Politik

Warum Biden viel mehr Geld für seinen Wahlkampf hatte als Trump - und was BlackRock und die Fed damit zu tun haben

Lesezeit: 5 min
15.11.2020 10:43  Aktualisiert: 15.11.2020 10:43
Herausforderer Joe Biden standen für seinen Wahlkampf viele Millionen Dollar mehr zur Verfügung als Präsident Donald Trump. Die Gründe zeigt DWN-Kolumnist Ernst Wolff in einer detaillierten Analyse auf.
Warum Biden viel mehr Geld für seinen Wahlkampf hatte als Trump - und was BlackRock und die Fed damit zu tun haben
Freuen sich: Joe Biden und Hillary Clinton. (Foto: dpa)

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US-Wahlkämpfe sind Materialschlachten, die extrem viel Geld verschlingen. 2020 haben sich das Big Business und seine Lobbyisten besonders ins Zeug gelegt: Der zurückliegende Wahlkampf war nach Schätzungen des „Center for Responsive Politics”, das die verschlungenen Wege des Geldes in der Politik nachverfolgt, der teuerste in der Geschichte der USA.

Mit insgesamt 14 Milliarden Dollar haben die Wahlen des Präsidenten, des 435-köpfigen Repräsentantenhauses und des Senats (hier wurde über 35 der insgesamt 100 Sitze abgestimmt) mehr Geld verschlungen als die Wahlkämpfe von 2012 und 2016 zusammen, wobei allein auf das Duell Trump gegen Biden 6,6 Milliarden Dollar entfielen. Zum Vergleich: Das Rennen Trump gegen Hillary Clinton hatte 2016 noch 2,4 Milliarden Dollar gekostet (also nur etwas mehr als ein Drittel).

Die Geldgeber im Hintergrund

Für den Wahlausgang wichtig sind vor allem die Political Action Committees (Pacs). Dabei handelt es sich um Lobbygruppen, die sich darauf konzentrieren, Abgeordnete oder Wahlbeamte der Regierung durch TV- oder Internetwerbung zu unterstützen oder zu bekämpfen. Während Einzelpersonen oder Organisationen ihrem Präsidentschaftskandidaten nur begrenzte Summen spenden dürfen, können Pacs unbeschränkt Geld von Unternehmen, Organisationen oder superreichen Geldgebern entgegennehmen und müssen ihre Einnahmen nicht offenlegen – was sie in siebzig Prozent der Fälle auch nicht tun.

Eine weitere Schlüsselrolle spielen die „bundlers“ („Bündler“). Bei ihnen handelt es sich um meist extrem wohlhabende Unterstützer, die im Freundes- und Bekanntenkreis sowie unter Geschäftspartnern erhebliche Summen einsammeln und dafür nach der Wahl eine Gegenleistung erwarten. Der von ihnen aufgebrachte Anteil an Wahlgeldern belief sich im Jahr 2000 noch auf unter sechzig Millionen Dollar, lag 2012 bei etwa 185 Millionen Dollar und wird in diesem Jahr ein Mehrfaches davon betragen.

Hatte George W. Bush in seinen zwei Amtszeiten etwa zweihundert Bündlern Posten in seiner Administration verschafft, so waren es bei seinem Nachfolger Obama allein in der ersten Amtszeit 184, wobei achtzig Prozent derjenigen, die mehr als eine halbe Million Dollar an Spenden gesammelt hatten, auf Schlüsselpositionen wie zum Beispiel Botschafterposten in Frankreich, Großbritannien und bei der Europäischen Union gehoben wurden.

Wie schon während der Wahlkampagne von Barack Obama befinden sich auch unter Joe Bidens mittlerweile bekannt gewordenen Bündlern auffällig viele Partner von Wall-Street-Firmen. Bemerkenswert ist, dass sie sich sowohl im Vorwahlkampf als auch in den ersten acht Monaten dieses Jahres stark zurückhielten und dann ganz plötzlich gewaltig aufdrehten. Wer wissen möchte, was dahinter steckt, sollte der Spur des Geldes folgen – was wir im Folgenden tun werden.

Der große Umschwung im September: Wall Street entscheidet sich gegen Trump

Die entscheidende Wende im diesjährigen US-Wahlkampf erfolgte in den ersten Septembertagen. Lag Amtsinhaber Donald Trump bis dahin bei den Ausgaben vorn, so legte sein Herausforderer Biden ab dem 5. September enorm zu.

Allein bis Ende September kostete Bidens TV-und Internetwerbung mit 94 Millionen Dollar mehr als doppelt so viel wie die von Präsident Trump, der es nur auf 41 Millionen Dollar brachte. Im Zeitraum vom 28. September bis zum 11. Oktober wurden für Bidens 80.000 TV-Spots 56 Millionen Dollar ausgegeben, während für Trumps 32.000 Spots weniger als die Hälfte, nämlich nur 32 Millionen Dollar eingesetzt wurden.

Biden schaffte es damit, sowohl im September als auch im Oktober historische Allzeitrekorde für Monatsspenden aufzustellen – ebenso wie seine Parteikollegen, die demokratischen Senatskandidaten in den bis zum Schluss heftig umkämpften Swing States (Staaten mit wechselnder Wählerschaft) South Carolina, Maine und Arizona.

Das zeigt, dass das große Geld, das ja lange Zeit auf Trump gesetzt hatte, sich ganz offensichtlich in den letzten zwei Monaten des Wahlkampfes gegen ihn entschieden hat. Warum? Da weder Trump noch Biden in dieser Zeit eine Änderung ihrer politischen Ausrichtung vorgenommen haben, kann der Grund nicht an ihnen oder ihrer Kampagnen gelegen haben. Es muss also ein Ereignis außerhalb des Wahlkampfes gegeben haben, welches eine Mehrheit von Geldgebern der Wall Street überzeugt hat, dass Joe Biden der für ihre Zwecke nützlichere Kandidat ist.

BlackRock wendet sich China zu

In der Tat gibt es ein solches Ereignis. Ende August erhielt BlackRock-CEO Larry Fink von den Aufsichtsbehörden in China die Erlaubnis, dort ein Investmentfondsgeschäft zu gründen. Die Nachricht, die von den Medien weitgehend ignoriert wurde, hat es in sich. BlackRock hat sich damit Zutritt zu einem Markt verschafft, der bis 2023 einen Umfang von circa dreißig Billionen Dollar erreichen soll. Außerdem geht BlackRock bei seinem Vorhaben ein Joint Venture mit der „China Construction Bank” (CCB) ein. Die staatseigene Bank ist laut Forbes nach Vermögenswerten die zweitgrößte der Welt.

BlackRock verwaltet nicht nur ein Vermögen von 7,3 Billionen Dollar und ist damit eines der mächtigsten Finanzunternehmen der Erde (vielleicht sogar das mächtigste), es hat mit CEO Larry Fink auch einen politisch ambitionierten Mann an seiner Spitze. Fink, der bereits in Hillary Clintons Team als Finanzminister gehandelt wurde, gilt auch unter Joe Biden als aussichtsreicher, wenn auch zurzeit selten genannter (warum wohl?) Kandidat für das Amt an der Spitze der US-Treasury.

Besonders bemerkenswertes Detail am Rande: BlackRock verwaltet bereits seit zehn Jahren die Vermögen ultrareicher chinesischer Bürger – und zwar in Zusammenarbeit mit der „Bank of China“, die wiederum ein Investitionspartner von Hunter Biden war, dem skandalumwobenen Sohn Joe Bidens. Der wiederum hat mittlerweile alle Aktivitäten auf dem chinesischen Markt beendet, nachdem Trumps Anwalt Rudi Giuliani kompromittierende Details zu seinen geschäftlichen Aktivitäten und auch zu möglichen Beteiligungen seines Vaters veröffentlichte.

Ein weiteres pikantes Detail der geschäftlichen Machenschaften um BlackRock betrifft den Chef der amerikanischen Zentralbank „Federal Reserve“ (FED): Jerome Powell ist kraft seines Amtes verpflichtet, seine privaten Finanzen offenzulegen, was er in diesem Sommer für das Kalenderjahr 2019 getan hat. In diesem (im Internet einzusehenden) Formular gibt er an, dass BlackRock, das die FED offiziell berät, insgesamt 25 Millionen Dollar seines Privatvermögens für ihn verwaltet – ein gigantischer Interessenskonflikt, der bis heute von keinem einzigen Presseorgan thematisiert worden ist.

Erst mit China kooperieren – und es dann unterwandern

Hatte Donald Trump seine Amtszeit noch mit einem aufwendig inszenierten Besuch des chinesischen Präsidenten und viel lobenden Worten über dessen Führungsqualitäten begonnen, so änderte sich das Verhältnis wegen der immer neuen Erhebung von Zöllen auf chinesische Waren in den Folgejahren immer stärker. Mittlerweile herrscht zwischen dem Weißen Haus und der Spitze der Kommunistischen Partei in Beijing eine Art Eiszeit.

Das aber ist sowohl für die Finanz- als auch für die Digital-Industrie der USA, die zusammen weitaus mehr Macht in Händen halten als die Politik, keine günstige Entwicklung. Die Folgen der Vierten Industriellen Revolution, die Auswirkungen des Lockdown und die extrem fragile Situation des globalen Finanzsystems haben nämlich einen Wettlauf gegen die Zeit ausgelöst, bei dem die Einführung einer digitalen Zentralbankwährung eine Schlüsselrolle spielt, und in diesem Wettlauf führt momentan China.

Als mittlerweile größter Handelspartner von mehr als 130 Ländern und als treibende Kraft hinter dem größten Wirtschaftsprojekt aller Zeiten, der Neuen Seidenstraße, könnte China den US-Dollar mit Hilfe dieser neuen Währung schon bald untergraben und damit das Ende der globalen finanziellen Vorherrschaft der USA einläuten. Vor dieser bedrohlichen Kulisse hat sich der digital-finanzielle Komplex der USA in den letzten zwei Monaten der US-Präsidentschaftswahl ganz offensichtlich für eine politische Umorientierung gegenüber seinem derzeit größten Konkurrenten entschieden: Statt Konfrontation mit dem Reich der Mitte zieht man offensichtlich Kooperation mit dem Ziel schleichender Unterwanderung vor.

Folgt man also der Spur des Geldes, so trifft man auf eine ganze Reihe von Hinweisen darauf, dass es Donald Trumps Chinapolitik war, die ihn in den vergangenen Monaten die Unterstützung der ganz großen amerikanischen Geldgeber gekostet hat.

                                                                            ***

Ernst Wolff, 69, befasst sich mit der Wechselbeziehung zwischen internationaler Politik und globaler Finanzwirtschaft.


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