Finanzen

Beste Stimmung im Kasino: Börsen verzeichnen trotz Krisen steigende Kurse

Lesezeit: 2 min
03.06.2020 16:47
An den Aktienmärkten ist die Stimmung trotz der Unruhen in den USA, der Konfrontation der USA mit China und des weltweiten Wirtschaftseinbruchs bestens. Es könnte keinen besseren Beweis für die komplette Abkopplung der Finanzmärkte von der Realwirtschaft geben.
Beste Stimmung im Kasino: Börsen verzeichnen trotz Krisen steigende Kurse
Ein Roulette-Tisch. (Foto: dpa)
Foto: Bernd W

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die Erholungsrally der Börsen geht weiter. "Die Aktienmärkte preschen weiter voran als gäbe es kein Morgen beziehungsweise keine Corona-Pandemie", sagte Analyst Frank Wohlgemuth von der National-Bank in Essen. "Es herrscht eine Menge Skepsis bezüglich des laufenden Aufschwungs, aber die Investoren kaufen, um nicht an der Seite zu stehen und möglicherweise weitere Kursgewinne zu verpassen."

Dax und EuroStoxx50 stiegen am Mittwoch um jeweils etwa zwei Prozent auf 12.304 und 3222 Punkte. Für Letzteren war es der achte Anstieg in neun Handelstagen. "Offenbar schauen die Investoren weiterhin über die wachsenden Spannungen zwischen den USA und China sowie die Unruhen in den USA hinweg", sagte Analyst Charalambos Pissouros vom Brokerhaus JFD.

Genährt wurde der Optimismus von ermutigenden Konjunkturdaten. Das Barometer für die Stimmung der chinesischen Einkaufsmanager im Dienstleistungssektor erreichte den höchsten Stand seit 2010. Der britische Einkaufsmanager-Index stieg überraschend stark auf 30 Punkte. "Das deutet darauf hin, dass sich die Dinge in die richtige Richtung bewegen", sagte Ulas Akincilar, Chef-Händler des Online-Brokers Infinox. "Anzeichen wie diese haben einen überdurchschnittlichen Einfluss auf die Marktstimmung."

Außerdem setzten Börsianer auf weitere Konjunkturhilfen, unter anderem von der Europäischen Zentralbank (EZB). Sie werde am Donnerstag die Aufstockung ihre Wertpapierkäufe zur Abfederung der Pandemie-Folgen um 500 Milliarden Euro bekanntgeben, prognostizierte Anlagestratege Antoine Bouvet von der ING Bank. Parallel dazu verhandelten die Koalitionsspitzen weiter über das geplante Konjunkturpaket des Bundes im Volumen von bis zu 100 Milliarden Euro.

"SICHERE HÄFEN" WENIGER ATTRAKTIV - ÖLPREIS UNTER DRUCK

Vor diesem Hintergrund zogen sich weitere Investoren aus "sicheren Häfen" zurück. Die "Antikrisen-Währung" Gold verbilligte sich um 0,6 Prozent auf 1716,20 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm). Unter Druck stand auch die Weltleitwährung. Auffällig seien die Verluste des Dollar zum Euro, sagte Analyst Ricardo Evangelista vom Brokerhaus ActivTrades. Dieser sei zum Höhepunkt der Coronavirus-Krise unter die Räder gekommen und gehöre nun zu den Favoriten. Die Gemeinschaftswährung war mit 1,1226 Dollar zeitweise so teuer wie zuletzt vor zweieinhalb Monaten.

Auch für den Ölpreis ging es bergab. Die Sorte Brent aus der Nordsee verbilligte sich um rund ein Prozent auf 38,92 Dollar je Barrel (159 Liter). Investoren befürchteten, dass die erwartete Verlängerung der Förderbremse kürzer ausfallen könnte als erhofft, sagte Neil Wilson, Chef-Analyst des Online-Brokers Markets.com.

TUI-HÖHENFLUG GEHT WEITER - LUFTHANSA IM AUFWIND

Dank der geplanten Lockerung der Reise-Beschränkungen griffen Investoren bei Touristik-Werten erneut beherzt zu. Die Aktien von TUI stiegen ihn London um bis zu zwölf Prozent. Der Reiseveranstalter einigte sich zudem mit dem US-Flugzeugbauer Boeing auf Schadenersatz für Ausfälle durch das Flugverbot für die Maschinen des Typs 737 MAX.

Gefragt waren auch die Papiere der Lufthansa, die sich um knapp vier Prozent verteuerten. Nach der Einigung auf milliardenschwere Staatshilfe verordnete Firmenchef Carsten Spohr der Fluggesellschaft einen strikten Sparkurs.

In Paris stiegen die Papiere von Axa auf ein Drei-Monats-Hoch von 18,68 Euro, obwohl der Versicherer die Dividende halbiert. Allerdings werde der Rest Ende des Jahres nachgezahlt, wenn sich die wirtschaftliche Lage verbessere. Der Markt habe mit einer kompletten Streichung der Ausschüttung gerechnet, schrieb Analyst Philip Kett von der Investmentbank Jefferies.


Mehr zum Thema:  

DWN
Finanzen
Finanzen Die EZB: Spezialist für die Vernichtung von Vermögen

Die EZB und alle anderen Zentralbanken richten seit der Finanzkrise 2008 ein Unheil nach dem anderen an, das stets mit der Vernichtung von...

DWN
Politik
Politik SPD-Abgeordneter schlägt 4-Prozent-Hürde für Bundestag vor

Der Streit um die Reform des Wahlrechts hält an. Nun schlägt ein SPD-Abgeordneter vor, die Hürde für den Einzug in den Bundestag von 5...

DWN
Politik
Politik Nato schickt bis zu 300.000 Soldaten an Grenze zu Russland

In den kommenden Monaten will die Nato bis zu 300.000 Soldaten an der Grenze zu Russland stationieren. Doch dies ist mit hohen Kosten für...

DWN
Politik
Politik EU und Deutschland beenden Streit um Verbrenner

Auch nach 2035 können in der EU neue Verbrenner zugelassen werden, wenn man sie nur mit „klimaneutralem“ E-Fuel betanken kann. Das...

DWN
Politik
Politik Der wahre Grund für den Abschwung in der Baubranche

Die Baubranche wird von einem kräftigen Abschwung erfasst. Eine der wichtigsten Ursachen – vielleicht die wichtigste – für die Krise...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Brasilien ignoriert Energiewende, sieht Zukunft im Erdöl

Brasiliens staatlicher Ölkonzern Petrobras schert sich nicht um die globale Energiewende und wäre CEO Prates zufolge auch gern der letzte...

DWN
Finanzen
Finanzen Kredit-Krise: Drama um Credit Suisse wird zum „Alptraum“ für Europas Banken

Die nicht ohne Kollateralschäden abgelaufene Abwicklung der stark angeschlagenen Schweizer Großbank hat die Finanzmärkte aufgewühlt. Es...