Politik

Frau Lagarde, geben Sie uns eine Garantie für unser Bargeld

Die EZB muss den Bürgern in der Eurozone garantieren, dass das Bargeld weder jetzt noch in Zukunft abgeschafft wird.
29.04.2020 21:34
Aktualisiert: 29.04.2020 21:34
Lesezeit: 2 min
Frau Lagarde, geben Sie uns eine Garantie für unser Bargeld
Christine Lagarde, die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), unterschreibt symbolisch einen übergroßen 20-Euro-Schein. (Foto: dpa) Foto: Frank Rumpenhorst

Nachdem insbesondere die Deutschen Wirtschaftsnachrichten in einem Faktencheck nachgewiesen hatten, dass von der Bargeld-Nutzung keine Corona-Infektionsgefahr ausgeht, konnte sich die EZB dazu durchringen, dieser Argumentation zu folgen. EZB-Direktor Fabio Panetta führte in einem Artikel aus, dass es kein erhöhtes Ansteckungsrisiko durch Banknoten mit dem neuartigen Coronavirus gebe. Panetta stellte seinen Artikel zahlreichen deutschen und europäischen Zeitungen zur Veröffentlichung zur Verfügung. Die Deutschen Wirtschaftsnachrichten kontaktierte er nicht.

Doch die Garantien im Zusammenhang mit der Bargeld-Nutzung müssen weiter gehen. Schließlich wird die Corona-Krise als Anlass dafür genommen, die Nutzung von Bargeld verächtlich zu machen - und zwar weltweit. Deshalb sollte der Besitz von Bargeld als Recht im Grundgesetz verankert werden. Zu begrüßen wäre es, wenn auf EU-Ebene dafür eine rechtliche Garantie gegeben wird. Hier könnte die EZB unter Christine Lagarde eine wichtige Rolle spielen.

Die EZB sollte den Bürgern der Eurozone die Garantie geben, dass das Bargeld weder kurz- noch mittel- noch langfristig abgeschafft wird. Sie sollte sich dazu verpflichten, die Nutzung von Bargeld zu sichern. Lagarde, die über eine bewegende - teilweise traurige - Biographie verfügt, würde als EZB-Chefin die Unterstützung zahlreicher mittelständischer Unternehmer und Bürger in der Eurozone genießen, wenn sie sich dafür entscheiden würde, diesen Schritt zu gehen. Wahrscheinlich würde sie dadurch eine der beliebtesten Politikerinnen der jüngeren europäischen Geschichte werden.

Die Bargeldnutzung hat Info Sperber zufolge schließlich auch eine wichtige soziale Komponente. Info Sperber wörtlich: "In Dänemark ist es schon seit 2015 kleineren Läden erlaubt, die Annahme von Bargeld zu verweigern. Damit werden die Leute gezwungen, ein Bankkonto und eine Debitkarte zu haben. Was aber ist mit den Randständischen, den Armen und den Heimatlosen, den neu und noch arbeitslosen Zugewanderten? Was mit den Straßenmusikanten und den Bettlern, denen man gerne einen Franken oder einen Euro in den Hut legt?" Auch diese Menschen sollten der EZB nicht egal sein.

Einer Analyse der Direktbank ING Deutschland zufolge saßen die Menschen in Deutschland Ende 2019 auf insgesamt 253 Milliarden Euro Bargeld. Das waren 32 Milliarden oder 15 Prozent mehr als im Vorjahr. Durchschnittlich entspricht das mehr als 3.000 Euro in bar für jeden Bundesbürger. Der Boom von Scheinen und Münzen setzte den Daten zufolge mit der Niedrigzinsphase im Euroraum ein. Seit Ende 2013 haben sich demnach die Bargeldbestände in Deutschland mehr als verdoppelt, obwohl es durch die Inflation in den letzten Jahren einen Wertverlust von durchschnittlich etwa ein bis zwei Prozent gab.

Umso wichtiger ist, dass sich die EZB nun öffentlich zur Zukunft des Bargelds äußert - und zwar in dem Sinne, dass sie sich zu Scheinen und Münzen bekennt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
avtor1
Cüneyt Yilmaz

                                                                                ***

Cüneyt Yilmaz ist Absolvent der oberfränkischen Universität Bayreuth. Er lebt und arbeitet in Berlin.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft VW-Aktie im Fokus: Was die Werksschließung bei Volkswagen für die Autoindustrie bedeutet
16.12.2025

Ein symbolträchtiger Standort der deutschen Autoindustrie schließt seine Tore und rückt die VW-Aktie erneut in den Fokus von Anlegern...

DWN
Politik
Politik Teure Mieten, hohe Steuern, weniger Kinder: Auswanderungen aus Deutschland weiterhin auf hohem Niveau
16.12.2025

Nach wie vor wandern sehr viele Menschen aus Deutschland aus, gleichzeitig bekommen Deutsche immer weniger Kinder: Eine fatale Entwicklung...

DWN
Politik
Politik Umfrage: Spätere Rente für Akademiker spaltet die Deutschen
16.12.2025

Sollte das Renteneintrittsalter an die Zahl der Beitragsjahre gekoppelt sein? Die Bürger sind sich darin nicht einig. Deutsche mit Abitur...

DWN
Politik
Politik CDU-Vorsitz: Einstimmiges Votum aus NRW - Merz soll CDU-Chef bleiben
16.12.2025

Friedrich Merz erhält einstimmige Unterstützung aus NRW für eine weitere Amtszeit als CDU-Bundesvorsitzender. Der Vorschlag kommt von...

DWN
Politik
Politik Anschlag geplant? Terrorverdächtiger in Magdeburg reiste legal ein
16.12.2025

Mit Visum kam er nach Deutschland, dann informierte er sich über Waffen und glorifizierte Anschläge. Zu dem 21-jährigen Mann in...

DWN
Politik
Politik Sudan führt auch 2026 Krisenliste von Hilfsorganisation an
16.12.2025

Die Hilfsorganisation IRC erstellt jeden Dezember eine Liste von Krisenstaaten, die im Folgejahr zu beachten sind. Der Sudan steht im...

DWN
Finanzen
Finanzen Bargeld: Barzahlen wird bei Behörden zur Ausnahme - Bundesbank sieht Akzeptanzlücken
16.12.2025

Bargeld ist in Deutschland nach wie vor beliebt, doch in Ämtern und Behörden stößt man damit nicht immer auf offene Türen. Die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Finanzielle Unabhängigkeit für Führungskräfte: So sichern Sie echte Entscheidungsfreiheit
16.12.2025

Die meisten Führungskräfte träumen davon, unabhängig Entscheidungen treffen und nach eigenen Überzeugungen handeln zu können. In der...