Deutschland

Fachgesellschaft: Diabetes ist Epidemie mit täglich 1.500 neuen Fällen

Diabetes kann ein Risiko-Faktor für einen schwereren Covid-19-Verlauf sein. Zum Beispiel, wenn Menschen nichts von ihrer Zuckerkrankheit wissen. Dies gilt für zahlreiche Bürger in Deutschland.
06.11.2020 09:42
Aktualisiert: 06.11.2020 09:42
Lesezeit: 2 min
Fachgesellschaft: Diabetes ist Epidemie mit täglich 1.500 neuen Fällen
Ein Mann lässt sich von einer Diabetesberaterin eine Blutprobe für einen Blutzuckertest nehmen. (Foto: dpa) Foto: Jens B

Die Zahl der Diabetespatienten in Deutschland liegt der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) zufolge bei etwa sieben Millionen und nimmt stetig zu. „Wir haben täglich etwa 1.500 neue Fälle in Deutschland, vor allem Typ-2-Diabetes-Fälle“, sagte Sprecher Baptist Gallwitz der Deutschen Presse-Agentur. Bis 2040 sei mit zwölf Millionen Erkrankten zu rechnen. Deswegen kämpfe unter anderem die DDG für geeignete Präventionsmaßnahmen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bezeichne Diabetes schon seit Jahren als Epidemie. Wie bei Covid-19 gebe es zwar Behandlungsmöglichkeiten - aber anders als bei der Viruserkrankung keine Heilungschancen.

Diabetiker seien nicht zwangsläufig Corona-Risikopatienten, hieß es von der DDG zum Weltdiabetestag am 14. November. „Man kann nicht alle Diabetes-Patienten über einen Kamm scheren. Vor allem bei jungen Menschen mit Typ-1-Diabetes, die mit ihrer Insulintherapie eine normnahe Einstellung erreichen und die noch keine Folgeerkrankungen haben, ist kein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf einer Corona-Infektion gegeben“, sagte Gallwitz.

Für ältere Patienten mit Diabetes Typ 2 und anderen gesundheitlichen Einschränkungen wie Herz-Kreislauf- und Gefäßerkrankungen, Bluthochdruck oder auch starkem Übergewicht sei Covid-19 mit Risiken verbunden. „Bei einer Covid-Infektion kommt es zu einer Entzündungsreaktion im ganzen Körper. Dadurch können noch zusätzliche Gefäßschäden entstehen. Auch das Risiko für Gefäßverschlüsse und Gerinnselbildung wird erhöht“, sagte Gallwitz, der als stellvertretender Ärztlicher Direktor am Uniklinikum Tübingen arbeitet.

Von den rund sieben Millionen Menschen mit Diabetes bundesweit wissen nach Angaben der Deutschen Diabetes-Hilfe mindestens zwei Millionen noch nicht von ihrer Erkrankung. Das kann bei einer Corona-Infektion zur Gefahr werden - ebenso wie ein nicht gut eingestellter Diabetes. „Wenn der Stoffwechsel nicht gut unter Kontrolle ist und die Blutzuckerwerte deutlich über der Norm liegen, ist das Immunsystem geschwächt“, erklärte der Diabetologe Gallwitz. Dies berge ein erhöhtes Risiko für zusätzliche bakterielle Infektionen wie beispielsweise einen Harnwegsinfekt oder eine Lungenentzündung.

Die DDG hat inzwischen Handlungsempfehlungen für die Behandlung von Covid-19-Patienten herausgegeben. Eine wichtige Botschaft: Ältere Patienten mit Covid-19 sollten auch auf Diabetes getestet werden. Außerdem sollten die Blutzuckerwerte engmaschig betrachtet werden, da diese sich zum Beispiel bei einer Kortison-Behandlung ändern könnten. Die Diabetes-Therapie müsse bei einer Covid-19-Behandlung oft angepasst werden, so Gallwitz. „Häufig muss man die Medikamente, die man sonst in Tablettenform nimmt, auf eine andere Therapieform umstellen.“

Am Anfang der Corona-Pandemie habe es sehr viel Verunsicherung unter Diabetikern gegeben. „Viele Patienten haben ihre normalen Kontrolltermine bei Hausärzten, Diabetologen oder in den Diabetesambulanzen nicht wahrgenommen, aus Sorge, sich anzustecken“, sagte Gallwitz. Zum Teil seien Einrichtungen auch mit anderen Patienten überlastet gewesen. „Das hat dazu geführt, dass Patienten mit Diabetes ambulant nicht so gut versorgt waren wie sonst, das hat sich mittlerweile wieder gebessert. Ich hoffe, dass die ambulante Versorgung jetzt trotz steigender Fallzahlen aufrecht erhalten werden kann. Hier können auch telemedizinische Angebote zusätzlich helfen.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU-Bankenregulierung: Neue Regelungen setzen Europas Institute unter Druck
26.11.2025

Die europäische Bankenaufsicht ringt derzeit mit der Frage, wie sich Regulierung und Wettbewerbsfähigkeit neu austarieren lassen, ohne...

DWN
Politik
Politik Umfrage: Deutsche gegen militärische Führungsrolle in Europa
25.11.2025

Rente, Bürgergeld, Wehrdienst – bei solchen Themen ist die Stimmung der Bürger gut erforscht. Für die Außenpolitik gilt das hingegen...

DWN
Politik
Politik Lawrow zu Europa: "Ihr hattet eure Chancen, Leute"
25.11.2025

Haben sich die Ukraine und die USA geeinigt? Europa jedenfalls habe seine Chance verspielt, den Ukrainekonflikt politisch zu entschärfen,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Biotech-Unternehmen wandern aus: Europa verliert 13 Mrd. Euro an die USA
25.11.2025

Europas Biotech-Branche steht an einem Wendepunkt, weil zentrale Finanzierungsquellen immer seltener im eigenen Markt zu finden sind....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeitsmarkt 2030: Diese Fachkräfte werden in fünf Jahren gebraucht
25.11.2025

Automatisierung, KI und Klimawandel verändern den globalen Arbeitsmarkt rasant. Bis 2030 entstehen Millionen neuer Jobs, doch viele...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft KI-Blase: Experten warnen vor wachsenden Risiken am Markt
25.11.2025

Die Finanzmärkte stehen unter spürbarer Spannung, während Anleger die Dynamik rund um künstliche Intelligenz bewerten. Doch weist die...

DWN
Finanzen
Finanzen Doppelbesteuerung Rente: Ob Sie betroffen sind und was Sie tun können!
25.11.2025

In Deutschland müssen auch Rentner ihre Rente versteuern, weil Renten als Einkünfte gewertet werden, obwohl Arbeitnehmer bereits im...

DWN
Politik
Politik Georgiens Krise: Welche Machtverschiebung Europa jetzt alarmieren sollte
25.11.2025

Ein Land am Schwarzen Meer verliert seine demokratischen Sicherungen, während die Regierung Kritiker verfolgt und neue Allianzen mit...