Deutschland

Corona-Insolvenzwelle, Teil 6: Die Autozulieferer trifft es besonders hart

Derzeit müssen eine ganze Reihe von Zulieferbetrieben aus dem Automobilbereich Insolvenz anmelden.
03.08.2020 15:01
Lesezeit: 2 min
Corona-Insolvenzwelle, Teil 6: Die Autozulieferer trifft es besonders hart
Schweißarbeiten. (Foto: dpa) Foto: Inga Kjer

Top-Meldung

Der große hessische Autozulieferer Veritas hat ein Insolvenzverfahren eröffnet. Zum Verwalter wurde der Frankfurter Sanierungsexperte Jan Markus Plathner bestellt, wie die Kanzlei Brinkmann & Partner am vergangenen Freitag mitteilte. Das Amtsgericht Hanau hat demnach das Insolvenzverfahren für Veritas mit seinen 4.400 Mitarbeitern weltweit bereits am 28. Juli eröffnet.

Insolvenzverwalter Plathner hatte schon das im April begonnene vorläufige Verfahren geleitet und nach Investoren für die Firma gesucht. An dem Prozess, der auch die Auslandsgesellschaften umfasse, hätten strategische und Finanzinvestoren teilgenommen, berichtete er. Er sei "sehr optimistisch, eine gute Lösung für das Unternehmen zu finden". Kunden und Lieferanten hätten dem Unternehmen die Treue gehalten. Jedoch stehe auch eine Zerschlagung im Raum. "Die Investoren sind zum Teil an der gesamten Gruppe oder nur an einzelnen Betrieben interessiert", sagte Plathner.

Die Produktion an den fünf deutschen Standorten in Gelnhausen, Gießen (Hessen), Neustadt und Polenz (Sachsen) sowie Benshausen (Thüringen) sowie den ausländischen Standorten habe man vorerst stabilisiert. Auch Sanierungsmaßnahmen samt Stellenabbau wurden demnach eingeleitet. Nicht zuletzt der Umsatzrückgang in der Corona-Krise habe zu Kosteneinsparungen gezwungen, erklärte Plathner.

Veritas hat über elf eigenständige Werke in Deutschland, China, Mexiko, Österreich, Bosnien, Ungarn und der Türkei. Die Firma stellt Schläuche, Leitungen, Luftzirkulationssysteme und Dichtungen her. Die Wurzeln von Veritas reichen nach eigenen Angaben zurück bis 1849.

Veritas ist nicht der einzige Zulieferbetrieb, welcher in den vergangenen Tagen Insolvenz anmelden musste.

Weitere Meldungen

Autozulieferer KSM Castings Group in Hildesheim: Insolvenz in Eigenverantwortung beantragt, etwa 2.350 Angestellte in Deutschland und Tschechien betroffen.

Automobilzulieferer JD Norman in Eisenach: Nach Beantragung der Insolvenz im Jahr 2017 Übernahme durch einen US-Investor. Nun werden die Werke in Eisenach und im hessischen Witzenhausen geschlossen. Etwa 600 Mitarbeiter verlieren an den beiden Standorten ihren Arbeitsplatz.

Autozulieferer BBS aus dem Schwarzwald: Insolvenzantrag gestellt, mehr als 500 Mitarbeiter betroffen.

Rehms-Holding in Borken: Insolvenz angemeldet, rund 480 Beschäftigte betroffen.

Bodendienstleister Ground Service Tegel des Flughafen Tegel: Insolvenz angemeldet, etwa 350 Miatrbeiter betroffen.

Hotelbetreiber HAB-Betriebs GmbH: Insolvenzantrag gestellt, 5 Sterne-Luxushotel Sofitel nahe des Berliner Kudamms von Schließung bedroht, Zahl der betroffenen Angestellten unbekannt.

Eisengießerei Torgelow: Insolvenz angemeldet, rund 320 Mitarbeiter betroffen.

Recylex Gruppe: Insolvenz für drei Chemie- und Metallbetriebe im Harz angemeldet, rund 300 Mitarbeiter betroffen.

Wirecard Communications Services in Leipzig: Insolvenzantrag gestellt, rund 200 Mitarbeiter der insolventen Wirecard-Tochter betroffen.

Glasformenhersteller Zitzmann aus Tettau: Insolvenz angemeldet, rund 80 Mitarbeiter betroffen.

Modelabel Strenesse: Schon länger in Schwierigkeiten, nun endgültiger Bankrott durch die Corona-Pandemie. 56 Mitarbeiter verlieren ihren Arbeitsplatz.

Kreuzfahrten-Anbieter Transocean: Insolvenz angemeldet, Zahl der betroffenen Mitarbeiter unbekannt.

Bekleidungsunternehmen Jeans Kaltenbach in München: Insolvenz in Eigenverantwortung angemeldet, rund 35 Mitarbeiter betroffen.

Geschäftsreiseverband Acte: Insolvenz angemeldet, Zahl der betroffenen Mitarbeiter unbekannt.

Hersteller für Tierzubehör Karlie: Insolvenz in Eigenverwaltung angemeldet, rund 60 Mitarbeiter betroffen.

Schausteller in Niedersachsen und Bremen: Erste Insolvenzen aufgrund von ausgefallenen Volksfesten angemeldet, Zahl der betroffenen Mitarbeiter unbekannt.

Münchner Kaffeehauskette San Francisco Coffee: nach mehrjährigen Finanzproblemen Insolvenz angemeldet. Das 1999 gegründete Unternehmen hatte laut Insolvenzverwalter in besseren Zeiten 17 Standorte.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Hitzestress am Arbeitsplatz: Mehr Krankmeldungen bei Extremtemperaturen
02.07.2025

Extreme Sommerhitze belastet nicht nur das Wohlbefinden, sondern wirkt sich zunehmend auf die Arbeitsfähigkeit aus. Bei Hitzewellen...

DWN
Politik
Politik Europa vor dem Zerfall? Ex-Premier Letta warnt vor fatalem Fehler der EU
02.07.2025

Europa droht, zum Museum zu verkommen – oder zum Spielball von Trump und China. Italiens Ex-Premier Letta rechnet ab und warnt vor dem...

DWN
Politik
Politik Warum sprechen diese Woche alle über Trumps „Big Beautiful Bill“?
01.07.2025

Es ist Trumps größtes Prestigeprojekt. Doch welche Vor- und Nachteile hat das Gesetzespaket, das am Freitag unterschriftsreif auf dem...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kernenergie-Aktien explodieren um 542 Prozent: Anleger warnen vor Blasenbildung
01.07.2025

Kernenergie-Aktien feiern ein spektakuläres Comeback – befeuert durch den steigenden Strombedarf für Rechenzentren. Die Branche erlebt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Svenska Digitaltolk: Dolmetscher-Gigant kauft KI-Unternehmen – Millionenumsatz prognostiziert
01.07.2025

Schwedens Dolmetscher-Gigant will Europas Übersetzungsmarkt aufrollen – mit KI, Millionenplänen und dem Griff nach Deutschland. Doch...

DWN
Politik
Politik Grenze zu – zumindest teilweise: Polen kontrolliert ab Montag
01.07.2025

Polen wird ab kommendem Montag vorübergehend wieder Grenzkontrollen an der Grenze zu Deutschland einführen. Das kündigte...

DWN
Politik
Politik Krankenkassen schlagen Alarm: Zusatzbeiträge könnten deutlich steigen
01.07.2025

Die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) warnen vor Druck zu neuen Beitragserhöhungen ohne eine rasche Bremse für steigende Kosten....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Thyssenkrupp-Umbau betrifft Tausende – Betriebsräte fordern Klarheit
01.07.2025

Angesichts weitreichender Umbaupläne bei Thyssenkrupp fordern die Beschäftigten klare Zusagen zur Zukunftssicherung. Betriebsräte pochen...