Deutschland

Krise im Handwerk: Vielen Betrieben droht das Geld auszugehen

Die Geschäfte im Handwerk liefen bis zum Beginn der Corona-Krise gut. Erstmals seit vielen Jahren aber rechnet der Branchenverband in diesem Jahr insgesamt mit einem Umsatzrückgang. Ein großes Problem ist das Eigenkapital.
15.09.2020 12:17
Lesezeit: 2 min
Krise im Handwerk: Vielen Betrieben droht das Geld auszugehen
03.09.2020, Bremen: Der Fassbauer Christoph Krogemann sägt in seiner Fassfabrik an einem Holzbrett. (Foto: dpa) Foto: Mohssen Assanimoghaddam

Im Handwerk drohen bei vielen Betrieben finanzielle Engpässe. Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Die seit Pandemiebeginn bei fast der Hälfte der Betriebe deutlich verschlechterte Eigenkapitalsituation ist ein Warnzeichen. Dieses Alarmzeichen sollten alle sehr ernst nehmen und wirklich alles tun, um einen erneuten Lockdown zu vermeiden.»

In einer neuen Umfrage des Zentralverbands des Deutschen Handwerks gaben 42 Prozent der Betriebe an, dass sich ihr Eigenkapital seit Beginn der Pandemie verringert habe. Dies treffe überdurchschnittlich für Betriebe im persönlichen Dienstleistungsbereich wie etwa Friseure zu oder beim gewerblichen Bedarf - wie im Messebau oder im Catering- und Café-Bereich.

Wollseifer: «Für viele Betriebe, die jetzt eine Chance auf ein Überleben haben und langsam wieder in Tritt kommen, würde ein weiterer flächendeckender Lockdown das endgültige Aus bedeuten, auch weil es einen fundamentalen Unterschied zum ersten Lockdown gibt: In den sind die Betriebe noch mit einer gewissen Eigenkapitaldecke gegangen.»

Käme es zu einem erneuten Lockdown, wäre die Eigenkapitaldecke bei einigen Betrieben bestenfalls löchrig, aber in den meisten Fällen stünde sie den Betrieben gar nicht mehr zur Verfügung. «Noch schneller als beim ersten Lockdown wären ganz viele Betriebe zahlungsunfähig und damit pleite.»

Laut Umfrage erwarten überdurchschnittlich häufig Soloselbständige und Kleinstunternehmen, dass sich ihre finanziellen Engpässe vergrößern werden. Die Ursache dafür ist laut ZDH, dass oft kein Eigenkapital aufgebaut wird, auf das in Krisenzeiten zurückgegriffen werden kann. Zugleich seien private Reserven seit Beginn der Corona-Pandemie zwischenzeitlich aufgezehrt. Hinzu komme, dass Unternehmen dieser Größe von einigen Hilfsmaßnahmen wie Schnellkrediten über die Staatsbank KfW rechtlich ausgeschlossen seien.

80 Prozent der Firmen sehen laut Umfrage aktuell keine Gefahr der bilanziellen Überschuldung. Weiter heißt es aber, zu erwarten sei, dass diese Gefahr zeitverlagert ab dem vierten Quartal zunehmen könne.

Der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Reinhard Houben, sagte am Montag: «Viele Handwerker in Deutschland sind Solo-Selbständig und werden von der Bundesregierung seit Beginn der Krise als Erwerbstätige zweiter Klasse behandelt.» Corona-Hilfen müssten auch für den Lebensunterhalt verwendet werden dürfen.

Wollseifer erklärte, die aktuelle Corona-Umfrage zeige erneut eine maximale Spannbreite der Betroffenheit im Handwerk. «Es gibt Betriebe mit einem Totalausfall bei Geschäftstätigkeit und folglich Umsatz, bei denen auch in den nächsten Monaten keine Besserung in Sicht ist, weil etwa Veranstaltungen oder Messen nicht stattfinden.» Daneben gebe es eine bemerkenswerte Anzahl an Betrieben, die kaum bis keine Auswirkungen gespürt haben. Für das Gesamthandwerk rechne der Verband aber damit, dass es im Jahr 2020 erstmals seit 2013 voraussichtlich einen Umsatzrückgang gibt.

«Die Corona-Pandemie hat mehr als deutlich gemacht, dass wir Betriebe und Unternehmen darin unterstützen müssen, Krisenresilienz und Widerstandskraft aufzubauen», so Wollseifer. Es gebe dringenden Bedarf an Unterstützungsmaßnahmen, mit denen Eigenkapital gestärkt werde. «Den großen Unternehmen wie Lufthansa oder Tui wurde über Staatsbeteiligungen geholfen. Da sollte man doch wohl auch für die kleinen und mittleren Unternehmen Beteiligungsformen finden, mit denen sich das Eigenkapital wieder erhöhen lässt.»

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Wie schützt man seine Krypto-Wallet? CLS Mining ermöglicht Nutzern eine stabile tägliche Rendite von 6.300 €.

Der Kryptowährungsmarkt erholte sich heute umfassend, die Stimmung verbesserte sich deutlich. Meme-Coins führten den Markt erneut an....

 

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Klimagipfel unter Druck: Deutschland fordert ambitioniertere Ziele
21.11.2025

Die Gespräche auf der Weltklimakonferenz befinden sich in einer entscheidenden Phase – doch aus Sicht des deutschen Umweltministers...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Mobilitätsstudie zeigt Wandel: Autos stehen öfter still – Fußverkehr gewinnt an Bedeutung
21.11.2025

Eine neue bundesweite Mobilitätsstudie legt offen, wie sich das Verkehrsverhalten der Menschen in Deutschland verändert. Zwar bleibt das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Small Talk im Job: In 5 Schritten souverän werden
21.11.2025

Im Job entscheidet oft nicht nur Fachwissen, sondern auch wirkungsvolle Kommunikation. Besonders Small Talk kann Türen öffnen,...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Kurs im Fall: Marktverwerfungen schüren Angst vor Krypto-Crash – BTC-Kurs zeitweise unter 82.000 Dollar
21.11.2025

Der Bitcoin-Kurs stürzt im Freitagshandel erneut ab und sorgt unter Anlegern für wachsende Verunsicherung. Experten warnen vor einem...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bovenschulte mahnt zum Handeln: Bundesratspräsident fordert mehr soziale Gerechtigkeit
21.11.2025

Mit deutlichen Worten hat der neue Bundesratspräsident Andreas Bovenschulte seinen Amtsantritt genutzt, um auf die wachsende soziale...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis aktuell: Märkte unter Druck – Sorgen um Zinsen und Angst vor Gold-Steuer
21.11.2025

Der Goldpreis steht zwischen starken US-Daten, geopolitischer Unsicherheit und neuen Risiken in Europa unter Druck. Zinssorgen und und eine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europas Rüstungsindustrie im Boom: Milliardeninvestitionen und strategische Unabhängigkeit
21.11.2025

Europa erlebt einen historischen Aufschwung ihrer Verteidigungsindustrie, der maßgeblich von geopolitischen Spannungen und wachsender...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ifo warnt: Immer mehr deutsche Unternehmen sehen ihre Zukunft bedroht
21.11.2025

Die wirtschaftliche Lage vieler Firmen in Deutschland spitzt sich weiter zu. Laut einer aktuellen Befragung des Ifo-Instituts wächst der...