Deutschland

Erste Rufe nach Gründung eines Staatsfonds zur Absicherung der Bürger im Alter

Der Journalist Gabor Steingart schlägt angesichts des drängender werdenden Problems der Altersarmut die Schaffung eines Staatsfonds vor. Dieser solle Gelder an den Finanzmärkten investieren und mehren.
03.09.2020 15:00
Lesezeit: 2 min
Erste Rufe nach Gründung eines Staatsfonds zur Absicherung der Bürger im Alter
Dresden: Zwei Gebäudereiniger putzen in 27 Metern Höhe das gewölbte Glasdach des World Trade Centers. (Foto: dpa) Foto: Sebastian Kahnert

Der Journalist und Gabor Steingart schlägt die Gründung eines Staatsfonds für die Alterssicherung in Deutschland vor. „Die Ware Arbeitskraft erfährt eine Abwertung durch die Technologisierung der Arbeitswelt. Unser Rentensystem hängt aber komplett an der Ware Arbeitskraft“, sagte der 58-Jährige der Deutschen Presse-Agentur. „Durch die Technisierung wird der Faktor Kapital aufgewertet.“ In seinem Buch schreibt Steingart: „Ein Staatsfonds, der die Gelder nicht von der Hand der Arbeitnehmer in den Mund der Rentner umverteilt, sondern die Sozialbeiträge wirklich aller Bürger am Kapitalmarkt investiert, verspricht in der heutigen Zeit eine funktionstüchtige Absicherung für alle.“ Steingart verweist auf Norwegen, wo es einen Staatsfonds gibt, der weltweit in Unternehmen investiert.

Sorge vor Altersarmut ist groß, viele Deutsche können aber nicht vorsorgen

Die Sorge vor Altersarmut ist groß in Deutschland: Jeder Zweite hat einer Umfrage zufolge Befürchtungen - doch für die private Vorsorge fehlen nach eigener Einschätzung fast ebenso vielen Menschen die Mittel. Das sind Ergebnisse einer Umfrage der Deutsche Bank mit Unterstützung des Meinungsforschungsinstituts Ipsos, die Ende des vergangenen Jahres vorgestellt wurde.

Aktuell legen die Befragten nach eigenen Angaben im Median 50 Euro pro Monat privat fürs Alter zur Seite. Nötig wäre nach ihrer Einschätzung aber eine Sparrate in Höhe von 200 Euro. Fast jeder Zweite (47 Prozent) in der Studie gab an, er würde gerne (mehr) fürs Alter sparen, habe aber kein Geld übrig. Zusätzliches Hemmnis: 56 Prozent finden Produkte zur Altersvorsorge oft unverständlich, 36 Prozent halten das ganze Thema für zu komplex.

In weiten Teilen der Bevölkerung habe sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass die gesetzliche Rente im Ruhestand eher nicht ausreichen wird: „Wir sehen ein ziemlich erschüttertes Vertrauen in die gesetzliche Rente“, sagte Thomas Hörter, Leiter Marktforschung Deutsche Bank. Nur 17 Prozent der 3.200 Befragten von 20 bis 65 Jahren erwarten der Umfrage zufolge aus der gesetzlichen Rente im Alter eine ausreichende Versorgung. 70 Prozent glauben dagegen, dass aus dieser Quelle nur eine Grundversorgung kommen wird. Und immerhin die Hälfte (54 Prozent) der Befragten erwartet sogar, dass das gesetzliche Rentensystem über kurz oder lang zusammenbrechen wird.

Die Deutsche Rentenversicherung erklärte, die Befunde und Bewertungen im Deutsche-Bank-Vorsorgereport widersprächen den Ergebnissen repräsentativer Befragungen, die die Rentenversicherung seit Jahren regelmäßig durchführen lasse. Diesen Befragungen zufolge sehe ein steigender Anteil der Bevölkerung die gesetzliche Rentenversicherung als ideale Form der Altersvorsorge an. Der Anteil derjenigen mit dieser Einschätzung sei von 54 Prozent 2014 auf 72 Prozent in diesem Jahr gestiegen, teilte die Rentenversicherung mit.

Womöglich werden Deutschlands Arbeitnehmer künftig allerdings noch länger arbeiten müssen, bevor sie Leistungen aus der Rentenkasse in Anspruch nehmen können. Die Bundesbank hatte kürzlich die Debatte um eine weitere Anhebung des Rentenalters auf fast 70 Jahre befeuert. Seit 2012 wird die Altersgrenze für den Bezug der gesetzlichen Rente schrittweise von 65 auf 67 Jahre im Jahr 2031 angehoben. Doch das wird nach Expertenansicht nicht ausreichen, weil ab Mitte der 2020er Jahre die geburtenstarken Jahrgänge das Rentenalter erreichen.

Das jüngste Rentenpaket der Bundesregierung sichert bis 2025 das Absicherungsniveau bei 48 Prozent ab - dieses markiert das Verhältnis der Rente zum Durchschnittslohn. Zudem soll bis 2025 der Beitragssatz zur Rentenversicherung nicht über 20 Prozent des Einkommens steigen. Experten rechnen danach mit einem sinkenden Rentenniveau und steigenden Beiträgen, wenn nicht gegengesteuert wird.

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