Politik

Hintergrund-Information: Das sind die Streitpunkte des indisch-chinesischen Konflikts

Im Juni eskalierte der indisch-chinesische Konflikt, an der beiderseitigen Grenze im Himalaya kam zu einer Auseinandersetzung, die eine zweistellige Zahl von Toten forderte. Dann schien sich die Situation wieder beruhigt zu haben - bis gestern Schüsse fielen. Die DWN haben zusammengefasst, worum sich die beiden Atommächte streiten.
08.09.2020 11:51
Lesezeit: 2 min
Hintergrund-Information: Das sind die Streitpunkte des indisch-chinesischen Konflikts
Delhi: Demonstranten verbrennen Plakate, auf denen das Konterfei von Chinas Präsident Xi Jinping sowie die chinesische Flagge zu sehen sind. (Foto: dpa) Foto: Rajat Gupta

Der Auseinandersetzung zwischen der Weltmacht China und der großen Regionalmacht Indien dreht sich in erster Linie um die präzise Festlegung der beiderseitigen Grenze, die sich im Nordosten Indiens und im Südwesten Chinas über eine Länge von insgesamt viertausend Kilometern erstreckt. Abhängig von diesem Grenzverlauf gehört das Gebiet, auf dem sich heute der nördlichste Bundesstaat Indiens, „Arunachal Pradesh“, befindet, zum Subkontinent oder zum Reich der Mitte. Beide Staaten erheben Ansprüche auf die Region, die mit rund 82.000 Quadratkilometern in etwa so groß ist wie Tschechien (circa 79.000 Quadratkilometer).

Von 1947 an, als Indien seine Unabhängigkeit erlangte, bemühte sich das Land, Arunachal Pradesh zu einem Teil seines Staatsgebietes zu machen, was 1987 endgültig gelang – die Region wurde indischer Bundesstaat. Aber auch China erhebt Anspruch auf das – mit knapp 1,4 Millionen Einwohnern dünn besiedelte – Territorium. 1962, nach dem überlegenen Sieg der Volksrepublik im Indisch-Chinesischen Grenzkrieg (Dauer: ein Monat / Gefallenenzahl: 2.000), wäre es fast ans Reich der Mitte gefallen, verblieb dann aber doch bei Indien, nachdem Peking unter starken internationalen Druck geraten war (seine Macht war vor 58 Jahren eben noch bei weitem schwächer ausgeprägt, als es heute der Fall ist).

Der indisch-chinesische Konflikt um Grenzgebiete ist aber nicht nur auf Arunachal Pradesh beschränkt. Auch die Hochlandregion „Aksai Chin“ ist umstritten – derzeit von China verwaltet, meldet auch Indien Ansprüche auf das unwirtliche Territorium an, das mit 38.000 Quadratkilometern circa 80 Prozent der Fläche Niedersachsens entspricht und die Heimat von lediglich ein paar buddhistischen Nomaden ist.

Peking behauptet, dass seine Souveränität über die umstrittenen Gebiete durch eine Reihe von Dokumenten gestützt wird, die auf ein Grenzabkommen zwischen China und Großbritannien vom 17. März 1890 zurückgehen, das als "Sikkim-Tibet-Abkommen" bekannt ist, sowie durch Dokumente der indischen Botschaft in China, die 1960 ausgestellt wurden und (angeblich) Indiens Akzeptanz des Grenzabkommens bekräftig(t)en.

Schlussendlich ist auch Bhutan an Grenzstreitigkeiten beteiligt – das kleine Königreich erhebt Anspruch auf das 90 Quadratkilometer kleine Territorium „Doklan“ (zum Vergleich: Bremerhaven ist 93 Quadratkilometer groß), das derzeit von China verwaltet wird. Bhutans Anspruch wird von Indien unterstützt, das sich als Beschützer des 750.000-Einwohner-Staates darstellt. Tatsache ist, dass das Territorium strategisch wichtig für die nationale Sicherheit Indiens ist, weil es an den Siliguri-Pass grenzt, der die nördlichen und östlichen Bundesstaaten Indiens mit dem Rest des Landes verbindet.

Die USA und Europa sind über den Aufstieg Chinas zur größten Wirtschafts- und potentiell mächtigsten Militärmacht der Welt äußerst besorgt. Die US-Regierung sieht Indien als geeigneten Partner für ein Bündnis gegen die Volksrepublik. Aus diesem Grund versicherte US-Außenminister Mike Pompeo per Video auf dem amerikanisch-indischen Wirtschaftsgipfel am 22. Juli 2020, dass Indien den USA als wichtigem Partner vertrauen sollte und dass Washington Delhi nicht allein im Konflikt mit Peking lassen wird. Und Indiens Außenminister Subrahmanyam Jaishankar sagte, dass Amerika und Indien „heute in der Zusammenarbeit die Möglichkeit haben, die Welt zu formen“.

Lesen Sie auch:

[deutsche-wirtschafts-nachrichten.de]

[deutsche-wirtschafts-nachrichten.de]

[deutsche-wirtschafts-nachrichten.de]

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Globale Handelsadern unter Beschuss: Wem gehören die Häfen der Welt?
02.08.2025

Im globalen Machtpoker um maritime Infrastruktur blockiert China die milliardenschwere Übernahme von CK Hutchinson-Terminals durch...

DWN
Panorama
Panorama Sommerferien 2025: Wer früher startet, erlebt mehr Sonne – wer später reist, profitiert anders
02.08.2025

Sommerferien sind heiß ersehnt – doch wann ist der beste Zeitpunkt für den Urlaub? Früh oder spät starten, Sonne oder Schnäppchen,...

DWN
Finanzen
Finanzen Lebensversicherung verkaufen: Wie Sie die Lebensversicherung zu Geld machen können
02.08.2025

Bei einem Verkauf der Lebensversicherung erhält man in aller Regel mehr Geld als bei einer Kündigung des Vertrags. Während der...

DWN
Technologie
Technologie LinkedIn ist das professionelle soziale Netzwerk: Doch etwas ist im Wandel
02.08.2025

LinkedIn galt lange als letzte seriöse Bastion im Netz – ein Ort für Karrieren, Netzwerkpflege und Fachlichkeit. Doch jetzt häufen...

DWN
Finanzen
Finanzen Warum nur 1 von 25 Aktien echten Wohlstand schafft
02.08.2025

Nur vier Prozent der Aktien schaffen es, den Markt nachhaltig zu schlagen – der Rest vernichtet langfristig Vermögen. Was Anleger jetzt...

DWN
Finanzen
Finanzen Immobilien-Crowdfunding-Falle: Anleger warnt vor Reinvest24
02.08.2025

Ein Investor schlägt Alarm: Zinsen bleiben aus, Geld verschwindet, Auskünfte gibt es keine. Der Fall der Plattform Reinvest24 zeigt, wie...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Fahrermangel in Europa: Fast die Hälfte der europäischen Lkw-Fahrer steht kurz vor der Pensionierung
02.08.2025

Europa droht eine stille Krise, die alle trifft: Hunderttausende Lkw-Fahrer gehen bald in Rente – doch kaum jemand will nachrücken....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Chef des Superfonds Eifo zur chinesischen Windkraft-Offensive: „Ich bin besorgt“
02.08.2025

Chinas Windkraftkonzerne drängen mit Macht auf globale Märkte – und bedrohen nun auch Europas Energiewende. In Lateinamerika, Afrika...