Der japanische Ministerpräsident Shinzo Abe will einem Insider zufolge zurücktreten. Hintergrund sei sein schlechter werdender Gesundheitszustand, sagte eine mit den Plänen vertraute Person am Freitag der Nachrichtenagentur Reuters und bestätigte damit einen Bericht des öffentlich-rechtlichen Fernsehsenders NHK. "Der Rücktritt ist beschlossene Sache", sagte der Insider aus Abes Liberaldemokratischer Partei.
Zuletzt hatte es zunehmend Spekulationen über die Gesundheit des Regierungschefs gegeben, nachdem er sich zweimal binnen kurzer Zeit zur Behandlung ins Krankenhaus hatte begeben müssen. Abe kämpft seit Jahren gegen eine chronische Darmentzündung. Für den Nachmittag (10.00 Uhr MESZ) war eine Pressekonferenz des Ministerpräsidenten angekündigt.
Als mögliche Nachfolger für den seit 2012 regierenden Abe wird Finanzminister Taro Aso genannt. Der 79-Jährige ist als stellvertretender Ministerpräsident das wichtigste Regierungsmitglied nach Abe. Auch der frühere Verteidigungsminister Shiguru Ishiba und Ex-Außenminister Fumio Kishida werden als potenzielle Kandidaten für das Amt gehandelt, ebenso der amtierende Verteidigungsminister Taro Kono und einige weitere Kabinettsmitglieder.
Nach dem Bericht über einen Rücktritt des Regierungschefs rutschte der Nikkei-Index um mehr als zwei Prozent ins Minus. Japan ist die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt - nach den USA und China und noch vor Deutschland.
Das Land steckt in einer schweren Rezession: Das Bruttoinlandsprodukt brach im zweiten Quartal auf das Jahr hochgerechnet um 27,8 Prozent ein, da in der Corona-Krise sowohl die Exporte als auch der Konsum einbrachen. Mit dem Rekordeinbruch wurden die unter Ministerpräsident Abe und dessen aktiver Wirtschaftsförderung aus lockerer Geldpolitik, hohen Staatsausgaben und Reformen wieder anzukurbeln ("Abenomics") seit 2012 erreichten Zuwächse zunichtegemacht.
Abe ist seit Dezember 2012 Ministerpräsident und Vorsitzender der Liberaldemokratischen Partei. Seine Amtszeit als Regierungschef würde im September 2021 enden. Am Montag übertraf Abe den vor einem halben Jahrhundert von seinem Großonkel Eisaku Sato aufgestellten Rekord für die längste ununterbrochene Amtszeit als Ministerpräsident.
Abe hat in seiner Amtszeit die Verteidigungsausgaben hochgefahren. Jahr 2014 legte seine Regierung die Verfassung neu aus, so dass japanische Truppen erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg an Auslandseinsätzen teilnehmen konnten.