Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius hat in der Debatte über eine Lockerung des Abschiebestopps nach Syrien an völkerrechtliche Grundsätze erinnert. Dagegen würden Abschiebungen nach Syrien verstoßen, warnte der SPD-Politiker in Hannover. «Es gibt aktuell de facto keine Möglichkeit, abschiebepflichtige Gefährder und schwere Straftäter nach Syrien zu bringen, dort herrscht immer noch Bürgerkrieg, es gibt auch keine zuständigen und ansprechbaren Behörden.» Die «reflexhaften Rufe» einzelner Politiker danach, wieder nach Syrien abschieben zu dürfen, hielten der Realität und den Fakten nicht stand.
Pistorius rief dazu auf, nach dem tödlichen Messerangriff von Dresden alle Hintergründe dieser Tat zu untersuchen, der mutmaßliche Täter müsse sich vor Gericht verantworten. «Den Angehörigen des Opfers des offenbar islamistischen Anschlags spreche ich mein Beileid aus, dem Überlebenden wünsche ich eine schnelle Genesung», sagte der Minister. Die Innenministerkonferenz werde turnusmäßig in Weimar Anfang Dezember über die Verlängerung des Abschiebestopps sprechen. Grundlage dafür könne nur die Einschätzung des Auswärtigen Amtes zur aktuellen Lage in Syrien sein.
Anfang Oktober waren in Dresden zwei Touristen Opfer einer Messerattacke geworden. Ein 55-Jähriger aus Krefeld starb, ein weiterer Mann (53) aus Köln überlebte schwer verletzt. Die Ermittler vermuten einen radikal-islamistischen Hintergrund. Ein 20 Jahre alter Tatverdächtiger aus Syrien, der laut Polizei mehrfach vorbestraft war, wurde festgenommen.
SPD und Grüne bremsen
Mehrere Politiker, darunter Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), hatten gefordert, eine Lockerung des generellen Abschiebestopps nach Syrien in Betracht zu ziehen. Als Konsequenz auf die tödliche Messerattacke hatte auch Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) gefordert, Gefährder und schwere Straftäter auch nach Syrien abzuschieben. Einen generellen Abschiebestopp für Betroffene dürfe es nicht mehr geben, sagte Wöller am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur in Dresden. «Der Umgang mit Gefährdern, die nicht abgeschoben werden können, ist ein deutschlandweites Problem. Im Fall von Syrien gilt wegen des Bürgerkrieges ein genereller Abschiebestopp.»
Sachsen habe sich auf der Innenministerkonferenz seit 2018 vergeblich dafür eingesetzt, Gefährder und Straftäter gleichwohl davon auszunehmen: «Die Sicherheit der Bevölkerung geht eindeutig vor.»
«Diese grausame Tat zeigt, dass der islamistische Extremismus nach wie vor eine tödliche Gefahr ist. In diesem Fall handelt es sich um einen syrischen Tatverdächtigen, der in einem bundeseinheitlichen Schema als Gefährder eingestuft wurde», sagte Wöller. Nach Verbüßen der Haftstrafe und seiner Freilassung sei ein Maßnahmenplan mit Meldeauflagen verfügt worden, an den sich der Tatverdächtige gehalten habe: «Es ist besonders bitter, dass es trotz dieser Maßnahmen nicht möglich war, diese Tat zu verhindern.»
Immer wieder werden Forderungen vor allem aus unionsgeführten Ländern laut, zumindest Menschen nach Syrien abzuschieben, die in Deutschland schwere Straftaten begangen haben.