Seit Juli bewegen sich die Ölpreise relativ seitwärts um die 40-Dollar-Marke, momentan steht der Referenzpreis WTI bei etwa 39 Dollar. Nach Einschätzungen von Marktbeobachtern wird sich das Preisfenster mindestens bis Jahresende nicht mehr groß ändern.
Die erhöhten Corona-Fallzahlen überall auf der Welt – insbesondere in den Amerika und Europa – drücken (vor allem perspektivisch) auf die Nachfrage. Am Wochenende wurden in vielen Ländern neue Höchstwerte bei Positivtests vermeldet (darunter Deutschland, Frankreich, USA) und die Lockdown-Maßnahmen werden jetzt zunehmend verschärft.
Somit sank die wirtschaftliche Aktivität in der Eurozone – gemessen am PMI Composite Output Index – im bisherigen Oktober von 50,4 auf 49,4, was den tiefsten Wert seit 4 Monaten darstellt. Ein Wert unter 50 signalisiert einen Aktivitäts-Rückgang. Dafür verantwortlich war primär ein Rückgang im Dienstleistungs-Bereich, der etwa 60 Prozent des Index ausmacht. In Deutschland sank der Ifo-Geschäftsklimaindex leicht von 93,4 auf 93,0.
Während die Ölförderung in den USA aufgrund eines Wirbelsturms zurückging, steigt das Angebot insgesamt dank Kapazitäts-Erhöhungen der lybischen Ölförderer. Deren Produktion hat nach rund 150.000 im September mittlerweile über 500.000 Barrel (1 Barrel entspricht 159 Liter) pro Tag erreicht und soll Jahresende weiter steigen. Vorausgesetzt der unsichere Waffenstillstand zwischen den Kriegsparteien bleibt bestehen.
Bloomberg schreibt dazu: „Nach Jahren voller Rückschläge und Fehlstarts ist Lybien zurück im Ölgeschäft. Die Blockierung zahlreicher Förderanlagen endete im letzten Monat und der staatliche Energie-Konzern National Oil Corp. fährt seine Produktion deutlich schneller wieder hoch als von Analysten erwartet wurde.“
Die Ölkonzerne machen Verluste: Wird die Förderung 2021 trotzdem steigen?
Analysten von „Bloomberg Intelligence“ prognostizieren zum Jahreswechsel eine Förderung von einer Million Barrel pro Tag aus Lybien. 2021 könnte dann die Produktion der OPEC-Länder wieder steigen, was in Kombination mit harten Lockdowns zur kältesten Jahreszeit die Preise sogar noch tiefer ziehen könnte.
Positiv könnte sich dagegen eine verschärfende Pleitewelle bei den US-Fracking-Konzernen und den nachgelagerten Dienstleistern auswirken, die unter den gegenwärtigen Preisen nicht mal ansatzweise profitabel operieren können. Im bisherigen Jahresverlauf wurden im gesamten Öl- und Gas-Sektor des Landes 84 Insolvenzen angemeldet. Die Anzahl der Bohrlöcher ist denn auch auf dem niedrigsten Stand seit 90 Jahren!
Unter dem aktuellen Preisniveau kann ohnehin kaum ein Ölkonzern Gewinn erwirtschaften. Auch die Förderung in Saudi-Arabien, Katar und Russland ist bei Preisen von 40 Dollar pro Barrel defizitär. In Russland soll die Break-Even-Schwelle bei ungefähr 50 Dollar liegen, in Saudi-Arabien bei rund 60 Dollar.
X-Fakor Venezuela
Eine steigende Ölproduktion Venezuelas ist ein weiterer Faktor, der die Ölpreise nach unten treiben könnte. Diese sinkt bereits seit 2016 in dramatischer Weise. Im Frühjahr waren fast alle Bohrlöcher außer Betrieb. Der staatliche Ölkonzern PDSVA plant jetzt für nächstes Jahr eine Erhöhung seines Outputs von derzeit rund 400.000 Barrel pro Tag auf 1,8 Millionen, erklärte aber nicht, wie diese drastische Steigerung zustande kommen soll.
Venezuela befindet sich derweil am Rande des ökonomischen Zusammenbruchs, wozu der Kollaps der heimischen Ölindustrie – die rund ein Viertel der gesamten Wirtschaftsleistung ausmacht – entscheidend beigetragen hat: Die Inflation ist schon lange außer Kontrolle geraten und soll im Dezember circa 175.000 Prozent betragen, die wirtschaftliche Substanz wird von Jahr zu Jahr geringer. Das vom Sozialismus geplagte Land verfügt aber über die größten Ölreserven weltweit. PDSVA erwartet fürs Jahr 2021 einen durchschnittlichen Preis von 35 Dollar für ein Barrel seiner Erzeugnisse. 2019 konnte man im Schnitt rund 57 Dollar, 2020 bisher nur rund 27 Dollar erzielen.
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