Politik

Reine Planwirtschaft: EU-Bürokraten zwingen Autobauer zur Produktion von mehr E-Autos

Die europäischen Autobauer müssen in den nächsten zehn Jahren strengere Kohlendioxid-Emissionsvorschriften erfüllen. Für die Branche ist das nach Ansicht von Experten relativ einfach über eine Produktionsverlagerung Richtung vollelektrischen Antrieb zu bewerkstelligen. Trotzdem bleiben die Regelungen ein klarer planwirtschaftlicher Eingriff der EU-Bürokratie.
18.09.2020 10:31
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Reine Planwirtschaft: EU-Bürokraten zwingen Autobauer zur Produktion von mehr E-Autos
Ein Trabi: Das Symbol der DDR-Planwirtschaft. (Foto: dpa) Foto: Carsten Rehder

Die EU-Kommission plant die Verschärfung ihrer Einsparvorgaben für den Schadstoffausstoß bei Neuwagen. Im Jahr 2030 sollen diese nun 50 Prozent weniger CO2 ausstoßen, und nicht wie bislang geplant 37,5 Prozent. Für die Autobauer ist dies ein schwieriger, aber machbarer Weg. Das zeigt die Analyse in einem einfachen Modell.

Laut der Berechnungen des Auto-Experten Ferdinand Dudenhöffer (Direktor „Center Automotive Research“) müssten dazu die Kapazitäten für Lithium-Ionen-Zellen um weniger als 100 Gigawatt erhöht werden. Ein Vorhaben, das zwar schwierig, aber durchaus umsetzbar ist. Die Fahrzeugstruktur und die Fahrzeugmodelle selbst sind bei den Autobauern jedenfalls hinreichend vorhanden, um die verschärften 2030er-Ziele umzusetzen.

Ein positiver Nebeneffekt der verschärften Regulierung ist, dass der beschleunigte Transformationsprozess der europäischen Autobauer zu einer zwangsweisen Stärkung der Wettbewerbsposition der Branche in der Elektromobilität führen kann.

1,4 Millionen mehr E-Autos bis 2030 notwendig

Im Vergleich zur bisherigen Anforderung von einem CO2-Ausstoß von 59 Kohlendioxid pro Kilometer beim Durchschnitts-Pkw-Neuwagen wären nach dem EU-Vorschlag ab dem Jahr 2030 nur noch 47,5 Gramm erlaubt. Das würde bedeuten, dass – bei einem EU-Markt von 15 Mio. Neuwagen pro Jahr – durch die Verschärfung der Abgasvorschriften ab 2030 1,4 Mio. zusätzliche vollelektrische Neuwagen verkauft werden müssen.

Bei einer Batteriekapazität von 60 Kilowattstunden (KWh) pro Neuwagen würde das insgesamt einen zusätzlichen jährlichen Lithium-Ionen-Zellbedarf von 83 Gigawattstunden (GWh) bedeuten. Oder anders ausgedrückt: 1,5 Giga-Fabriken von Tesla in Fremont in ihrer Endstufe mit einer Jahreskapazität von 55 GWh. Die nötige Investitionssumme für die zusätzlichen Zellkapazitäten dürfte dann bei circa sieben Milliarden Euro liegen, wenn man die Zahlen von Tesla und Panasonic zugrunde legt.

Gerade in Deutschland könnten aber die dafür notwendigen Strom-Kapazitäten nicht vorhanden sein. In diesem Kontext ist zu erwähnen, dass wir als einziges Land der Welt gleichzeitig aus Atomkraft und Kohlekraft aussteigen werden.

Überhaupt: E-Autos werden jetzt also nicht nur direkt über Kaufprämien, sondern auch indirekt über die oben thematisierten Abgasvorschriften subventioniert. Zusätzlich gibt es diverse Kontingent- und Marktanteils-Ziele an Elektroautos von Bundesregierung und EU in den nächsten Jahren.

Warum muss man ständig in den Automobilmarkt eingreifen?

Wenn E-Autos sehr viel effizienter und umweltfreundlicher – hierbei muss man die gesamte Produktionskette betrachten – wären, dann würden sie sich ganz von allein am Markt durchsetzen, ganz einfach, weil sie viel billiger wären.

Vielleicht wird das auch noch passieren. In den letzten Jahren sind E-Autos erschwinglicher geworden, auch wenn die Reichweite nach wie vor ein Problem ist.

Und: Revolutionen in der Batterie-Technologie (siehe hierzu auch unser Artikel zu „Nano-Diamond-Battery“) oder eine sehr viel effizientere und kostengünstigere Herstellung von bestehenden Batterien – zum Beispiel durch reduzierten Einsatz von Nickel oder Lithium, die unter hohen Kohlendioxid-Emissionen und teils unter menschenunwürdigen Bedingungen abgebaut werden – sind alles andere als unmöglich. Auch im Recycling kann es bis dahin große Fortschritte gegeben haben. Dudenhöffer rechnet damit, dass ab 2025 das Rohstoffproblem bei den kritischen Materialien Lithium, Kobalt und Nickel durch ein signifikantes Volumen an wiederverwerteten Rohstoffen „entschärft“ wird.

Fazit: Der Markt löst die meisten Probleme ganz von selbst. Aber die Bürokraten meinen eben immer, dass nur sie ganz genau wissen, was denn nun effizient ist, was umweltfreundlich genug ist und vor allem was, von wem und wie produziert werden darf. Die Automobil-Branche wird im Hintergrund der ständigen Markt-Eingriffe zunehmend zu einer reinen Planwirtschaft.

Planwirtschaftliche Produktion ignoriert die Preissignale (teilweise schon vorhanden durch die Förderung der ressourcenintensiveren und teureren Elektromobilität) und verhindert in letzter Konsequenz, dass sich diese überhaupt am Markt bilden können (soweit ist es zum Glück noch nicht, auch wenn es jetzt schon Verzerrungen gibt). Was uns zurück zum Thema Umweltschutz führt: In planwirtschaftlichen Systemen war und ist die Umweltverschmutzung weitaus größer als in marktwirtschaftlichen …

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