Wirtschaft

Die Party ist vorbei: Deutsche Unternehmen im Ausland entwerfen düsteres Zukunfts-Szenario

Die Bundesregierung und eine ganze Reihe von Wirtschaftsforschungsinstituten prognostizieren ein baldiges Ende der Krise. Doch die deutschen Unternehmen mit Niederlassungen im Ausland hegen düstere Befürchtungen.
10.07.2020 16:14
Lesezeit: 2 min
Die Party ist vorbei: Deutsche Unternehmen im Ausland entwerfen düsteres Zukunfts-Szenario
"Prosit", heißt es beim Oktoberfest im chinesischen Qingdao. Aber den deutschen Unternehmen im Ausland ist überhaupt nicht zum Feiern zumute. (Foto: dpa) Foto: Friso Gentsch

Der „Deutsche Industrie- und Handelskammertag“ (DIHK) hat diese Woche durch seine Auslands-Handelskammern eine Sonderumfrage zur Corona-Krise durchführen lassen. Die Auslands-Handelskammern sind in der Regel sehr gut mit den im jeweiligen Land tätigen deutschen Unternehmen vernetzt und reflektieren deren Stimmungslage zutreffend. Die Durchführung einer Sonderumfrage (AHK World Business Outlook) rechtfertigt sich durch die Tatsache, dass die Einschätzung der wirtschaftlichen Aussichten zum jetzigen Zeitpunkt realistischer sein dürfte als gleich nach Ausbruch der Coronavirus-Pandemie.

In vielerlei Hinsicht unterscheiden sich die Ergebnisse nicht wesentlich von den schon miserablen Werten der letzten Umfrage, die turnusmäßig – wie in den vergangenen Jahren auch – im April dieses Jahres April stattfand. Einzelne Ergebnisse aber sollten zu denken geben. Sie widerspiegeln die äußerst pessimistische Einschätzung, welche inzwischen überhand genommen hat (im Ganzen wie auch in einzelnen Ländern).

Die Kernpunkte sind:

  • Es ist eine gewaltige, präzedenzlose Krise, die für viele Unternehmen im laufenden Jahr zweistellige Umsatzverluste bedeuten wird. Die meisten Unternehmen erwarten Umsatzeinbrüche von 10 bis 50 Prozent; ein Viertel (26 Prozent) erwartet Einbrüche von zwischen 25 und 50 Prozent, 15 Prozent (also mehr als jedes siebte Unternehmen) erwartet Einbrüche von über 50 Prozent.
  • Die Aussichten für die Endnachfrage haben sich weiter eingetrübt, insbesondere Investitionen und Beschäftigung werden deutlich negativer beurteilt. Dahinter steckt die drastisch verschlechterte Finanzierungssituation der Unternehmen im jeweiligen Land. Es ist für diese schwierig geworden, überhaupt noch Kredite zu erhalten.
  • Überraschend ist, dass die Probleme der Lieferketten immer noch als schwerwiegend beurteilt werden. Nicht wenige Unternehmen wollen deshalb für die Produktion die Standorte verlagern und neue Lieferanten suchen, meist nach Deutschland oder in die Europäische Union zurück.
  • Die Krise wird lange dauern. Zeitlich erwarten rund die Hälfte der Unternehmen die Konjunkturerholung für das nächste Jahre, und die andere Hälfte erst für 2022 oder später.
  • Als Herausforderungen sehen viele Unternehmen einen ganzen Rattenschwanz von Faktoren, zentral sind aber die drastisch verschlechterten Staatsfinanzen und die zu geringe Unterstützung für die Unternehmen. Beide werden als Bremsklötze für die zukünftige Wirtschaftsentwicklung eingeschätzt.
  • In Bezug auf die Einschätzung der Wirtschaftsräume und einzelner Länder gibt es Überraschungen und Lichtblicke. Am besten werden die Wirtschaftsaussichten für China und für die Region Asien/Pazifik ohne China eingeschätzt. Gleich dahinter kommen Ost-/Südosteuropa und mit einigem Abstand die Eurozone und die übrige EU sowie Afrika und der Nahe und Mittlere Osten. Am Schluß hinken Nordamerika und erst recht Süd-und Mittelamerika hinterher.
  • Unter den einzelnen Ländern sticht eines weit heraus, welches wohl niemand an der Spitze und dazu noch weit voraus an der Spitze erwarten würde. Nur für Italien erwarten die im Land tätigen deutschen Unternehmen eine Konjunkturerholung im laufenden Jahr, welche schon Ende 2021 abgeschlossen sein wird.

Die Ergebnisse der Umfrage lassen starke Zweifel an den Konjunkturprognosen der deutschen Forschungsinstitute sowie der Bundesregierung entstehen. Vielleicht es doch nichts mit der exportgetragenen Erholung, welche etwa das IFO-Institut kürzlich publiziert hat!

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Bündnis Sahra Wagenknecht: AfD unterstützt Neuauszählung der Bundestagswahl
26.11.2025

An gerade mal 9.500 fehlenden Stimmen scheiterte im Februar der Einzug des BSW in den Deutschen Bundestag. Seitdem fordert die Partei eine...

DWN
Politik
Politik Regierung plant weiter die Energiewende mit einer Grüngasquote: Mehr Umweltschutz und mehr Kosten für Industrie und Verbraucher
26.11.2025

Die schwarz-rote Regierung plant eine Quote, um die schleppende Wasserstoffwirtschaft und Energiewende in Deutschland weiter...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Insolvenz bei GOVECS – das Ende der elektrischen Schwalbe
26.11.2025

Das Münchner Unternehmen Govecs stellt unter dem Namen der in der DDR populären Moped-Marke seit einigen Jahren Elektroroller her. Nun...

DWN
Politik
Politik Chatkontrolle: EU-Staaten setzen auf freiwillige Maßnahmen statt Pflichtkontrollen
26.11.2025

Die EU ringt seit Jahren darum, wie digitale Kommunikation geschützt und zugleich besser überwacht werden kann. Doch wie weit sollen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Schwarz Group plant Lidl-Rechenzentrum: Milliardenprojekt für Deutschlands KI-Infrastruktur
26.11.2025

Die Großinvestition der Schwarz Group verdeutlicht den wachsenden Wettbewerb um digitale Infrastruktur in Europa. Doch welche Bedingungen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Jobs wandern nach Südamerika: Faber-Castell will 130 Stellen in Deutschland streichen
26.11.2025

Hohe Kosten und eine schwache Nachfrage: Der fränkische Schreibwarenhersteller will Fertigung nach Südamerika verlagern und dafür...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Covestro-Überrnahme genehmigt: Abu Dhabi wird vom Ölreich zum Chemieriesen
26.11.2025

In Abu Dhabi gilt die Chemieindustrie als Zukunftsmodell. Zentraler Baustein der Vision: Die Übernahme des Leverkusener...

DWN
Politik
Politik Nach AfD-Einladung: Deutsche Bank kündigt "Familienunternehmer" den Mietvertrag
26.11.2025

Der Verband „Die Familienunternehmer“ lädt einen AfD-Politiker ein. Daraufhin beendet die Deutsche Bank einen Mietvertrag. Der Verband...