Politik

Italiens und Spaniens Zukunft liegt in einer eigenen Mittelmeer-Union und im Goldstandard

Offenbar ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis einige Länder Südeuropas die EU verlassen. Als Alternative bietet sich die Gründung einer Mittelmeer-Union unter Einbeziehung des Goldstandards an.
18.04.2020 11:47
Aktualisiert: 18.04.2020 11:47
Lesezeit: 4 min
Italiens und Spaniens Zukunft liegt in einer eigenen Mittelmeer-Union und im Goldstandard
Mitglieder der Union of Mediterranean Countries (rot) und potenzielle Erweiterungsmitglieder (blau): (Grafik: Google Maps/DWN)

Es ist offenbar nur noch eine Frage der Zeit, bis sich Länder wie Italien und Spanien von der EU abkapseln, um die Hoheit über ihre Geld- Handels- und Außenpolitik zurückzuerlangen. Denkbar wäre zumindest ein Exit aus der Eurozone. In jedem Fall müssten sich die betroffenen Staaten die Frage stellen, mit welchen Ländern sie ihre Beziehungen verstärken möchten.

Sehr wahrscheinlich wäre die Gründung einer Mittelmeerunion, die sich von der im Jahr 2008 initiierten Mittelmeerunion unterscheiden würde. Am 13. Juli 2008 hatten sich Repräsentanten von 16 Mittelmeeranrainer-staaten und 27 Mitglieder der EU in Paris getroffen, um eine Union für den Mittelmeerraum (UfM) zu gründen. Das Ziel dieser Initiative, die von Frankreich ins Leben gerufen wurde, war die Schaffung von Demokratie und Wohlstand in einer Region mit 800 Millionen Einwohnern.

“Die Mittelmeerunion sollte die seit 1995 bestehende euro-mediterrane Partnerschaft (Euromed) fortsetzen und festigen. Denn bereits zu diesem Zeitpunkt versuchten die Mitglieder der Europäischen Union und ihre Mittelmeer-Partner mit dem ,Barcelona-Prozess’ die Region zum Raum des Friedens, der Stabilität und des gemeinsamen Wohlstandes zu machen – allerdings mit mäßigem Erfolg”, berichtet die Bundeszentrale für politische Bildung (BpB).

Das, was sich nach dem EU-Austritt Spaniens, Italiens und Griechenlands ergeben könnte, wäre nicht die UfM, sondern eine Mittelmeerunion unter Ausschluss der nordeuropäischen Staaten, die nach meiner Theorie durchaus imstande wären, sich in einer wirtschaftsstarken und EU-ähnlichen “Hanseatischen Liga” zusammenzufinden.

Rom, Athen, Madrid und vielleicht auch Paris müssten sich im Rahmen einer Union der Mittelmeerländer (“Union of Mediterranean Countries - UMC”) mit der Türkei als Gründer der UMC zusammenschließen. In einer späteren Phase müssten Ägypten, alle Maghreb-Staaten, Israel, der Libanon und auch Syrien nacheinander in die UMC aufgenommen werden. Wichtig wären hierbei auch Konsultationen mit Großbritannien, um Sonderklauseln über Gibraltar auszuhandeln. Das britische Überseegebiet sollte nicht in die UMC aufgenommen werden. Stattdessen könnte Großbritannien mit der UMC ein Freihandelsabkommen abschließen.

Entscheidend wäre auch die Integration der Adria-Anrainerstaaten Slowenien, Kroatien, Portugal, Monaco, Malta, Albanien, Montenegro, Kosovo (über die eigene Zollstelle im albanischen Hafen von Durrës) und Bosnien-Herzegowina. Serbien sollte einen Sonderstatus erhalten, um das Land nicht komplett vom aufkommenden Wohlstand in der Region auszuschließen. Doch dafür müssten auch Gespräche mit Moskau geführt werden, da sich Serbien in der russischen Einflusszone befindet. Nordmazedonien, Rumänien und Bulgarien sollten als zusätzliche Mitglieder einbezogen werden.

Wenn es den Mittelmeerstaaten gelingen sollte, eine UMC zu gründen, wären zahlreiche Konflikte im Mittelmeer gelöst. Dazu zählen der Konflikt auf Zypern (Türkei und Griechenland), in der Ägäis (Luftraum und Seegebiet), im östlichen Mittelmeer (Offshore-Gas, Offshore-Öl und Eastmed) und Flüchtlingskrisen (Nordafrika als Korridor nach Europa).

Allerdings müsste die Gründung der UMC eine wichtige Hürde nehmen. Bei den potenziellen Mitgliedern der UMC handelt es sich fast ausschließlich um Verbündete der USA. Lediglich Frankreich neigt aufgrund seiner kolonialen Vergangenheit dazu, Alleingänge zu unternehmen. Deshalb wäre es durchaus angemessen, wenn die zukünftigen französischen Regierungen eine Außenpolitik à la Sarkozy, aber nicht ganz so korrupt, verfolgen.

Es geht an dieser Stelle nicht darum, dass sich Paris unterwerfen soll. Entscheidend ist, was rational möglich ist, um das Mittelmeer und seine Anrainerstaaten in eine Region des Wohlstands zu transformieren. Das würde auch eine finanzielle und sicherheitspolitische Entlastung für Zentral- und Osteuropa nach sich ziehen.

Die Geldmenge in den UMC-Mitgliedstaaten sollte mit Gold gedeckt sein (Goldstandard). Jeder Staat würde dann nur so viel Geld ausgeben, wie er Gold besitzt. Dieser Kontrollmechanismus, der zunächst starr wirkt, hätte in Europa eine Kontrollfunktion. Es würde feste Wechselkurse, und somit auch kein Wechselkursrisiko geben, berichtet das Cato Institute. In den südeuropäischen Staaten sollte von Anfang an verhindert werden, dass Geld je nach Bedarf gedruckt wird. Somit können auch Haushaltsdefizite nicht beliebig ausgedehnt werden, weil der Goldstandard dies verhindert. Schlussendlich führt dies immer dazu, dass großen Mengen an Schulden nicht mehr aufgetürmt werden können.

Befürworter eines Goldstandards sagen, dass er eine selbstregulierende und stabilisierende Wirkung auf die Wirtschaft hat. Ein Goldstandard belohnt die produktiveren Nationen. Zum Beispiel erhalten sie Gold, wenn sie exportieren, so Procon.org. Mit mehr Gold in ihren Reserven können sie mehr Geld drucken. Das steigert die Investitionen in ihre profitablen Exportgeschäfte.

Ein Problem beim Goldstandard besteht darin, dass Größe und Gesundheit der Wirtschaft eines Landes von seiner Goldversorgung abhängen, führt die Iowa State University in einem Bericht aus. Die Wirtschaft ist nicht auf den Einfallsreichtum ihrer Menschen und Unternehmen angewiesen. Länder ohne Gold sind im Wettbewerb benachteiligt.

Somit ist die Nutzung des Goldstandards hochumstritten. In einigen Regionen der Welt könnte seine Einführung durchaus ratsam sein, zumal er auch sicherheitspolitisch positive Auswirkungen hätte, während in anderen Regionen die Bindung der eigenen Währung an das Gold keine großen Vorteile mit sich bringen würde.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Wie schützt man seine Krypto-Wallet? CLS Mining ermöglicht Nutzern eine stabile tägliche Rendite von 6.300 €.

Der Kryptowährungsmarkt erholte sich heute umfassend, die Stimmung verbesserte sich deutlich. Meme-Coins führten den Markt erneut an....

avtor1
Cüneyt Yilmaz

                                                                                ***

Cüneyt Yilmaz ist Absolvent der oberfränkischen Universität Bayreuth. Er lebt und arbeitet in Berlin.

DWN
Politik
Politik Russisches Geld soll nach Kiew fließen: Von der Leyen schreibt Merz & Co.
19.11.2025

Für die Nutzung der russischen Gelder werben insbesondere Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und von der Leyen. Ihr Plan sieht vor, der...

DWN
Finanzen
Finanzen Rentenplus 2026? Wann Ruheständler steuerpflichtig werden
19.11.2025

Rentner aufgepasst: Kommendes Jahr könnten die Renten in Deutschland erneut steigen. Was einerseits erfreulich ist, kann andererseits dazu...

DWN
Finanzen
Finanzen Aktienstrategie: Wie Profis erkennen, wann es Zeit zum Ausstieg ist
19.11.2025

Der perfekte Verkaufszeitpunkt an der Börse ist selten. Doch wer Gewinne nicht rechtzeitig realisiert, riskiert, sie wieder zu verlieren....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Nach Exportbeschränkungen für Nexperia-Chips: Niederlande geben Kontrolle über Chip-Firma Nexperia ab
19.11.2025

Ende September hatte die niederländische Regierung die Kontrolle über Nexperia übernommen. China reagierte kurz darauf mit einem...

DWN
Finanzen
Finanzen Droneshield-Aktien stürzen ab: Anleger stoßen die Rüstungsaktie massenhaft ab – die Hintergründe
19.11.2025

Die Droneshield-Aktien befinden sich am Mittwoch in einer drastischen Abwärtsbewegung, die Anleger fliehen. Doch was steckt wirklich...

DWN
Politik
Politik COP30 in Belém: Bill Gates sieht Klimawandel nicht mehr als das größte Problem
19.11.2025

Die COP30-Klimakonferenz in Brasilien versammelt Vertreter aus aller Welt, um über den Umgang mit Klimawandel, Emissionen und nachhaltiger...

DWN
Politik
Politik Drohnenbekämpfung: Was plant Innenminister Dobrindt für Deutschland?
19.11.2025

Die Bundesregierung geht davon aus, dass Drohnen von staatlichen Akteuren zu Spionage- und Sabotagezwecken eingesetzt werden – im Fokus...

DWN
Politik
Politik Trump bereitet Krieg auf dem eigenen Kontinent vor: Venezuela rückt ins Fadenkreuz
19.11.2025

Donald Trump lässt seine Administration offen über eine Militärintervention in Venezuela nachdenken. Während Präsident Nicolás Maduro...