Politik

Verbrennung von Biomasse schlechter fürs Klima als Kohlekraftwerke

Die EU will die Verbrennung von Biomasse anstelle von Kohle fördern. Doch die Nutzung von Biomasse bei der Stromerzeugung ist weitaus umweltschädlicher.
02.02.2020 17:05
Lesezeit: 2 min
Verbrennung von Biomasse schlechter fürs Klima als Kohlekraftwerke
Holzpellets führen zu schweren Umweltschäden. (Foto: dpa) Foto: Jens B

Unterstützt durch die EU-Gesetzgebung wird Biomasse (meist Holz in Form von Pellets oder Hackschnitzeln) zunehmend als Brennstoff zur Stromerzeugung verwendet, auch in einer Reihe großer ehemaliger Kohlekraftwerke.

Diese Praxis setzt sich trotz des wissenschaftlichen Konsenses fort, dass die Verbrennung von Biomasse anstelle von Kohle in Kraftwerken die Gefahr birgt, den Klimawandel zu beschleunigen.

Die britische Forscher-Organisation Sandbag hat eine Studie unter dem Namen “Playing with the fire” veröffentlicht, die sich mit der Problematik der Nutzung von Biomasse als Brennstoff auseinandersetzt. Demnach würden die von der EU ins Gespräch gebrachten Biomasseprojekte den Biomasseverbrauch um 607 Petajoule (PJ) pro Jahr steigern. Infolgedessen könnte sich die in derzeitigen und ehemaligen Kohlekraftwerken verbrannte Biomasse gegenüber dem derzeitigen Stand verdreifachen.

Es würden 36 Millionen Tonnen Holzpellets benötigt werden. Jährlich müssten etwa 2.700 Quadratkilometer Wald abgeholzt werden, um diesen Bedarf zu decken - das entspricht dem größten Teil des niederländischen Waldes oder der Hälfte des Schwarzwaldes in Deutschland.

Diese Projekte würden nur 64 Terrawatt-Stunden Strom produzieren, was weniger als zwei Prozent der EU-Stromerzeugung entspricht. Im Vergleich dazu wird in Europa jedes Jahr eine entsprechende Menge an neuer Wind- und Solarkapazität hinzugefügt.

Der Großteil der Holzpellets wird aus den USA und Kanada importiert, “was bedeutet, dass der Transport des Holzes von der anderen Seite des Atlantiks mit enormen Umweltkosten verbunden ist”, sagte Charles Moore, der zu den Autoren der Studie gehört, dem Guardian. Moore wörtlich: “Es ist unmöglich, Kohleunternehmen zu glauben, wenn sie argumentieren, dass der Wechsel zu ,brennenden Wäldern’ gut für das Klima sein könnte.”

EU-Regulierungsbehörden betrachten Biomasse als eine klimaneutrale Alternative zu erneuerbaren Energien. Das Wachstum neuer Bäume kann so viel Kohlenstoff absorbieren, wie Holzpellets beim Verbrennen zur Stromerzeugung freisetzen.

Der Drax-Energiekomplex in North Yorkshire importiert Holzpellets aus den USA. Diese werden hauptsächlich aus Sägewerksresten und Waldbewuchs hergestellt, die sorgfältig gerodet werden, um die Qualität der Wälder zu verbessern. Drax hat zugesagt, niemals Biomasse aus landwirtschaftlichen Praktiken zu beziehen, die zur Entwaldung führen.

Aber Alex Mason vom EU-Büro der Umweltschutzorganisation WWF meint, das Abbrennen von Wäldern sei “buchstäblich das Gegenteil von dem, was wir tun sollten”, um zur Bewältigung der Klimakrise beizutragen.

“Wie 800 Wissenschaftler im vergangenen Jahr betonten, wird die Umstellung von Kohlekraftwerken auf Biomasse die Emissionen für Jahrzehnte, wenn nicht sogar für Jahrhunderte erhöhen. Dieser neue Bericht ist ein weiterer Beweis dafür, dass die EU den neuen EU-Green Deal nutzen muss, um die EU-Bioenergieregeln festzulegen, bevor diese tickende Zeitbombe einer Politik mehr Schaden anrichtet”, so Mason.

Michael Norton, Direktor des Wissenschaftsbeirats der Europäischen Akademien, sagte, die großflächige Waldbeseitigung zur Deckung des Bedarfs an Biomasse sei “aus klimatischer Sicht schrecklich” und laufe bereits Gefahr, die Ziele des Pariser Abkommens zu überschreiten.

Er sagt, die europäischen Länder würden Pläne für riesige Biomasseanlagen vorantreiben, obwohl Berichte auf “die kontraproduktive Natur von Biomasse” und die dringende Notwendigkeit, die Entwaldung zu stoppen, hinweisen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Panorama
Panorama Polizeiliche Kriminalstatistik 2024: Immer mehr Gewaltdelikte
02.04.2025

Die Polizeiliche Kriminalstatistik 2024 offenbart ein besorgniserregendes Bild: Trotz eines leichten Rückgangs der Gesamtkriminalität...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Kurzarbeit auf Rekordhoch: Kritik an Verlängerung des Kurzarbeitergeldes wächst
02.04.2025

Die Wirtschaft steckt fest in einer Strukturkrise: seit 5 Jahren kein Wachstum. Die Folge: Immer mehr Unternehmen bauen Stellen ganz ab...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Wirtschaft: Verbände fordern dringenden Kurswechsel der Koalition
02.04.2025

Bitte kein "Weiter-so"! Mit Unmut blicken deutsche Wirtschafts- und Industrieverbände auf das, was die noch namenlose Koalition aus Union...

DWN
Politik
Politik Neue US-Zölle: Was die deutsche Wirtschaft fürchten muss
02.04.2025

Die geplanten Zölle von US-Präsident Trump sorgen für Unruhe in Europa. Niemand weiß genau, welche Branchen betroffen sein werden –...

DWN
Politik
Politik Ukraine erhält massive Militärhilfe aus Schweden und den Niederlanden – Russland weitet Einberufungen aus
02.04.2025

Die Ukraine erhält verstärkte militärische und finanzielle Unterstützung von Schweden und den Niederlanden, während Russland...

DWN
Politik
Politik Migration: Nancy Faeser sieht eigene Migrationspolitik als Erfolg
01.04.2025

Während SPD und Union über eine mögliche Koalition verhandeln: Die geschäftsführende Innenministerin Faeser präsentierte heute...

DWN
Politik
Politik Handelskonflikt eskaliert: EU prüft bislang ungenutztes Instrument
01.04.2025

Die Handelsbeziehungen zwischen der EU und den USA stehen kurz vor einer Eskalation. US-Präsident Trump plant neue Zölle auf eine...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Trumps Zölle - Warum Hyundai jetzt auf Milliarden-Investitionen in den USA setzt
01.04.2025

Geht sein Plan auf? Trumps Zollerhöhungen erzwingen bereits drastische Reaktionen. Hyundai investiert 21 Milliarden US-Dollar in die USA,...