Deutschland

Leak aus internem Dokument: Continental plant neue massive Entlassungswelle

Beim Großzulieferer Continental wird es eine neue Kündigungswelle geben, wie aus einem an die Öffentlichkeit geratenen internen Bericht hervorgeht. Das Unternehmen befindet sich aufgrund des Schwenks zur Elektromobilität ohnehin in schwerem Fahrwasser.
10.06.2020 10:50
Aktualisiert: 10.06.2020 10:50
Lesezeit: 2 min
Leak aus internem Dokument: Continental plant neue massive Entlassungswelle
Das Continental-Logo. (Foto: dpa) Foto: Julian Stratenschulte

Der Autozulieferer Continental will seinen Sparkurs wegen der Corona-Krise abermals verschärfen und warnt Insidern zufolge vor Stellenabbau. Das Unternehmen werde aller Voraussicht nach "einige 100 Millionen Euro sparen müssen. Das wird sehr schmerzhaft. Aber wir haben keine andere Wahl", sagte Konzernchef Elmar Degenhart mehreren namentlich nicht bekannten Insidern zufolge in einem internen Video, über das auch die Wirtschafts-Woche berichtete.

Die Wahrscheinlichkeit, dass es zu Kündigungen komme, sei "sehr, sehr hoch", sagte Degenhart. Conti habe keine andere Wahl, als variable und fixe Kosten anzupassen. Ein Conti-Sprecher verwies darauf, dass es sich um eine interne Veranstaltung gehandelt habe und wollte sich nicht weiter äußern. Der Betriebsrat lehnte eine Stellungnahme ab.

Das Wirtschaftsmagazin berichtete darüber hinaus, Degenhart erwarte von der Politik keine weitere Hilfe. "Wir haben die Hoffnung aufgegeben, dass die Konjunkturpakete gut und effektiv genug sind, um kurzfristig Schwung in die Automobilindustrie zu bringen," sagte er demnach.

Conti hatte bereits im März weitere Einsparungen angekündigt - Geld für die Dividenden der Aktionäre war aber noch genug in den Kassen. Anfang Mai stellte der Autozulieferer wegen des wochenlangen Stillstands der Produktion alle Ausgaben und Investitionen auf den Prüfstand. Schon damals wollte der Dax-Konzern aus Hannover wegen der Unsicherheiten keine Prognose für das laufende Jahr abgeben.

Die Pandemie trifft den Konzern mitten im Schwenk in die Elektromobilität, welcher tausende Arbeitsplätze kosten wird. Im September hatte das Unternehmen deswegen Umschichtungen angekündigt, von denen binnen zehn Jahren weltweit bis zu 20.000 Arbeitsplätze betroffen sein werden. Etwa 7.000 der mehr als 60.000 Stellen in Deutschland stehen wegen der Elekro-Fokussierung auf der Kippe. Ganze Werke sollen geschlossen werden, weil Teile für Benzin- und Dieselmotoren von den Autobauern weniger gefragt sind.

Beobachtern zufolge dürfte die verstärkte Fokussierung auf Elektroantriebe in Deutschland im schlimmsten Fall hunderttausende Arbeitsplätze kosten. Die E-Strategie ist äußerst riskant: Elektroautos sind bis heute nicht wirklich wettbewerbsfähig und der Nutzen für die Umwelt ist fraglich. Das jüngste Beispiel für die Probleme, welche mit einer aggressiven E-Strategie verbunden sind, lieferte der Aufstand der Mitarbeiter bei Volkswagen.

Das Sparprogramm, über das der Konzern nun mit den Arbeitnehmern verhandelt, soll nach Angaben aus Unternehmenskreise obendrauf kommen. Conti rechnet nicht damit, dass die Volumina in den kommenden fünf Jahren wieder das Niveau von 2019 erreichen werden. Deshalb hatten die Niedersachsen - wie andere Unternehmen aus der Automobilindustrie auch - auf eine Kaufprämie für Verbrenner gesetzt.

Seiner Enttäuschung darüber, dass diese nicht kommt, ließ der Betriebsrat freien Lauf. Betriebsratschef Hasan Allak kritisierte die SPD wegen ihrer ablehnenden Haltung scharf, die Kritik an der Elektro-Strategie wird aber nur indirekt geäußert: "Wir sind enttäuscht, dass führende Sozialdemokraten trotz eines Austauschs mit Betriebsräten Grundsatzpositionen einnehmen und weitreichende Entscheidungen treffen, die negative Konsequenzen für hunderttausende von Beschäftigten haben", schrieb er der Wirtschafts-Woche. Schadstoffarme Verbrenner würden schließlich noch mindestens zehn Jahre den Großteil der Produktion ausmachen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bundesbank: Deutsche Exportwirtschaft verliert deutlich an globaler Stärke
14.07.2025

Die deutsche Exportwirtschaft steht laut einer aktuellen Analyse der Bundesbank zunehmend unter Druck. Branchen wie Maschinenbau, Chemie...

DWN
Immobilien
Immobilien Gebäudeenergiegesetz: Milliardenprojekt für 1,4 Billionen Euro – hohe Belastung, unklare Wirkung, politisches Chaos
14.07.2025

Die kommende Gebäudesanierung in Deutschland kostet laut Studie rund 1,4 Billionen Euro. Ziel ist eine Reduktion der CO₂-Emissionen im...

DWN
Politik
Politik EU plant 18. Sanktionspaket gegen Russland: Ölpreisobergrenze im Visier
14.07.2025

Die EU verschärft den Druck auf Moskau – mit einer neuen Preisgrenze für russisches Öl. Doch wirkt die Maßnahme überhaupt? Und was...

DWN
Technologie
Technologie Datenschutzstreit um DeepSeek: Deutschland will China-KI aus App-Stores verbannen
14.07.2025

Die chinesische KI-App DeepSeek steht in Deutschland unter Druck. Wegen schwerwiegender Datenschutzbedenken fordert die...

DWN
Finanzen
Finanzen S&P 500 unter Druck – Sommerkrise nicht ausgeschlossen
14.07.2025

Donald Trump droht mit neuen Zöllen, Analysten warnen vor einer Sommerkrise – und die Prognosen für den S&P 500 könnten nicht...

DWN
Politik
Politik Wenn der Staat lahmt: Warum die Demokratie leidet
14.07.2025

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier warnt eindringlich vor den Folgen staatlicher Handlungsunfähigkeit. Ob kaputte Brücken,...

DWN
Politik
Politik Fluchtgrund Gewalt: Neue Angriffe in Syrien verstärken Ruf nach Schutz
14.07.2025

Trotz Versprechen auf nationale Einheit eskaliert in Syrien erneut die Gewalt. Im Süden des Landes kommt es zu schweren Zusammenstößen...

DWN
Finanzen
Finanzen Altersarmut nach 45 Beitragsjahren: Jeder Vierte bekommt weniger als 1300 Euro Rente
14.07.2025

Auch wer sein Leben lang gearbeitet hat, kann oft nicht von seiner Rente leben. Dabei gibt es enorme regionale Unterschiede und ein starkes...