Politik

Reiche Russen kaufen teure Immobilien in London, aber das gefällt vielen Briten nicht

Reiche Russen pumpen derzeit sehr viel Geld in die britische Hauptstadt. Sie kaufen hauptsächlich teure Immobilien. Doch das gefällt vielen Briten nicht. Sie fürchten, dass die schwerreichen Russen auch einen großen Einfluss auf die britische Politik nehmen könnten.
06.03.2020 10:41
Aktualisiert: 06.03.2020 10:41
Lesezeit: 3 min
Reiche Russen kaufen teure Immobilien in London, aber das gefällt vielen Briten nicht
Brighton: Russen kaufen zunehmend Immobilien in Großbritannien. (Foto: dpa) Foto: epa Andy Rain

Prächtige Säulen, riesige Fenster, helle Fassaden - und alles mitten im Zentrum. Wer durch London spaziert, dem kann beim Anblick vieler Stadtvillen die Spucke wegbleiben. Etliche Immobilien gehören aber nicht Briten, sondern sind fest in russischer Hand. Und keineswegs immer sei das darin investierte Geld sauber, stellt die Nichtregierungsorganisation ClampK fest. Sie kämpft gegen Geldwäsche von "Kleptokraten", die sich in Russland bereichern, und nimmt deren sündhaft teure Domizile ins Visier.

Property Week führt aus: “Zwischen 2007 und 2014 haben russische Investoren Immobilien in Großbritannien mit einer erstaunlichen Geschwindigkeit verschlungen. Daten von JLL schätzen, dass Anfang 2014 fast 10 Prozent aller in Immobilien in London ausgegebenen Gelder russisch waren. Auf dem Luxuswohnungsmarkt waren die Zahlen sogar noch höher. Laut Knight Frank wurden mehr als 20 Prozent der Häuser in London mit Angebotspreisen von mehr als 10 Millionen Pfund von Russen gekauft.”

Das Verhältnis zwischen Moskau und London ist widersprüchlich. Auf der einen Seite belasten gegenseitige Spionagefälle und Giftanschläge auf den Kreml-Kritiker Alexander Litwinenko 2006 in London oder auf den ehemaligen Doppelagenten Sergej Skripal und dessen Tochter vor zwei Jahren, am 4. März 2018, im südenglischen Salisbury das Verhältnis. Auf der anderen Seite bringen die Russen jede Menge Geld ins Land.

Der Banker Grigory Guselnikov sagte dem Guardian: "Wo die Auswirkungen erheblich sind, sind Immobilien. Und vor allem Immobilien in London."

"Der Kauf von Immobilien wird auch als Mittel genutzt, um schmutziges Geld zu waschen", schimpfte hingegen die Parlamentarierin Margaret Hodge auf einer Stadttour von ClampK. "Wir wollen die Transparenz fördern." Sie sei aber skeptisch, ob die Regierung alle Versprechen halten werde, sagte die Abgeordnete von der oppositionellen Labour-Partei. Organisationen wie ClampK kritisieren vor allem Verflechtungen zwischen Oligarchen und hochrangigen britischen Politikern. Es gehe dabei nicht nur um Geldwäsche, sondern auch um Einflussnahme. Der russische Millionär Alexander Lebedew kaufte schon vor Jahren die Zeitungen Independent und The Evening Standard.

Noch immer hat die Regierung einen Parlamentsbericht zu russischer Einflussnahme auf die britische Politik nicht freigegeben. In dem Report wurde auch untersucht, ob es beim Wahlkampf vor dem Brexit-Referendum im Jahr 2016 Einmischungen aus Russland gab. Moskau wird nachgesagt, größtes Interesse am EU-Austritt Großbritanniens mit dem Ziel einer Spaltung Europas zu haben.

Auch Boris Johnson selbst steht im Kreuzfeuer der Kritik wegen enger Beziehungen zu den Lebedews. Nach seiner Wahl zum Premier sei Johnson im Dezember mit seiner Freundin auf einer Geburtstagsparty des früheren KGB-Spions Lebedew aufgetaucht, berichtete Buchautor Luke Harding auf der Tour. "Hier war das", sagte der frühere Moskau-Korrespondent Harding vor einer Luxus-Wohnung nahe des Regent's Parks. Die Immobilie gehöre Lebedews Sohn.

Auch eine Party von Jewgeni Lebedew in Italien hatte Johnson - damals Außenminister - in Italien besucht. Die beiden machten auch schon - da war Johnson noch Bürgermeister - im Schlafsack unter einer Brücke in London gemeinsam auf die Lage von Obdachlosen aufmerksam. Für Harding aber ist heute klar: "Johnson handelt unmoralisch." Downing Street antwortete auf eine Anfrage dazu zunächst nicht.

Nur wenige Häuser weiter am Regent's Park lebt Ljubow Tschernuchina (Chernukhin), die den regierenden Konservativen viel Geld spendet. Allein für ein Tennismatch mit Johnson und dem damaligen Premier David Cameron habe sie 2014 insgesamt 160.000 Pfund hingeblättert, sagte Andrew Foxall von der Denkfabrik Henry Jackson Society. Laut «Guardian» hat die frühere Bankerin inzwischen die britische Staatsbürgerschaft. In den vergangenen sieben Jahren soll sie den Konservativen mehr als 1,6 Millionen Pfund gespendet haben. Auch ein Abendessen mit der damaligen Premierministerin Theresa May hatte die Frau eines früheren Beraters von Kremlchef Wladimir Putin gekauft.

Die Zeiten, in denen reiche Russen mit dem Geldkoffer aufkreuzen und Immobilien bar zahlen, sind selbst nach Einschätzung von Oligarchen vorbei. Längst nutzen sie komplizierte Geflechte von Offshore-Firmen und Bankverbindungen im Ausland, um das mitunter undurchsichtig erwirtschaftete Geld zu waschen. Der Abfluss von Kapital aus Russland ist seit Jahren massiv. Nach Angaben der russischen Zentralbank werden jeden Monat Milliardenbeträge aus Russland abgezogen. Allein im Januar waren es 7,3 Milliarden US-Dollar, meldet die dpa.

Die Regierung beklagt, dass es nicht gelinge, das Geld im Land zu halten – für Investitionen. Analysten machen dafür fehlende Sicherheiten in Russland verantwortlich. Wer das Geld ins Ausland schafft, kann sich auf ein funktionierendes Rechtssystem verlassen.

Es wird kritisiert, dass Politiker und Unternehmer Millionenbeträge unklarer Herkunft scheffeln und über oft verschlungene Wege ins Ausland transferieren. Bei einigen Gouverneuren und Regierungsmitgliedern liegt auch eine "Scheinheiligkeit" vor. Sie stellen sich in Russland öffentlich als saubere Patrioten dar. In Wirklichkeit aber legen sie ihr Geld nicht nur in London an, sondern auch in Südfrankreich, in Italien und auf Zypern, in Österreich und in der Schweiz. Mit Immobilien sichern sie sich ein schönes Leben fern der Heimat.

Die russische Opposition fordert, dass die Behörden im Westen genauer hinschauen, wo das russische Geld herkommt. Sie sollten schärfer wegen des Verdachts der Geldwäsche vorgehen. Auch Rachel Davies von Transparency International ist "sehr besorgt über die Menschen, die mit viel Geld nach Großbritannien kommen". Die Regierung habe mehr Transparenz besprochen. "Aber es ist noch nicht viel passiert."

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