Finanzen

Warum die Deutsche Bank im Fall Jeffrey Epstein verurteilt wurde

"Obwohl die Bank die schreckliche kriminelle Vorgeschichte von Herrn Epstein kannte, hat sie es unentschuldbar versäumt, verdächtige Transaktionen in Millionenhöhe aufzudecken oder zu verhindern", sagte die Chefin der New Yorker Finanzaufsicht. Die verhängte Geldstrafe in Höhe von 150 Millionen Dollar ist möglicherweise erst der Anfang der Probleme für die Bank im Fall Jeffrey Epstein.
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09.07.2020 12:17
Aktualisiert: 09.07.2020 12:17
Lesezeit: 5 min
Warum die Deutsche Bank im Fall Jeffrey Epstein verurteilt wurde
Die Deutsche Bank hat bei ihrem Kunden Jeffrey Epstein klare Warnsignale immer wieder ignoriert, sagt die New Yorker Finanzaufsicht. (Fotos: dpa)

Als die Deutsche Bank sich im Jahr 2013 um Jeffrey Epstein als Kunden bemühte, war dieser für die Öffentlichkeit lediglich ein verurteilter Sexualstraftäter, weil er laut einem Urteil im US-Bundesstaat Florida eine Minderjährige als Prostituierte bereitgestellt hatte. Damals war noch nicht bekannt, dass Epstein ein internationales Netzwerk betrieb, das einflussreiche Männer mit minderjährigen „Sexsklavinnen“ zusammenbrachte, darunter offenbar auch Prinz Andrew.

Über die Jahre half die Deutsche Bank Jeffrey Epstein dabei, mehrere Millionen Dollar an seine mutmaßlichen Mitverschwörer zu überweisen. Auch wickelte die Bank Überweisungen an Frauen mit russischen Bankkonten ab. Und sie gab bereitwillig Auskunft, als der persönliche Anwalt von Epstein bei der Bank nachfragte, wie oft und wie viel Bargeld er denn abheben könne, ohne die Aufmerksamkeit der Behörden auf sich zu ziehen.

Epsteins Anwalt hob dann im Laufe der Jahre in einer Deutsche-Bank-Filiale in Manhattan etwa hundertmal jeweils 7.500 Dollar ab. Dies ist der von der Deutschen Bank festgesetzte Maximalbetrag für Abhebungen durch Dritte, bis zu dem die Bank den Vorgang noch nicht als verdächtig einstuft und ihn in ihren gesetzlich vorgeschriebenen Berichten für die Aufsichtsbehörden auch nicht als verdächtige Bargeldabhebung kennzeichnet.

"Unentschuldbare" Versäumnisse bei der Deutschen Bank

Laut der New Yorker Finanzaufsichtsbehörde ignorierte die Deutsche Bank Warnzeichen dafür, dass Epstein das Geld für seine kriminellen Aktivitäten verwendete, wie die Behörde am Dienstag mitteilte. Außerdem habe die Deutsche Bank habe es versäumt, ihre Bankbeziehungen mit zwei Institutionen ordnungsgemäß zu überwachen, die tief in die globalen Geldwäsche-Skandale verwickelt sind, die FBME Bank und die Danske Bank.

"Die Deutsche Bank hat es versäumt, die Aktivitäten von Kunden angemessen zu überwachen, welche die Bank selbst als hohes Risiko einschätzte", sagte Behördenchefin Linda Lacewell in einer Erklärung. "Insbesondere im Fall von Jeffrey Epstein hat es die Bank trotz Kenntnis von Epsteins schrecklicher krimineller Vorgeschichte unentschuldbar versäumt, verdächtige Transaktionen in Millionenhöhe aufzudecken oder zu verhindern".

Die Deutsche Bank, gegen die das New Yorker Department of Financial Services eine Geldbuße in Höhe von 150 Millionen Dollar verhängte, unterzeichnete eine Einverständniserklärung, in der die Einzelheiten ihrer Versäumnisse dargelegt sind. Die Bank sagte, sie bedauere ihre Verbindung zu Epstein zutiefst und habe mit den US-Behörden kooperiert.

"Wir sehen unseren Fehler ein, Epstein im Jahr 2013 an Bord genommen zu haben, sowie die Schwächen in unseren Prozessen, und wie haben aus unseren Fehlern und Mängeln gelernt", zitiert Bloomberg Daniel Hunter, einen Sprecher der Bank. Der Sprecher fügte hinzu, dass die Bank fast eine Milliarde Dollar ausgegeben hat, um ihre Anti-Geldwäsche-Kontrollen zu verbessern.

Das Vorgehen des New Yorker Department of Financial Services könnte Epsteins Opfer nun dazu ermutigen, Entschädigung aus seinem Nachlass zu fordern. Die Opfer können auch darauf hoffen, dass sich aus der Verhaftung von Ghislaine Maxwell in der letzten Woche neue Informationen ergeben. Maxwell ist eine langjährige Mitarbeiterin von Epstein, die beschuldigt wird, Minderjährige angeworben zu haben, die dann sexuell missbraucht wurden. Der britische Guardian führte Ende letzten Jahres in einem Bericht aus, welche wichtige Rolle Maxwell beim Missbrauch von minderjährigen Mädchen gespielt hat.

Deutsche Bank versteckte Epsteins Gelder

Als Epsteins Kundenbetreuer bei einer anderen anderen Bank Ende 2012 zur Deutschen Bank wechselte, ermutigte der Kundenbetreuer die Führungskräfte in der Vermögensverwaltung der Deutschen Bank, Epstein als Kunden zu gewinnen. Der Kundenbetreuer versprach, dass Epstein im Laufe der Zeit bis zu 100 bis 300 Millionen Dollar an "Flow" und 2 bis 4 Millionen Dollar an Jahreserträgen generieren könne.

Möglicherweise handelt es sich bei der Bank, von der Epstein zur Deutschen Bank wechselte, um die Privatbank von JPMorgan Chase, die das Geschäftsverhältnis zu Epstein etwa zu dieser Zeit beendete. Die New Yorker Aufsichtsbehörde hat Epsteins frühere Bank aber nicht namentlich genannt. Und JPMorgan selbst lehnte einen Kommentar gegenüber Bloomberg ab.

Obwohl ein Kundenkoordinator der Deutschen Bank Epsteins kriminelle Vorgeschichte in einem internen Memo darlegte, stimmten die Führungskräfte der Bank, darunter auch einige, die in der Compliance arbeiten, der Aufnahme Epsteins als Kunden zu. Sie ermöglichten dem Milliardär auch, seine Identität zu schützen, indem er seine Gelder in einer Reihe von Rechtsgebilden aufbewahren konnte, die nicht seinen Namen trugen.

Kurz nachdem er seine Gelder zur Deutschen Bank transferiert hatte, begann Epstein damit, Zahlungen von mehr als 10.000 Dollar an Personen zu überweisen, die in Medienberichten bereits als seine Mitverschwörer identifiziert worden waren. Viele dieser Zahlungen stammten aus einer von Epstein gegründeten Entität namens "Butterfly Trust". Die Mitarbeiter von Epstein werden in der New Yorker Akte nicht identifiziert. Medienberichten zufolge war Ghislaine Maxwell die primäre Vermittlerin von Epstein.

Nach Angaben der New Yorker Aufsichtsbehörde überwies Epstein im Laufe der Zeit 2,65 Millionen Dollar an seine Mitverschwörer sowie an verschiedene "Frauen mit osteuropäischen Nachnamen", angeblich für Hotelkosten, Schulbildung und Miete. Als ein Compliance-Mitarbeiter der Deutschen Bank Bedenken gegen eine Überweisung auf ein russisches Konto äußerte, nannte ein Epstein-Buchhalter dies eine Schulgeldzahlung. Epstein zahlte auch 7 Millionen Dollar in offensichtlichen rechtlichen Vergleichen und weitere 6 Millionen Dollar aus, um seine eigenen Rechtskosten und die seiner Mitverschwörer zu bezahlen, sagte der Regulierer.

Die Einverständniserklärung beschreibt auch die bereits erwähnten Bargeldabhebungen durch Epsteins persönlichen Anwalt bei einer Bankfiliale in der Park Avenue in Manhattan. Die Aufsichtsbehörde identifiziert den Epstein-Anwalt nicht namentlich. Aber seine Beschreibung stimmt mit der von Darren Indyke überein, der viele Jahre lang Epsteins persönlicher Anwalt war und nach seinem Tod im August letzten Jahres zum Mitverwalter seines Nachlasses wurde. Indyke reagierte nicht auf Bitten von Bloomberg um eine Stellungnahme.

Deutsche Bank ignoriert wiederholt Warnzeichen

Im Juli 2017 war Epsteins persönlicher Anwalt wieder in der Zweigstelle der Deutschen Bank in Manhattan und fragte erneut nach, wie viel Geld er abheben könne. Nachdem ihm das Limit mitgeteilt worden war, teilte der Anwalt eine Abhebung von 10.000 Dollar auf, um zu vermeiden, dass der Alarm ausgelöst wird. Bankmitarbeiter sagten ihm, dass dieses Vorgehen illegal sein könnte. Der Anwalt sagte, das sei nicht seine Absicht gewesen. Das Bankpersonal "fand ihn glaubwürdig" und erlaubte ihm, seine Abhebungen fortzusetzen.

Im Jahr 2017 vertieften sich Epsteins rechtliche Probleme wieder. Mehrere Zivilklagen wurden gegen ihn angestrengt. Im selben Jahr begann die Reporterin Julie Brown vom Miami Herald, sich mit Epsteins Verurteilung in Florida wegen Prostitution einer Minderjährigen zu befassen. Sie ging der Frage nach, wie Epstein einer Anklage durch einen Bundesrichter hatte entgehen können, und befragte dazu etwa 60 Frauen.

Kurz bevor die Filiale der Deutschen Bank in der Park Avenue im Februar geschlossen wurde, kam Epsteins Anwalt erneut vorbei und sprengte alle Grenzen, indem er in einem Vorgang 100.000 Dollar für Epstein abhob. Er sagte gegenüber den Bankmitarbeitern, er brauche das Geld für Trinkgelder und Haushaltsausgaben.

Im November 2018 berichtete der Miami Herald dann in einer Reihe von Artikeln über die Behauptungen von Frauen, die alle sagten, sie seien von Epstein als Minderjährige sexuell missbraucht worden. Staatsanwälte der US-Staatsanwaltschaft Manhattan sagten später, Epstein habe versucht, das Schweigen von Menschen zu erkaufen, die möglicherweise gegen ihn hätten aussagen können.

Tatsächlich überwies Epstein zwei Tage, nachdem der Miami Herald begann, seine Berichte zu veröffentlichen, 100.000 Dollar von einem Treuhandkonto an eine Person, die als möglicher Mitverschwörer im Fall in Florida genannt wurde, und 250.000 Dollar an einen weiteren potentiellen Mitverschwörer einige Tage danach, so die Staatsanwaltschaft.

Im Dezember 2018 teilte die Deutsche Bank Epstein mit, dass sie seine Konten auflösen wird. Doch die Bank ermöglichte ihrem Kunden eine "weiche Landung", sagten zwei Personen, die mit der Angelegenheit vertraut sind, zu Bloomberg. Seine Konten seien erst im Mai 2019 - also ein halbes Jahr später - offiziell geschlossen worden.

Im Juli 2019 wurde Epstein von Bundesbeamten verhaftet, nachdem sein Privatflugzeug von Paris aus in den USA gelandet war. Am 10. August wurde er tot in seiner Gefängniszelle aufgefunden. Offiziellen Angaben zufolge beging er Selbstmord durch Erhängen. Doch an diesem Befund gibt es erhebliche Zweifel.

Im Gespräch mit dem US-Fernsehsender CBS sagte der forensischer Pathologe Michael Baden im Januar, der bei der Epstein-Autopsie dabei war, dass die Anzeichen auf Mord hindeuten. "Es gab Frakturen des linken, des rechten Schildknorpels und des linken Zungenbeins", so der Pathologe. "Ich habe noch nie drei Frakturen wie diese bei einem Selbstmord durch Erhängen gesehen." Zudem wurden zwei Justizvollzugsbeamte angeklagt, weil sie Gefängnisunterlagen aus der Nacht, in der Epstein starb, gefälscht haben sollen.

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