum Kredit – oft bei der Familie. Wer...

DWN
Politik
Politik Draghi-Report: Ohne gemeinsame EU-Schulden verliert Europa gegen alle
18.09.2025

Ein Jahr nach seinem wegweisenden Draghi-Report warnt Mario Draghi vor einer dramatisch verschlechterten Lage der EU. Der ehemalige...

DWN
Finanzen
Finanzen Topmanager erwarten Trendwende bei Börsengängen
17.09.2025

Nach Jahren der Flaute sehen Topmanager eine Trendwende am Markt für Börsengänge. Warum Klarna den Wendepunkt markieren könnte und was...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Solar-Krise: Solarfirma Meyer Burger schließt Standorte - 600 Beschäftigten gekündigt
17.09.2025

Rettung geplatzt: Warum auch Investoren keinen Ausweg für den insolventen Solarmodul-Hersteller Meyer Burger sehen und was jetzt mit den...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Chinesische Waren: Europas Industrie gerät zunehmend unter Druck
17.09.2025

Chinesische Waren fluten Europa. Subventionen aus Peking drücken Preise, während Europas Industrie ins Hintertreffen gerät. Deutschland...

DWN
Politik
Politik AfD stärkste Kraft: AfD zieht in YouGov-Umfrage erstmals an der Union vorbei
17.09.2025

Die AfD zieht in der Sonntagsfrage an der Union vorbei – für die SPD geht es minimal aufwärts. Eine Partei, die bislang nicht im...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft TOP10 Biotech-Unternehmen: Was Anleger jetzt wissen müssen
17.09.2025

Biotech-Unternehmen dominieren mit GLP-1 und Onkologie – doch Zölle, Patente und Studienerfolge entscheiden über Renditen. Wer jetzt...