Der LNG-Gastanker „Christophe de Margerie“ ist am 19. Mai von der sibirischen Jamal-Halbinsel aufgebrochen , um über die Nordostpassage in den chinesischen Hafen von Jingtang zu fahren. Das Schiff soll dort am 11. Juni eintreffen. Der Gastanker der russischen Reederei Sovcomflot hat Flüssigerdgas geladen, berichtet der "Barents Observer".
Stand heute hat der Gastanker es fast bis zur Insel Wrangle geschafft. Er wird von dem atomgetriebenen Eisbrecher „Yamal“ begleitet. Aber, und das ist das Besondere an der Fahrt: Der Eisbrecher musste dem Tanker bislang seinen Weg noch nicht freimachen.
Die Eisschichten auf der Nordostpassage sind über mehrere Jahre dramatisch geschrumpft - im September 2019 befand sich die Eisdecke auf dem zweitkleinsten Stand aller Zeiten.
Im Jahr 2019 waren in der Arktis die zweithöchsten Durchschnittstemperaturen aller Zeiten zu verzeichnen, und der jüngste Klimabericht des russischen Wetterdienstes Roshydromet besagt, dass die durchschnittlichen Wintertemperaturen entlang der Nordostpassage, den Gewässern entlang der arktischen Küste des Landes, seit den 1990er Jahren um etwa fünf Grad gestiegen sind.
Aus den aktuellen Daten (Stand: 28. Mai 2020/12.30 Uhr) von Marinetraffic.com geht hervor:
- Der LNG-Tanker „Christophe de Margerie“ befindet sich derzeit in NCCIS - Kara Sea an Position 73 ° 58 '52,176 "N, 76 ° 54 '52,164" E.
Was für ein Schiff ist die „Christophe de Margerie“?
- Die „Christophe de Margerie“ (IMO: 9737187) ist ein LNG-Tanker, der 2016 gebaut wurde und unter der Flagge Zyperns fährt. Seine Tragfähigkeit beträgt 172.600 Kubikmeter Flüssiggas und sein aktueller Tiefgang zwölf Meter. Die Gesamtlänge (LOA) beträgt 299 Meter und die Breite 50 Meter. Die „Christophe de Margerie“ besitzt einen Eisbrecher-Level von Arc7 und ist imstande, 2,1 Meter dickes Eis zu durchbrechen.
Simon Boxall, ein Ozeanograph an der University of Southampton, sagt, dass die Schifffahrtsunternehmen eine „sichere Wette“ beim Bau von Schiffen für die Nordostpassage gemacht haben. Denn dort werde das Eis drastisch abschmelzen. „Auch wenn wir bereits morgen die Treibhausemissionen stoppen könnten, wäre der drastische Verlust des arktischen Eises wahrscheinlich nicht rückgängig zu machen“, so Boxall. Die Ironie sei, dass der Klimawandel auch einen Vorteil habe. Denn die Schiffe, die durch die Nordostpassage in den Pazifik fahren, benötigen weniger Treibstoff als die Schiffe, die die Route durch den Suezkanal nehmen.
„In den vergangenen Jahren hat es einen stetigen Anstieg des Verkehrs gegeben (…) Es gab immer einen Handel auf dieser Strecke (Nordostpassage, Anm.d.Red.), aber es wurde viel durch das Eis behindert. Dieser Weg ist eine viel kürzere Alternative als die Suez-Route“, so Bill Spears, Sprecher der Reederei Sovcomflot mit Sitz in St. Petersburg.
Arktis bis 2050 weitgehend eisfrei
Bis zum Jahr 2050 wird der Nordpol nach Berechnung Hamburger Wissenschaftler zumindest in einigen Sommern eisfrei sein. Eine Analyse von 40 Klimamodellen habe ergeben, dass das Eis im Arktischen Ozean auch dann schmelzen werde, wenn die Menschheit ehrgeizige Klimaziele beim Kohlendioxidausstoß verwirkliche.
„Wenn wir die Emissionen weltweit schnell und deutlich reduzieren und so das Zwei-Grad-Ziel erreichen, wird das Arktiseis trotzdem noch vor 2050 im Sommer immer mal wieder weitestgehend abschmelzen“, sagte der Leitautor der Studie, Dirk Notz vom Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit der Universität Hamburg. „Das hat uns überrascht.“ Die Studie haben die Forscher in den „Geophysical Research Letters“ veröffentlicht.
Notz nannte die Arktis einen Großschauplatz des Klimawandels. Das Meereis reagiere sehr sensibel und vergleichsweise linear auf die Klimaerwärmung. Jede Tonne CO2, die ausgestoßen werde, lasse drei Quadratmeter Eis schmelzen.
Sollte die Klimaerwärmung auf zwei Grad begrenzt werden, wäre der Nordpol wahrscheinlich in der Hälfte der Sommer bis 2050 weitgehend eisfrei, das heißt, die Packeisfläche wäre kleiner als eine Million Quadratkilometer. Würde sich das Klima nur um 1,5 Grad erwärmen, so bliebe nach Angaben von Notz eine eisfreie Arktis eine Ausnahme. „Selbst im alleroptimistischen Szenario wird das Eis in manchen Jahren verschwinden“, sagte der Klimawissenschaftler jedoch. „Es ist voraussichtlich schon zu spät.“
Die Folgen für die Natur seien problematisch: Die Meeres-Eisdecke sei Jagdrevier und unverzichtbarer Lebensraum für Eisbären und Robben. Zugleich spiele die Eisdecke eine wichtige Rolle im Klimasystem. Die helle Oberfläche reflektiere das Sonnenlicht in den Weltraum und kühle so die Arktis.
Im September 2019 wurde nach Angaben des Bremerhavener Alfred-Wegener-Instituts die zweitgeringste Ausdehnung des arktischen Eises seit 1979 gemessen. Nur 3,9 Millionen Quadratkilometer des Arktischen Ozeans waren zugefroren. Im September 2012 war mit 3,4 Millionen Quadratkilometern die bislang kleinste Eisfläche beobachtet worden. Das arktische Eis erreicht gewöhnlich im März seine größte und im September seine geringste Ausdehnung.