Politik

Nawalny-Vergiftung: Trump äußert Zweifel an Täterschaft Russlands

Lesezeit: 2 min
05.09.2020 20:39  Aktualisiert: 05.09.2020 20:39
Während Deutschland und die EU schon seit Tagen Russland für die Vergiftung von Kreml-Gegner Alexej Nawalny verantwortlich machen, hat US-Präsident Trump offenbar Zweifel an der Täterschaft von Russland. Es sei interessant, dass alle zuerst Russland erwähnten, sagte er am Samstag.
Nawalny-Vergiftung: Trump äußert Zweifel an Täterschaft Russlands
28.06.2019: Wladimir Putin (l), Präsident von Russland, und Donald Trump, Präsident der USA, geben sich die Hände, zu sehen in der Dokumentation «Erzfreunde Trump und Putin» (Undatierte Filmaufnahme). (Foto: dpa)
Foto: -

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Politik  
Russland  
USA  

Im Fall des vergifteten Kreml-Gegner Alexej Nawalny hat die US-Regierung mit Zurückhaltung auf Deutschlands Erkenntnisse reagiert. Washington habe noch keine Beweise für eine Vergiftung des Oppositionellen gesehen, zweifle aber nicht an Deutschlands Erkenntnissen, sagte US-Präsident Donald Trump am Freitag (Ortszeit) bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus. „Ich weiß nicht genau, was passiert ist. Es ist tragisch, furchtbar, wir haben noch keine Beweise gesehen, aber werden es uns anschauen.“

Trump hielt sich mit Kritik an Moskau zurück und betonte stattdessen, er habe eine gute Beziehung zum russischen Präsidenten Wladimir Putin. Nawalny ist ein vehementer Kritiker des Kremlchefs und deckte mit seinem Team zahlreiche Korruptionsfälle in der russischen Machtelite auf.

Russland bestreitet, in die Vergiftung des 44 Jahre alten Oppositionellen verwickelt zu sein. Die russische Führung betonte mehrfach, dass eigene Labors keine Vergiftung feststellen konnten. Es gebe keine Grundlage, den russischen Staat in dem Fall zu beschuldigen, sagte ein Kremlsprecher.

Nawalny war vor mehr als zwei Wochen bei einem Inlandsflug in Russland unter heftigen Schmerzen ins Koma gefallen. Zunächst wurde er in einem Krankenhaus in Sibirien behandelt. Nach internationalem Druck und auf Drängen seiner Familie wurde er dann in die Berliner Universitätsklinik Charité verlegt.

Die Bundesregierung hatte nach Untersuchungen eines Spezial-Labors der Bundeswehr mitgeteilt, dass eine Vergiftung dem militärischen Nervenkampfstoff aus der sogenannten Nowitschok-Gruppe zweifelsfrei erwiesen sei. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte am Freitag, dass „die Unterrichtung unserer Partner in der Europäischen Union und der Nato“ mit zu den ersten Schritten gehörte.

Das russische Außenministerium betonte, dass Experten vieler westlicher Länder, darunter auch Nato-Staaten, mit Chemiewaffen wie Nowitschok arbeiteten. In den USA gebe es zahlreiche Patente dafür. Im Zusammenhang mit Nawalny gebe es viele „Russland-feindliche“ Äußerungen, hieß es. Konkret kritisierte Moskau eine Erklärung von Bundesaußenminister Heiko Maas und dem französischen Minister Jean-Yves Le Drian vom Freitag. Darin hatten Deutschland und Frankreich Russland gemeinsam zur Aufklärung des Falls aufgefordert.

Auf die Frage, ob er die deutsche Angaben bezweifle, wich Trump zuerst aus. Es sei interessant, dass alle zuerst Russland erwähnten, aber zurzeit solle man mehr über China reden, weil die Dinge, die China mache, viel schlimmer seien, wenn man sich das Geschehen in der Welt ansehe.

Trump ging dann noch einmal auf die Nowitschok-Vergiftung Nawalnys ein: „Ich wäre sehr verärgert, wenn das der Fall ist. Und es sieht so aus, als ob das sehr gut der Fall sein könnte. Davon ausgehend, was Deutschland sagt, scheint das der Fall zu sein.“

Es gab bereits in der Vergangenheit Angriffe auf Nawalny, er wurde auch mehrfach festgenommen. In den Büros seiner Mitarbeiter gab es auch immer wieder Razzien. Auch am Samstag hätten Polizisten versucht, zwei Mitarbeiter von Nawalnys sogenannten Fonds zur Bekämpfung von Korruption festzuhalten, teilte Nawalnys Sprecherin Kira Jarmysch auf Twitter mit. Details waren nicht bekannt. Eine offizielle Bestätigung der Behörden gab es zunächst nicht.

Der Fall Nawalny löste auch eine Debatte über mögliche Sanktionen gegen Russland aus. Besonders das Pipeline-Projekt Nord Stream 2 in der Ostsee steht dabei im Fokus. Es gab die Forderung, das Projekt aufzugeben oder zumindest auszusetzen.

Auch Trump erneuerte seine Kritik an der Gaspipeline. Er verstehe nicht, wieso Deutschland mit Russland Geschäfte mache und zugleich Sanktionen gegen Moskau verhänge und dann noch von den USA erwarte, militärisch gegen das Land geschützt zu werden. Auch in Deutschland gibt es inzwischen Politiker, die das Projekt wegen der Vergiftung Nawalnys kritisch sehen und beenden wollen. Dagegen forderte Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer, die Pipeline müsse weitergebaut werden. „Wir sind aufeinander angewiesen, wir brauchen diese Zusammenarbeit“, sagte der CDU-Politiker am Samstag bei einem Termin bei Schwarzenberg in Sachsen.

Die Berliner Justizverwaltung prüft inzwischen ein Rechtshilfeersuchen der russischen Behörden, wie die Generalstaatsanwaltschaft Berlin am Freitag mitteilte. Über dessen Bewilligung werde nach einer Prüfung und gegebenenfalls in Absprache mit den zuständigen Bundesbehörden entschieden.

Moskau hatte den deutschen Behörden zuvor vorgeworfen, auf mehrere Anfrage aus Russland nicht reagiert zu haben und keine Informationen austauschen zu wollen. Die russische Generalstaatsanwaltschaft hatte ein Rechtshilfegesuch in Deutschland gestellt.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Technologie
Technologie Der Chefredakteur kommentiert: Kleiner Blackout - kein neuer Strom mehr in Oranienburg! Echt jetzt?
19.04.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Forsa-Zahlen: Die Grünen unterliegen den Fliehkräften der Abwärtsspirale
19.04.2024

Und schon wieder eine Etage tiefer. Der Sog verstärkt sich und zieht die Partei Bündnis 90/Grüne immer weiter hinab in der Wählergunst....

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft G7-Außenministertreffen: Israel-Iran Konflikt überschattet Agenda
19.04.2024

Nach israelischem Angriff auf Iran: G7-Außenministertreffen auf Capri ändert Agenda. Diskussionen zu China und Cyber-Sicherheit werden...

DWN
Technologie
Technologie Sehnsuchtsort Mond – Wettlauf um Macht und Rohstoffe
19.04.2024

Forscher, Technologiefirmen und ganze Staaten streben nach neuen galaktischen Ufern. Der Mond lockt mit wertvollen Rohstoffen und dient...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Krieg: So ist die Lage
19.04.2024

Ukraines Präsident, Wolodymyr Selenskyj, dankt Deutschland für die Unterstützung. Die Außenminister beider Länder, Baerbock und...

DWN
Immobilien
Immobilien Wie viel Immobilie kann ich mir 2024 leisten?
19.04.2024

Wie günstig ist die aktuelle Marktsituation für den Erwerb einer Immobilie? Auf welche Haupt-Faktoren sollten Kaufinteressenten momentan...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Trotz Exportbeschränkungen: Deutsche Ausfuhren in den Iran gestiegen
19.04.2024

Deutsche Exporte in den Iran trotzen geopolitischen Spannungen: Anstieg trotz EU- und US-Sanktionen. Welche Kritikpunkte gibt es in diesem...

DWN
Technologie
Technologie Turbulenzen bei Tesla: Stellenabbau und düstere Prognosen für 2024
19.04.2024

Nach einem Stellenabbau bei Tesla prognostizieren Experten ein „Durchhänger-Jahr“ für Elektromobilität 2024, während Tesla auf...