Finanzen

Drohende Bankenpleiten: Europas Bank-Aktien fallen auf historisches Tief

Die Banken der Eurozone sind im Verlauf der letzten drei Wochen um mehr als ein Drittel abgestürzt. Um sie in der aktuellen Krise zu retten, wird die EZB ganz neue Maßnahmen der Geldpolitik zur Anwendung bringen müssen.
13.03.2020 15:00
Lesezeit: 3 min
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Der Stoxx EU600 Banks, ein wichtiger Index für die Aktien der europäischen Banken, ist diese Woche vorübergehend auf 88 Punkte eingebrochen - so tief wie niemals zuvor. Nur drei Wochen zuvor hatte der Index noch bei knapp 150 Punkten gelegen. Betroffen waren die Banken in allen europäischen Ländern. Die Aktienkurse liegen trotz einer leichten Erholung am Freitag noch rund ein Drittel niedriger als zu Jahresbeginn.

Dies sind die Kursverluste seit Jahresbeginn bei den größten europäischen Banken nach Bilanzsumme:

  1. Großbritanniens HSBC: -24 Prozent seit Jahresbeginn
  2. Frankreichs BNP Paribas: -34 Prozent
  3. Frankreichs Credit Agricole: -41 Prozent
  4. Spaniens Banco Santander: -34 Prozent
  5. Deutsche Bank: -20 Prozent
  6. Frankreichs Société Générale: -42 Prozent
  7. Frankreichs BPCE
  8. Großbritanniens Barclays: -43 Prozent
  9. Großbritanniens Lloyds: -40 Prozent
  10. Hollands ING: -49 Prozent

Desweiteren haben die Aktien von Unicredit und Intesa Sanpaolo, den beiden größten italienischen Banken nach Bilanzsumme, seit Jahresbeginn rund 35 Prozent beziehungsweise rund 28 Prozent eingebüßt. Im Vergleich zu ihren europäischen Konkurrenten schneidet die Deutsche Bank, die am Donnerstag zeitweise auf bis zu 4,85 Euro abstürzte und damit den niedrigsten Aktienkurs ihrer Geschichte verzeichnete, noch vergleichsweise gut ab.

Die Abstürze im europäischen Bankensektor sind nicht nur wegen ihrer Größe beeindruckend, sondern vor allem auch deshalb, weil sie innerhalb kürzester Zeit geschahen - im Wesentlichen seit dem 17. Februar, also in einem Zeitraum von nur etwa drei Wochen. Doch wenn man die langfristige Entwicklung der Bankaktien betrachtet, dann war der Absturz der letzten Wochen nur ein weiterer Schritt der europäischen Banken auf dem Weg nach unten.

Die Sonderrolle der EZB

Die Europäische Zentralbank spielt aufgrund ihrer besonderen Struktur eine Sonderrolle unter den Notenbanken. Dies haben wir kürzlich ausführlich in dem Bericht "Wem gehören die Zentralbanken der Welt" dargestellt. Kurz gesagt verfolgt die EZB als Zentralbank der Eurozone vor allem das Ziel, diese Währungsunion zusammenzuhalten.

Man vergleiche dies etwa mit der Federal Reserve, deren zwölf regionale Abteilungen sich im Besitz der Geschäftsbanken befinden, sodass deren Aktien für die Fed von großer Bedeutung sind. Die EZB hingegen kümmert es nur wenig, wenn die Bankaktien in ihrem Währungsgebiet abstürzen, solange zumindest die großen Banken nicht ganz zusammenbrechen.

Zwar verfolgt die EZB unter anderem auch das erklärte Ziel, die Preissteigerungen für die Verbraucher knapp unter 2 Prozent zu halten. Doch ein Großteil ihrer Anstrengungen zielt darauf, die Eurozone zusammenzuhalten. Zur Erreichung dieses Ziels erweiterte sie ihre Bilanz umrund 4,7 Billionen Euro und senkte den Einlagensatz auf minus 0,5 Prozent, was sich äußerst negativ auf die Banken und ihre Aktien auswirkte.

In Italien braut sich etwas zusammen

Italien kann sich die Auswirkungen des Coronavirus auf seine Wirtschaft kaum leisten, da es schon jetzt eine gefährlich hohe Konzentration an notleidenden Krediten aufweist. Das Land befindet sich wohl bereits in einer Rezession. Daher wird die italienische Regierung nun vorübergehend die Hypothekenzahlungen ihrer Bürger zahlen.

Solche Maßnahmen kosten die italienische Regierung, die schon jetzt eine Schuldenquote von fast 140 Prozent des BIP hat, natürlich viel Geld, das sie nicht hat. Erst vor zwei Wochen hat die EU-Kommission vor den hohen Risiken Italiens bei der Refinanzierung seiner Schulden gewarnt. Demnach muss das Land jährlich Schulden im Umfang von etwa 20 Prozent des BIP verlängern.

Die Renditen für italienischen Staatsanleihen sind bereits wieder gestiegen, allerdings ausgehende von einem extrem niedrigen Niveau. Die Spanne zwischen der zehnjährigen Anleihe des Landes und der deutschen Bundesanleihe ist zum ersten Mal seit August letzten Jahres wieder auf mehr als 200 Basispunkte angestiegen.

Diese Entwicklung ist eine schlechte Nachricht nicht nur für die italienische Regierung, sondern vor allem auch für die Banken des Landes, da diese riesige Teile der angeblich risikofreien italienischen Schuldtitel gekauft haben. Die Staatsanleihen sind im Investitionsbuch der Banken angelegt und müssen nicht zu Marktwerten bilanziert werden. Typischerweise werden sie bis zum Ende der Laufzeit gehalten und binden auch kein Eigenkapital.

In der Eurozone werden Staatsanleihen der Mitgliedsländer mit einem Risikogewicht (= Unterlegungsssatz) von Null definiert. Ein Zinsanstieg betrifft also die Aktivseite der Banken nicht direkt. Wenn aber die Renditen dieser Schulden plötzlich in die Höhe schnellen sollten, würde sich die zukünftige Refinanzierung der Banken verteuern und damit die Marge verkleinern. Zudem würden die Investoren in Sorge geraten und den beschleunigten Verkauf von Bankaktien vorantreiben.

Italien ist genau wie Spanien, Griechenland oder auch Frankreich ein großes Tourismusland. Durch die Coronavirus-Krise werden viele Kredite an Unternehmen dieses Sektors gefährdet, genauso wie gegenüber vielen kleinen und mittleren Unternehmen aus anderen Wirtschaftszweigen. Das Problem der Banken dieser Länder besteht darin, dass viele eine dünne Eigenkapitaldecke haben.

Zudem sind problematische Formen wie latente Steueransprüche (engl. deferred tax assets) zu ihrem Kernkapital gerechnet, oft durch implizite Staatsgarantien abgesichert. Aus diesem Grund sind in den vergangenen Tagen die Risikoaufschläge gegenüber deutschen Bundesanleihen wieder angestiegen, wenn auch erst zaghaft.

Im Kampf gegen diese Wirkungskette - Coronavirus, höhere Staatsausgaben und faule Kredite der Banken, höhere Renditen auf Staatsanleihen, teurere Refinanzierung der Banken, Investorenflucht aus Bankenanleihen und Bankaktien - könnte die EZB den Einlagenzinssatz ausgehend von aktuell minus 0,5 Prozent weiter in den negativen Bereich absenken.

Zwar würde eine erneute Zinssenkung es den Regierungen der Eurozone ermöglichen, die Wirtschaft zu unterstützen. Doch zugleich würde es weiteren Druck auf die Banken ausüben und ihr grundlegendes Geschäftsmodell gefährden, wie es die Banken-Chefs immer wieder medienwirksam beklagen. Um größere Banken-Crashs in der Eurozone zu verhindern, könnte die EZB schließlich im Rahmen von Wertpapierkäufen neben Staatsanleihen auch Anleihen von Banken kaufen.

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